Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

siten ein; sondern er hatte unter seinen Zuhö-
rern noch weit andre und weit mehrere, die in
Verdacht standen, manches auf ihrem Herzen
undGewißen behalten zu haben. Aber das Feuer
seiner Rede, die Stärke seiner Beweisgründe
fruchteten grade da, wo er sich dessen am we-
nigsten versah. Unser Jnquisit, dem doch Er-
mahnungen zum gütlichen Geständnis nicht so
ganz fremd und neu seyn konten, fühlte sich
von der jezzigem (er kont' es nachher selbst nicht
sagen, wie?) ergriffen; ging gleich nach dem
Gottesdienst zum Pfarrer hin; gestand --
man denke sich dessen Erstaunen! -- Anle-
gung des ersten Brandes; ja, gab sich auch,
was allen anfangs ein Mährchen schien, als
den alleinigen Urheber des zweiten schuldig.

Mit einer Anstrengung, welche freilich
die gewöhnlichen menschlichen Kräfte über-
steigt, welche aber doch durch die entschlos-
senste Rachbegier zur Möglichkeit geworden
war, hatte dieser Elende das erstemal, nach-
dem er zuvor würklich sich niedergelegt, aber

ſiten ein; ſondern er hatte unter ſeinen Zuhoͤ-
rern noch weit andre und weit mehrere, die in
Verdacht ſtanden, manches auf ihrem Herzen
undGewißen behalten zu haben. Aber das Feuer
ſeiner Rede, die Staͤrke ſeiner Beweisgruͤnde
fruchteten grade da, wo er ſich deſſen am we-
nigſten verſah. Unſer Jnquiſit, dem doch Er-
mahnungen zum guͤtlichen Geſtaͤndnis nicht ſo
ganz fremd und neu ſeyn konten, fuͤhlte ſich
von der jezzigem (er kont' es nachher ſelbſt nicht
ſagen, wie?) ergriffen; ging gleich nach dem
Gottesdienſt zum Pfarrer hin; geſtand —
man denke ſich deſſen Erſtaunen! — Anle-
gung des erſten Brandes; ja, gab ſich auch,
was allen anfangs ein Maͤhrchen ſchien, als
den alleinigen Urheber des zweiten ſchuldig.

Mit einer Anſtrengung, welche freilich
die gewoͤhnlichen menſchlichen Kraͤfte uͤber-
ſteigt, welche aber doch durch die entſchloſ-
ſenſte Rachbegier zur Moͤglichkeit geworden
war, hatte dieſer Elende das erſtemal, nach-
dem er zuvor wuͤrklich ſich niedergelegt, aber

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0220" n="212"/>
&#x017F;iten ein; &#x017F;ondern er hatte unter &#x017F;einen Zuho&#x0364;-<lb/>
rern noch weit andre und weit mehrere, die in<lb/>
Verdacht &#x017F;tanden, manches auf ihrem Herzen<lb/>
undGewißen behalten zu haben. Aber das Feuer<lb/>
&#x017F;einer Rede, die Sta&#x0364;rke &#x017F;einer Beweisgru&#x0364;nde<lb/>
fruchteten grade da, wo er &#x017F;ich de&#x017F;&#x017F;en am we-<lb/>
nig&#x017F;ten ver&#x017F;ah. Un&#x017F;er Jnqui&#x017F;it, dem doch Er-<lb/>
mahnungen zum gu&#x0364;tlichen Ge&#x017F;ta&#x0364;ndnis nicht &#x017F;o<lb/>
ganz fremd und neu &#x017F;eyn konten, fu&#x0364;hlte &#x017F;ich<lb/>
von der jezzigem (er kont' es nachher &#x017F;elb&#x017F;t nicht<lb/>
&#x017F;agen, <hi rendition="#g">wie</hi>?) ergriffen; ging gleich nach dem<lb/>
Gottesdien&#x017F;t zum Pfarrer hin; ge&#x017F;tand &#x2014;<lb/>
man denke &#x017F;ich de&#x017F;&#x017F;en Er&#x017F;taunen! &#x2014; Anle-<lb/>
gung des <hi rendition="#g">er&#x017F;ten</hi> Brandes; ja, gab &#x017F;ich auch,<lb/>
was allen anfangs ein Ma&#x0364;hrchen &#x017F;chien, als<lb/>
den alleinigen Urheber des <hi rendition="#g">zweiten</hi> &#x017F;chuldig.</p><lb/>
          <p>Mit einer An&#x017F;trengung, welche freilich<lb/>
die gewo&#x0364;hnlichen men&#x017F;chlichen Kra&#x0364;fte u&#x0364;ber-<lb/>
&#x017F;teigt, welche aber doch durch die ent&#x017F;chlo&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en&#x017F;te Rachbegier zur Mo&#x0364;glichkeit geworden<lb/>
war, hatte die&#x017F;er Elende das er&#x017F;temal, nach-<lb/>
dem er zuvor wu&#x0364;rklich &#x017F;ich niedergelegt, aber<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[212/0220] ſiten ein; ſondern er hatte unter ſeinen Zuhoͤ- rern noch weit andre und weit mehrere, die in Verdacht ſtanden, manches auf ihrem Herzen undGewißen behalten zu haben. Aber das Feuer ſeiner Rede, die Staͤrke ſeiner Beweisgruͤnde fruchteten grade da, wo er ſich deſſen am we- nigſten verſah. Unſer Jnquiſit, dem doch Er- mahnungen zum guͤtlichen Geſtaͤndnis nicht ſo ganz fremd und neu ſeyn konten, fuͤhlte ſich von der jezzigem (er kont' es nachher ſelbſt nicht ſagen, wie?) ergriffen; ging gleich nach dem Gottesdienſt zum Pfarrer hin; geſtand — man denke ſich deſſen Erſtaunen! — Anle- gung des erſten Brandes; ja, gab ſich auch, was allen anfangs ein Maͤhrchen ſchien, als den alleinigen Urheber des zweiten ſchuldig. Mit einer Anſtrengung, welche freilich die gewoͤhnlichen menſchlichen Kraͤfte uͤber- ſteigt, welche aber doch durch die entſchloſ- ſenſte Rachbegier zur Moͤglichkeit geworden war, hatte dieſer Elende das erſtemal, nach- dem er zuvor wuͤrklich ſich niedergelegt, aber

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/220
Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/220>, abgerufen am 24.11.2024.