Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

Geschichte dieser Nacht kein Wort! Er sah
den Hundssattler in den nächsten drei oder
vier Wochen noch einigemal; er zitterte heim-
lich, so oft der Räuber zu ihm eintrat; aber
wenn derselbe ihn lachend einlud, wieder mit-
zugehen, antwortete er blos mit einem treu-
herzigen: Gott bewahre! und verschmerzte
gern Spott und Schimpfreden seiner Zaghaf-
tigkeit wegen.

Selten entläuft der Dieb lange dem Gal-
gen, und noch seltner lebenslang dem Gerichte.
Auch der Hundssattler ward einige Monate
drauf, zu Bareuth, nicht eines Einbruchs,
sondern andrer ähnlichen Räubereien halber,
verhaftet. Die Anzeigen gegen ihn waren
stark. Er leugnete zwar frisch weg, doch kon-
te er sich von der Tortur, die damals bei Ge-
richten noch allgemein im Schwange war,
nicht losleugnen. Sie erging, und zwar ziem-
lich scharf über ihn. Er ertrug sie, wie man
einen mäßigen Kopfschmerz erträgt; beharrte
fest auf seiner Vertheidigung und erhielt end-

Geſchichte dieſer Nacht kein Wort! Er ſah
den Hundsſattler in den naͤchſten drei oder
vier Wochen noch einigemal; er zitterte heim-
lich, ſo oft der Raͤuber zu ihm eintrat; aber
wenn derſelbe ihn lachend einlud, wieder mit-
zugehen, antwortete er blos mit einem treu-
herzigen: Gott bewahre! und verſchmerzte
gern Spott und Schimpfreden ſeiner Zaghaf-
tigkeit wegen.

Selten entlaͤuft der Dieb lange dem Gal-
gen, und noch ſeltner lebenslang dem Gerichte.
Auch der Hundsſattler ward einige Monate
drauf, zu Bareuth, nicht eines Einbruchs,
ſondern andrer aͤhnlichen Raͤubereien halber,
verhaftet. Die Anzeigen gegen ihn waren
ſtark. Er leugnete zwar friſch weg, doch kon-
te er ſich von der Tortur, die damals bei Ge-
richten noch allgemein im Schwange war,
nicht losleugnen. Sie erging, und zwar ziem-
lich ſcharf uͤber ihn. Er ertrug ſie, wie man
einen maͤßigen Kopfſchmerz ertraͤgt; beharrte
feſt auf ſeiner Vertheidigung und erhielt end-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0163" n="155"/>
Ge&#x017F;chichte die&#x017F;er Nacht kein Wort! Er &#x017F;ah<lb/>
den Hunds&#x017F;attler in den na&#x0364;ch&#x017F;ten drei oder<lb/>
vier Wochen noch einigemal; er zitterte heim-<lb/>
lich, &#x017F;o oft der Ra&#x0364;uber zu ihm eintrat; aber<lb/>
wenn der&#x017F;elbe ihn lachend einlud, wieder mit-<lb/>
zugehen, antwortete er blos mit einem treu-<lb/>
herzigen: Gott bewahre! und ver&#x017F;chmerzte<lb/>
gern Spott und Schimpfreden &#x017F;einer Zaghaf-<lb/>
tigkeit wegen.</p><lb/>
          <p>Selten entla&#x0364;uft der Dieb lange dem Gal-<lb/>
gen, und noch &#x017F;eltner lebenslang dem Gerichte.<lb/>
Auch der Hunds&#x017F;attler ward einige Monate<lb/>
drauf, zu Bareuth, nicht eines Einbruchs,<lb/>
&#x017F;ondern andrer a&#x0364;hnlichen Ra&#x0364;ubereien halber,<lb/>
verhaftet. Die Anzeigen gegen ihn waren<lb/>
&#x017F;tark. Er leugnete zwar fri&#x017F;ch weg, doch kon-<lb/>
te er &#x017F;ich von der Tortur, die damals bei Ge-<lb/>
richten noch allgemein im Schwange war,<lb/>
nicht losleugnen. Sie erging, und zwar ziem-<lb/>
lich &#x017F;charf u&#x0364;ber ihn. Er ertrug &#x017F;ie, wie man<lb/>
einen ma&#x0364;ßigen Kopf&#x017F;chmerz ertra&#x0364;gt; beharrte<lb/>
fe&#x017F;t auf &#x017F;einer Vertheidigung und erhielt end-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[155/0163] Geſchichte dieſer Nacht kein Wort! Er ſah den Hundsſattler in den naͤchſten drei oder vier Wochen noch einigemal; er zitterte heim- lich, ſo oft der Raͤuber zu ihm eintrat; aber wenn derſelbe ihn lachend einlud, wieder mit- zugehen, antwortete er blos mit einem treu- herzigen: Gott bewahre! und verſchmerzte gern Spott und Schimpfreden ſeiner Zaghaf- tigkeit wegen. Selten entlaͤuft der Dieb lange dem Gal- gen, und noch ſeltner lebenslang dem Gerichte. Auch der Hundsſattler ward einige Monate drauf, zu Bareuth, nicht eines Einbruchs, ſondern andrer aͤhnlichen Raͤubereien halber, verhaftet. Die Anzeigen gegen ihn waren ſtark. Er leugnete zwar friſch weg, doch kon- te er ſich von der Tortur, die damals bei Ge- richten noch allgemein im Schwange war, nicht losleugnen. Sie erging, und zwar ziem- lich ſcharf uͤber ihn. Er ertrug ſie, wie man einen maͤßigen Kopfſchmerz ertraͤgt; beharrte feſt auf ſeiner Vertheidigung und erhielt end-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/163
Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/163>, abgerufen am 02.05.2024.