Schändlich, gräßlich, unmenschlich -- ich wiederhole es! -- war diese Marter. Jch wür- de sie verdammen, selbst wenn sie gegen einen Ravaillac, oder gegen jene Teufel in der Welt- geschichte, gegen die Urheber der Pariser Blut- hochzeit, gebraucht worden wäre. Wenn dieses Verfahren indeß ja durch etwas entschuldigt werden könte, so müste es dadurch seyn, daß es gegen ein solches Ungeheuer erging. Die Richter, als der Hundssattler einmal zum Geständnis kam, erfuhren mehr, als sie woll- ten; mehr als die kühnste Einbildungskraft sich vorgestellt hätte. Nicht zufrieden damit, seit vielen Jahren, bald allein und bald in Gesellschaft, bald des Tags in Wäldern und auf der Straße, bald des Nachts durch ge- waltsamen Einbruch zu rauben, hatte dieser Bösewicht auch eine ungeheure Menge Men- schenblut auf sein Gewissen geladen: hatte nicht nur unschuldige Fremde, freundschaft- liche Reisegenossen, sondern sogar sein eignes Fleisch und Blut gemordet: hatte, um gleich-
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Schaͤndlich, graͤßlich, unmenſchlich — ich wiederhole es! — war dieſe Marter. Jch wuͤr- de ſie verdammen, ſelbſt wenn ſie gegen einen Ravaillac, oder gegen jene Teufel in der Welt- geſchichte, gegen die Urheber der Pariſer Blut- hochzeit, gebraucht worden waͤre. Wenn dieſes Verfahren indeß ja durch etwas entſchuldigt werden koͤnte, ſo muͤſte es dadurch ſeyn, daß es gegen ein ſolches Ungeheuer erging. Die Richter, als der Hundsſattler einmal zum Geſtaͤndnis kam, erfuhren mehr, als ſie woll- ten; mehr als die kuͤhnſte Einbildungskraft ſich vorgeſtellt haͤtte. Nicht zufrieden damit, ſeit vielen Jahren, bald allein und bald in Geſellſchaft, bald des Tags in Waͤldern und auf der Straße, bald des Nachts durch ge- waltſamen Einbruch zu rauben, hatte dieſer Boͤſewicht auch eine ungeheure Menge Men- ſchenblut auf ſein Gewiſſen geladen: hatte nicht nur unſchuldige Fremde, freundſchaft- liche Reiſegenoſſen, ſondern ſogar ſein eignes Fleiſch und Blut gemordet: hatte, um gleich-
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Schaͤndlich, graͤßlich, unmenſchlich — ich
wiederhole es! — war dieſe Marter. Jch wuͤr-
de ſie verdammen, ſelbſt wenn ſie gegen einen
Ravaillac, oder gegen jene Teufel in der Welt-
geſchichte, gegen die Urheber der Pariſer Blut-
hochzeit, gebraucht worden waͤre. Wenn dieſes
Verfahren indeß ja durch etwas entſchuldigt
werden koͤnte, ſo muͤſte es dadurch ſeyn, daß es
gegen ein ſolches Ungeheuer erging. Die
Richter, als der Hundsſattler einmal zum
Geſtaͤndnis kam, erfuhren mehr, als ſie woll-
ten; mehr als die kuͤhnſte Einbildungskraft
ſich vorgeſtellt haͤtte. Nicht zufrieden damit,
ſeit vielen Jahren, bald allein und bald in
Geſellſchaft, bald des Tags in Waͤldern und
auf der Straße, bald des Nachts durch ge-
waltſamen Einbruch zu rauben, hatte dieſer
Boͤſewicht auch eine ungeheure Menge Men-
ſchenblut auf ſein Gewiſſen geladen: hatte
nicht nur unſchuldige Fremde, freundſchaft-
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Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/169>, abgerufen am 23.11.2024.
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