Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

mitgenommen, spante das Sattelpferd aus,
und ritt an einem bestimten Ort zurück, wo be-
reits sein Gefährte in einem Gebüsche mit einer
Halbchaise seiner wartete; ließ dann das Post-
pferd auf gutes Glück in die weite Welt gehen,
und steuerte ganz keck und unbekümmert wie-
der nach Wien zu; wo kurz vorm Thore sein
Spiesgeselle sich von ihm trente; er aber un-
term Schein eines Reisenden ankam.

Am andern Morgen fand man jene zwei
Leichname, und da man von dem Fremden
durchaus nichts weiter wußte, als daß er von
Wien herkomme, so schafte man seinen Kör-
per wieder dorthin, in der Hofnung alda meh-
rere Nachrichten einzuziehen. Da aber auch
hier von Polizei und Gerichten Niemand ihn
kante; da es von einer Person, der alle Schrif-
ten, alle Kleidung weggenommen worden,
unmöglich war, gleich in erster Stunde zu
wissen, wer und woher sie sei; so stellte man
den Leichnam aus, und hing ein Zettel da-
bei, der jeden aufforderte: den Namen dieses

Q 4

mitgenommen, ſpante das Sattelpferd aus,
und ritt an einem beſtimten Ort zuruͤck, wo be-
reits ſein Gefaͤhrte in einem Gebuͤſche mit einer
Halbchaiſe ſeiner wartete; ließ dann das Poſt-
pferd auf gutes Gluͤck in die weite Welt gehen,
und ſteuerte ganz keck und unbekuͤmmert wie-
der nach Wien zu; wo kurz vorm Thore ſein
Spiesgeſelle ſich von ihm trente; er aber un-
term Schein eines Reiſenden ankam.

Am andern Morgen fand man jene zwei
Leichname, und da man von dem Fremden
durchaus nichts weiter wußte, als daß er von
Wien herkomme, ſo ſchafte man ſeinen Koͤr-
per wieder dorthin, in der Hofnung alda meh-
rere Nachrichten einzuziehen. Da aber auch
hier von Polizei und Gerichten Niemand ihn
kante; da es von einer Perſon, der alle Schrif-
ten, alle Kleidung weggenommen worden,
unmoͤglich war, gleich in erſter Stunde zu
wiſſen, wer und woher ſie ſei; ſo ſtellte man
den Leichnam aus, und hing ein Zettel da-
bei, der jeden aufforderte: den Namen dieſes

Q 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0255" n="247"/>
mitgenommen, &#x017F;pante das Sattelpferd aus,<lb/>
und ritt an einem be&#x017F;timten Ort zuru&#x0364;ck, wo be-<lb/>
reits &#x017F;ein Gefa&#x0364;hrte in einem Gebu&#x0364;&#x017F;che mit einer<lb/>
Halbchai&#x017F;e &#x017F;einer wartete; ließ dann das Po&#x017F;t-<lb/>
pferd auf gutes Glu&#x0364;ck in die weite Welt gehen,<lb/>
und &#x017F;teuerte ganz keck und unbeku&#x0364;mmert wie-<lb/>
der nach Wien zu; wo kurz vorm Thore &#x017F;ein<lb/>
Spiesge&#x017F;elle &#x017F;ich von ihm trente; er aber un-<lb/>
term Schein eines Rei&#x017F;enden ankam.</p><lb/>
          <p>Am andern Morgen fand man jene zwei<lb/>
Leichname, und da man von dem Fremden<lb/>
durchaus nichts weiter wußte, als daß er von<lb/>
Wien herkomme, &#x017F;o &#x017F;chafte man &#x017F;einen Ko&#x0364;r-<lb/>
per wieder dorthin, in der Hofnung alda meh-<lb/>
rere Nachrichten einzuziehen. Da aber auch<lb/>
hier von Polizei und Gerichten Niemand ihn<lb/>
kante; da es von einer Per&#x017F;on, der alle Schrif-<lb/>
ten, alle Kleidung weggenommen worden,<lb/>
unmo&#x0364;glich war, gleich in er&#x017F;ter Stunde zu<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en, wer und woher &#x017F;ie &#x017F;ei; &#x017F;o &#x017F;tellte man<lb/>
den Leichnam aus, und hing ein Zettel da-<lb/>
bei, der jeden aufforderte: den Namen die&#x017F;es<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Q 4</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[247/0255] mitgenommen, ſpante das Sattelpferd aus, und ritt an einem beſtimten Ort zuruͤck, wo be- reits ſein Gefaͤhrte in einem Gebuͤſche mit einer Halbchaiſe ſeiner wartete; ließ dann das Poſt- pferd auf gutes Gluͤck in die weite Welt gehen, und ſteuerte ganz keck und unbekuͤmmert wie- der nach Wien zu; wo kurz vorm Thore ſein Spiesgeſelle ſich von ihm trente; er aber un- term Schein eines Reiſenden ankam. Am andern Morgen fand man jene zwei Leichname, und da man von dem Fremden durchaus nichts weiter wußte, als daß er von Wien herkomme, ſo ſchafte man ſeinen Koͤr- per wieder dorthin, in der Hofnung alda meh- rere Nachrichten einzuziehen. Da aber auch hier von Polizei und Gerichten Niemand ihn kante; da es von einer Perſon, der alle Schrif- ten, alle Kleidung weggenommen worden, unmoͤglich war, gleich in erſter Stunde zu wiſſen, wer und woher ſie ſei; ſo ſtellte man den Leichnam aus, und hing ein Zettel da- bei, der jeden aufforderte: den Namen dieſes Q 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/255
Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/255>, abgerufen am 23.11.2024.