Acht oder zehn Tage nach dieser Hochzeit stand eines Morgens ihr Bauergut schnell in heller Flamme und verbrante fast bis auf den lezten Span. Es fanden sich die allerdeut- lichsten Spuren boshafter Anlegung, und der Verdacht davon fiel, sehr begreiflich, auf je- nen unglücklichen Freiwerber. Er ward so- gleich verhaftet, nach Budißin gebracht und verhört. Aber troz der allersorgfältigsten Un- tersuchung konte man -- außer jenen Droh- worten, die er selbst eingestand, doch viel linder deutete! -- auch nicht den kleinsten Be- weis gegen ihn aufbringen; vielmehr ergab sich ein Umstand, der sehr zu seinen Gunsten sprach. Das Feuer auf der Bäuerin Gute war, wie bereits erwähnt worden, des Mor- gens, und zwar an einem Sontags-Mor- gen ausgebrochen. An eben diesem Sontag nun hatte der Jnquisit in einer, fast vier Mei- len von jener Brandstätte entlegnen, Kirche vor der Frühpredigt gebeichtet, und nach der- selben das Abendmal empfangen. Noch mehr in eben diesem so entlegnen Dorfe war er schon
Acht oder zehn Tage nach dieſer Hochzeit ſtand eines Morgens ihr Bauergut ſchnell in heller Flamme und verbrante faſt bis auf den lezten Span. Es fanden ſich die allerdeut- lichſten Spuren boshafter Anlegung, und der Verdacht davon fiel, ſehr begreiflich, auf je- nen ungluͤcklichen Freiwerber. Er ward ſo- gleich verhaftet, nach Budißin gebracht und verhoͤrt. Aber troz der allerſorgfaͤltigſten Un- terſuchung konte man — außer jenen Droh- worten, die er ſelbſt eingeſtand, doch viel linder deutete! — auch nicht den kleinſten Be- weis gegen ihn aufbringen; vielmehr ergab ſich ein Umſtand, der ſehr zu ſeinen Gunſten ſprach. Das Feuer auf der Baͤuerin Gute war, wie bereits erwaͤhnt worden, des Mor- gens, und zwar an einem Sontags-Mor- gen ausgebrochen. An eben dieſem Sontag nun hatte der Jnquiſit in einer, faſt vier Mei- len von jener Brandſtaͤtte entlegnen, Kirche vor der Fruͤhpredigt gebeichtet, und nach der- ſelben das Abendmal empfangen. Noch mehr in eben dieſem ſo entlegnen Dorfe war er ſchon
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[208/0216]
Acht oder zehn Tage nach dieſer Hochzeit
ſtand eines Morgens ihr Bauergut ſchnell in
heller Flamme und verbrante faſt bis auf den
lezten Span. Es fanden ſich die allerdeut-
lichſten Spuren boshafter Anlegung, und der
Verdacht davon fiel, ſehr begreiflich, auf je-
nen ungluͤcklichen Freiwerber. Er ward ſo-
gleich verhaftet, nach Budißin gebracht und
verhoͤrt. Aber troz der allerſorgfaͤltigſten Un-
terſuchung konte man — außer jenen Droh-
worten, die er ſelbſt eingeſtand, doch viel
linder deutete! — auch nicht den kleinſten Be-
weis gegen ihn aufbringen; vielmehr ergab
ſich ein Umſtand, der ſehr zu ſeinen Gunſten
ſprach. Das Feuer auf der Baͤuerin Gute
war, wie bereits erwaͤhnt worden, des Mor-
gens, und zwar an einem Sontags-Mor-
gen ausgebrochen. An eben dieſem Sontag
nun hatte der Jnquiſit in einer, faſt vier Mei-
len von jener Brandſtaͤtte entlegnen, Kirche
vor der Fruͤhpredigt gebeichtet, und nach der-
ſelben das Abendmal empfangen. Noch mehr
in eben dieſem ſo entlegnen Dorfe war er ſchon
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Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/216>, abgerufen am 24.11.2024.
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