riger Zuchthausstrafe verurtheilt werden dür- fe, war allgemeiner Glaube. -- Dies tröste- te freilich jene Beraubten sehr schlecht. Schon wußten sie Siebalden für seine Entdeckung we- nig Dank. Ein unerwarteter Umstand än- derte wieder alles. Noch einmal ward ein Mann, den R. in seinem ganzen Leben mit keinem Worte beleidigt, mit keinem Blicke ge- kränkt, durch jene That um keinen Heller ver- kürzt, und bisher kaum dem Namen nach ge- kannt hatte, für den Unglücklichen gefährlicher, als alle Verwandte der Witwe, und alle mög- liche Gerichte.
Jn N**g lebte damals ein Rechtsgelehrter D. Falk mit Namen; einMensch von derjenigen Klasse, deren Element -- Unruh ist. Je ver- wickelter eine Sache war, um desto lieber über- nahm er sie; von jedemGeschäfte, welches er ein- mal übernommen, ging er nicht leicht, bevor er es durchgesezt hatte, wieder ab; auch war sein Weg dabei selten der gewöhnliche. Jn Gesell- schaften war er munter, doch stritt er gern; war
riger Zuchthausſtrafe verurtheilt werden duͤr- fe, war allgemeiner Glaube. — Dies troͤſte- te freilich jene Beraubten ſehr ſchlecht. Schon wußten ſie Siebalden fuͤr ſeine Entdeckung we- nig Dank. Ein unerwarteter Umſtand aͤn- derte wieder alles. Noch einmal ward ein Mann, den R. in ſeinem ganzen Leben mit keinem Worte beleidigt, mit keinem Blicke ge- kraͤnkt, durch jene That um keinen Heller ver- kuͤrzt, und bisher kaum dem Namen nach ge- kannt hatte, fuͤr den Ungluͤcklichen gefaͤhrlicher, als alle Verwandte der Witwe, und alle moͤg- liche Gerichte.
Jn N**g lebte damals ein Rechtsgelehrter D. Falk mit Namen; einMenſch von derjenigen Klaſſe, deren Element — Unruh iſt. Je ver- wickelter eine Sache war, um deſto lieber uͤber- nahm er ſie; von jedemGeſchaͤfte, welches er ein- mal uͤbernommen, ging er nicht leicht, bevor er es durchgeſezt hatte, wieder ab; auch war ſein Weg dabei ſelten der gewoͤhnliche. Jn Geſell- ſchaften war er munter, doch ſtritt er gern; war
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0311"n="303"/>
riger Zuchthausſtrafe verurtheilt werden duͤr-<lb/>
fe, war allgemeiner Glaube. — Dies troͤſte-<lb/>
te freilich jene Beraubten ſehr ſchlecht. Schon<lb/>
wußten ſie Siebalden fuͤr ſeine Entdeckung we-<lb/>
nig Dank. Ein unerwarteter Umſtand aͤn-<lb/>
derte wieder alles. Noch einmal ward ein<lb/>
Mann, den R. in ſeinem ganzen Leben mit<lb/>
keinem Worte beleidigt, mit keinem Blicke ge-<lb/>
kraͤnkt, durch jene That um keinen Heller ver-<lb/>
kuͤrzt, und bisher kaum dem Namen nach ge-<lb/>
kannt hatte, fuͤr den Ungluͤcklichen gefaͤhrlicher,<lb/>
als alle Verwandte der Witwe, und alle moͤg-<lb/>
liche Gerichte.</p><lb/><p>Jn N**g lebte damals ein Rechtsgelehrter<lb/>
D. Falk mit Namen; einMenſch von derjenigen<lb/>
Klaſſe, deren Element —<hirendition="#g">Unruh</hi> iſt. Je ver-<lb/>
wickelter eine Sache war, um deſto lieber uͤber-<lb/>
nahm er ſie; von jedemGeſchaͤfte, welches er ein-<lb/>
mal uͤbernommen, ging er nicht leicht, bevor er<lb/>
es durchgeſezt hatte, wieder ab; auch war ſein<lb/>
Weg dabei ſelten der gewoͤhnliche. Jn Geſell-<lb/>ſchaften war er munter, doch ſtritt er gern; war<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[303/0311]
riger Zuchthausſtrafe verurtheilt werden duͤr-
fe, war allgemeiner Glaube. — Dies troͤſte-
te freilich jene Beraubten ſehr ſchlecht. Schon
wußten ſie Siebalden fuͤr ſeine Entdeckung we-
nig Dank. Ein unerwarteter Umſtand aͤn-
derte wieder alles. Noch einmal ward ein
Mann, den R. in ſeinem ganzen Leben mit
keinem Worte beleidigt, mit keinem Blicke ge-
kraͤnkt, durch jene That um keinen Heller ver-
kuͤrzt, und bisher kaum dem Namen nach ge-
kannt hatte, fuͤr den Ungluͤcklichen gefaͤhrlicher,
als alle Verwandte der Witwe, und alle moͤg-
liche Gerichte.
Jn N**g lebte damals ein Rechtsgelehrter
D. Falk mit Namen; einMenſch von derjenigen
Klaſſe, deren Element — Unruh iſt. Je ver-
wickelter eine Sache war, um deſto lieber uͤber-
nahm er ſie; von jedemGeſchaͤfte, welches er ein-
mal uͤbernommen, ging er nicht leicht, bevor er
es durchgeſezt hatte, wieder ab; auch war ſein
Weg dabei ſelten der gewoͤhnliche. Jn Geſell-
ſchaften war er munter, doch ſtritt er gern; war
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/311>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.