Mann durch die Perücke gemacht wird; kaum sieht er in ihr mich ganz Unschuldigen, mich, der ich so lange völlig unbemerkt und dicht vor seinen Augen stand, so bin ich sogleich seinen Gedanken nach der Räuber. Bei Gott, ich glaube, er hätte Ewr. Herrlichkeit ein glei- ches Kompliment gemacht, wenn Sie eher eben den Einfall gehabt hätten! Wenigstens aber hat er jezt seinen Eid widerrufen und den Beklagten frey gesprochen."
Nach englischen Gesezzen galt würklich über diesen lezten Punkt keine Frage mehr; und eben so wenig konnt' er, nach einem schon geleisteten falschen Eide, noch einen neuen schwören, oder irgend eine Klage gegen seinen muthmas- lich wahren Räuber anheben. Zumal, da ge- gen diesen nicht der geringste übrige Verdacht obwaltete. Der Esquire kam los; der Sach- walter verschwand wieder.
Mann durch die Peruͤcke gemacht wird; kaum ſieht er in ihr mich ganz Unſchuldigen, mich, der ich ſo lange voͤllig unbemerkt und dicht vor ſeinen Augen ſtand, ſo bin ich ſogleich ſeinen Gedanken nach der Raͤuber. Bei Gott, ich glaube, er haͤtte Ewr. Herrlichkeit ein glei- ches Kompliment gemacht, wenn Sie eher eben den Einfall gehabt haͤtten! Wenigſtens aber hat er jezt ſeinen Eid widerrufen und den Beklagten frey geſprochen.“
Nach engliſchen Geſezzen galt wuͤrklich uͤber dieſen lezten Punkt keine Frage mehr; und eben ſo wenig konnt' er, nach einem ſchon geleiſteten falſchen Eide, noch einen neuen ſchwoͤren, oder irgend eine Klage gegen ſeinen muthmas- lich wahren Raͤuber anheben. Zumal, da ge- gen dieſen nicht der geringſte uͤbrige Verdacht obwaltete. Der Esquire kam los; der Sach- walter verſchwand wieder.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0132"n="124"/>
Mann durch die <hirendition="#g">Peruͤcke</hi> gemacht wird;<lb/>
kaum ſieht er in ihr mich ganz Unſchuldigen,<lb/>
mich, der ich ſo lange voͤllig unbemerkt und<lb/>
dicht vor ſeinen Augen ſtand, ſo bin ich ſogleich<lb/>ſeinen Gedanken nach der Raͤuber. Bei Gott,<lb/>
ich glaube, er haͤtte Ewr. Herrlichkeit ein glei-<lb/>
ches Kompliment gemacht, wenn Sie eher<lb/>
eben den Einfall gehabt haͤtten! Wenigſtens<lb/>
aber hat er jezt ſeinen Eid widerrufen und<lb/>
den Beklagten frey geſprochen.“</p><lb/><p>Nach engliſchen Geſezzen galt wuͤrklich uͤber<lb/>
dieſen lezten Punkt keine Frage mehr; und eben<lb/>ſo wenig konnt' er, nach einem ſchon geleiſteten<lb/><hirendition="#g">falſchen</hi> Eide, noch einen neuen ſchwoͤren,<lb/>
oder irgend eine Klage gegen ſeinen muthmas-<lb/>
lich wahren Raͤuber anheben. Zumal, da ge-<lb/>
gen dieſen nicht der geringſte uͤbrige Verdacht<lb/>
obwaltete. Der Esquire kam los; der Sach-<lb/>
walter verſchwand wieder.</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/></div></body></text></TEI>
[124/0132]
Mann durch die Peruͤcke gemacht wird;
kaum ſieht er in ihr mich ganz Unſchuldigen,
mich, der ich ſo lange voͤllig unbemerkt und
dicht vor ſeinen Augen ſtand, ſo bin ich ſogleich
ſeinen Gedanken nach der Raͤuber. Bei Gott,
ich glaube, er haͤtte Ewr. Herrlichkeit ein glei-
ches Kompliment gemacht, wenn Sie eher
eben den Einfall gehabt haͤtten! Wenigſtens
aber hat er jezt ſeinen Eid widerrufen und
den Beklagten frey geſprochen.“
Nach engliſchen Geſezzen galt wuͤrklich uͤber
dieſen lezten Punkt keine Frage mehr; und eben
ſo wenig konnt' er, nach einem ſchon geleiſteten
falſchen Eide, noch einen neuen ſchwoͤren,
oder irgend eine Klage gegen ſeinen muthmas-
lich wahren Raͤuber anheben. Zumal, da ge-
gen dieſen nicht der geringſte uͤbrige Verdacht
obwaltete. Der Esquire kam los; der Sach-
walter verſchwand wieder.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/132>, abgerufen am 05.05.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.