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Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

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So**rn von funfzehn, außer ihrer schon er-
wähnten Gefängnisstrafe, zuerkannt.

Ganz ohne mich in die Frage zu vertiefen:
Ob eine Strafe, auf die Dauer von funfzig
Jahren in hartem Kerker erstreckt, und noch
alljährlich mit einer empfindlichen körperlichen
Züchtigung verbunden, gerecht oder nur ge-
sezlich
sei? bin ich allerdings auch der Mei-
nung: daß Zen** weit schuldiger als der ei-
gentliche Mörder, und auch nach menschli-
chen
Gesezzen schärfer zu bestrafen war. Da
ich aber schon einigemal in Gesprächen fand,
daß Männer, deren juristische Kentnisse ich un-
endlich weit den meinigen vorziehe, und de-
nen ich auch sonst das Zeugnis der Billigkeit
und des Scharfsinns mit willigster Seele er-
theile, der entgegengesezten Meinung waren,
so glaubte ich um so eher diesen Fall, als ei-
nen streitigen erzälen zu können, und auch
etwas umständlich in den vorläufigen Umstän-
den seyn zu müssen.



So**rn von funfzehn, außer ihrer ſchon er-
waͤhnten Gefaͤngnisſtrafe, zuerkannt.

Ganz ohne mich in die Frage zu vertiefen:
Ob eine Strafe, auf die Dauer von funfzig
Jahren in hartem Kerker erſtreckt, und noch
alljaͤhrlich mit einer empfindlichen koͤrperlichen
Zuͤchtigung verbunden, gerecht oder nur ge-
ſezlich
ſei? bin ich allerdings auch der Mei-
nung: daß Zen** weit ſchuldiger als der ei-
gentliche Moͤrder, und auch nach menſchli-
chen
Geſezzen ſchaͤrfer zu beſtrafen war. Da
ich aber ſchon einigemal in Geſpraͤchen fand,
daß Maͤnner, deren juriſtiſche Kentniſſe ich un-
endlich weit den meinigen vorziehe, und de-
nen ich auch ſonſt das Zeugnis der Billigkeit
und des Scharfſinns mit willigſter Seele er-
theile, der entgegengeſezten Meinung waren,
ſo glaubte ich um ſo eher dieſen Fall, als ei-
nen ſtreitigen erzaͤlen zu koͤnnen, und auch
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[237/0245] So**rn von funfzehn, außer ihrer ſchon er- waͤhnten Gefaͤngnisſtrafe, zuerkannt. Ganz ohne mich in die Frage zu vertiefen: Ob eine Strafe, auf die Dauer von funfzig Jahren in hartem Kerker erſtreckt, und noch alljaͤhrlich mit einer empfindlichen koͤrperlichen Zuͤchtigung verbunden, gerecht oder nur ge- ſezlich ſei? bin ich allerdings auch der Mei- nung: daß Zen** weit ſchuldiger als der ei- gentliche Moͤrder, und auch nach menſchli- chen Geſezzen ſchaͤrfer zu beſtrafen war. Da ich aber ſchon einigemal in Geſpraͤchen fand, daß Maͤnner, deren juriſtiſche Kentniſſe ich un- endlich weit den meinigen vorziehe, und de- nen ich auch ſonſt das Zeugnis der Billigkeit und des Scharfſinns mit willigſter Seele er- theile, der entgegengeſezten Meinung waren, ſo glaubte ich um ſo eher dieſen Fall, als ei- nen ſtreitigen erzaͤlen zu koͤnnen, und auch etwas umſtaͤndlich in den vorlaͤufigen Umſtaͤn- den ſeyn zu muͤſſen.

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Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/245>, abgerufen am 23.11.2024.