siten ein; sondern er hatte unter seinen Zuhö- rern noch weit andre und weit mehrere, die in Verdacht standen, manches auf ihrem Herzen undGewißen behalten zu haben. Aber das Feuer seiner Rede, die Stärke seiner Beweisgründe fruchteten grade da, wo er sich dessen am we- nigsten versah. Unser Jnquisit, dem doch Er- mahnungen zum gütlichen Geständnis nicht so ganz fremd und neu seyn konten, fühlte sich von der jezzigem (er kont' es nachher selbst nicht sagen, wie?) ergriffen; ging gleich nach dem Gottesdienst zum Pfarrer hin; gestand -- man denke sich dessen Erstaunen! -- Anle- gung des ersten Brandes; ja, gab sich auch, was allen anfangs ein Mährchen schien, als den alleinigen Urheber des zweiten schuldig.
Mit einer Anstrengung, welche freilich die gewöhnlichen menschlichen Kräfte über- steigt, welche aber doch durch die entschlos- senste Rachbegier zur Möglichkeit geworden war, hatte dieser Elende das erstemal, nach- dem er zuvor würklich sich niedergelegt, aber
ſiten ein; ſondern er hatte unter ſeinen Zuhoͤ- rern noch weit andre und weit mehrere, die in Verdacht ſtanden, manches auf ihrem Herzen undGewißen behalten zu haben. Aber das Feuer ſeiner Rede, die Staͤrke ſeiner Beweisgruͤnde fruchteten grade da, wo er ſich deſſen am we- nigſten verſah. Unſer Jnquiſit, dem doch Er- mahnungen zum guͤtlichen Geſtaͤndnis nicht ſo ganz fremd und neu ſeyn konten, fuͤhlte ſich von der jezzigem (er kont' es nachher ſelbſt nicht ſagen, wie?) ergriffen; ging gleich nach dem Gottesdienſt zum Pfarrer hin; geſtand — man denke ſich deſſen Erſtaunen! — Anle- gung des erſten Brandes; ja, gab ſich auch, was allen anfangs ein Maͤhrchen ſchien, als den alleinigen Urheber des zweiten ſchuldig.
Mit einer Anſtrengung, welche freilich die gewoͤhnlichen menſchlichen Kraͤfte uͤber- ſteigt, welche aber doch durch die entſchloſ- ſenſte Rachbegier zur Moͤglichkeit geworden war, hatte dieſer Elende das erſtemal, nach- dem er zuvor wuͤrklich ſich niedergelegt, aber
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ſiten ein; ſondern er hatte unter ſeinen Zuhoͤ-
rern noch weit andre und weit mehrere, die in
Verdacht ſtanden, manches auf ihrem Herzen
undGewißen behalten zu haben. Aber das Feuer
ſeiner Rede, die Staͤrke ſeiner Beweisgruͤnde
fruchteten grade da, wo er ſich deſſen am we-
nigſten verſah. Unſer Jnquiſit, dem doch Er-
mahnungen zum guͤtlichen Geſtaͤndnis nicht ſo
ganz fremd und neu ſeyn konten, fuͤhlte ſich
von der jezzigem (er kont' es nachher ſelbſt nicht
ſagen, wie?) ergriffen; ging gleich nach dem
Gottesdienſt zum Pfarrer hin; geſtand —
man denke ſich deſſen Erſtaunen! — Anle-
gung des erſten Brandes; ja, gab ſich auch,
was allen anfangs ein Maͤhrchen ſchien, als
den alleinigen Urheber des zweiten ſchuldig.
Mit einer Anſtrengung, welche freilich
die gewoͤhnlichen menſchlichen Kraͤfte uͤber-
ſteigt, welche aber doch durch die entſchloſ-
ſenſte Rachbegier zur Moͤglichkeit geworden
war, hatte dieſer Elende das erſtemal, nach-
dem er zuvor wuͤrklich ſich niedergelegt, aber
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Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/220>, abgerufen am 24.11.2024.
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