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Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

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sen Aufschub. Er wolte durch übereilte Gefäl-
ligkeit R's Verdacht nicht erwecken; er wolt'
ihm auch Zeit gönnen, sich wieder an sein beß-
res Gemach zu gewöhnen.

Mit Anbruch des vierten Abends kam Falk,
in jeder Tasche seines Ueberrocks eine Flasche
des treflichsten Rheinweins; auch ein paar
Speisen, nicht lekker, doch wohlschmeckend zu-
gerichtet, wurden ihm nachgebracht. Ein Trink-
geld, demKerkermeister in dieHand gedrückt, --
oder vielmehr der heimliche Befehl, den er des-
falls schon von der Obrigkeit hatte!--entfernten
auch diesen lästigen Zeugen; und Falk lud den
Gefangnen ein, mit ihm zu essen und zu trinken.
Man muß die Leiden des Kerkers entweder
aus Erfahrung kennen, oder wenigstens ihrer
Schwere gemäß zu schäzzen wissen, um sich
gnügsam vorzustellen, welches Labsal der un-
glückliche R. in dieser Behandlung fand, mit
welchem unsäglichenWohlgeschmack zumahl ein
Trank, den er so lange entbehren müssen, seine
Kehle hinunter glitt.Nichtberauscht, aber gleich-

ſen Aufſchub. Er wolte durch uͤbereilte Gefaͤl-
ligkeit R's Verdacht nicht erwecken; er wolt'
ihm auch Zeit goͤnnen, ſich wieder an ſein beß-
res Gemach zu gewoͤhnen.

Mit Anbruch des vierten Abends kam Falk,
in jeder Taſche ſeines Ueberrocks eine Flaſche
des treflichſten Rheinweins; auch ein paar
Speiſen, nicht lekker, doch wohlſchmeckend zu-
gerichtet, wurden ihm nachgebracht. Ein Trink-
geld, demKerkermeiſter in dieHand gedruͤckt, —
oder vielmehr der heimliche Befehl, den er des-
falls ſchon von der Obrigkeit hatte!—entfernten
auch dieſen laͤſtigen Zeugen; und Falk lud den
Gefangnen ein, mit ihm zu eſſen und zu trinken.
Man muß die Leiden des Kerkers entweder
aus Erfahrung kennen, oder wenigſtens ihrer
Schwere gemaͤß zu ſchaͤzzen wiſſen, um ſich
gnuͤgſam vorzuſtellen, welches Labſal der un-
gluͤckliche R. in dieſer Behandlung fand, mit
welchem unſaͤglichenWohlgeſchmack zumahl ein
Trank, den er ſo lange entbehren muͤſſen, ſeine
Kehle hinunter glitt.Nichtberauſcht, aber gleich-

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[308/0316] ſen Aufſchub. Er wolte durch uͤbereilte Gefaͤl- ligkeit R's Verdacht nicht erwecken; er wolt' ihm auch Zeit goͤnnen, ſich wieder an ſein beß- res Gemach zu gewoͤhnen. Mit Anbruch des vierten Abends kam Falk, in jeder Taſche ſeines Ueberrocks eine Flaſche des treflichſten Rheinweins; auch ein paar Speiſen, nicht lekker, doch wohlſchmeckend zu- gerichtet, wurden ihm nachgebracht. Ein Trink- geld, demKerkermeiſter in dieHand gedruͤckt, — oder vielmehr der heimliche Befehl, den er des- falls ſchon von der Obrigkeit hatte!—entfernten auch dieſen laͤſtigen Zeugen; und Falk lud den Gefangnen ein, mit ihm zu eſſen und zu trinken. Man muß die Leiden des Kerkers entweder aus Erfahrung kennen, oder wenigſtens ihrer Schwere gemaͤß zu ſchaͤzzen wiſſen, um ſich gnuͤgſam vorzuſtellen, welches Labſal der un- gluͤckliche R. in dieſer Behandlung fand, mit welchem unſaͤglichenWohlgeſchmack zumahl ein Trank, den er ſo lange entbehren muͤſſen, ſeine Kehle hinunter glitt.Nichtberauſcht, aber gleich-

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Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/316>, abgerufen am 23.11.2024.