ter ehrliche Hausgenoßen habe. Er nahm sich daher vor, einige Monate hindurch alle Näch- te in einem kleinen, dicht an das Hauptge- wölbe stoßenden und mit einer Glasthüre ver- sehenen Stübchen zu schlafen. Alle Abende trug er sich selbst, ganz heimlich, ein paar Betten auf eine Bank dorthin. Niemanden, als seinen Prinzipalen, sagte er ein Wort da- von; schon mehrere Wochen hatte er diese Uebung fortgesezt und nicht das geringste Verdächtige bemerkt. Da gewöhnlich immer nur neue Diener recht eifrige Diener zu seyn pflegen; da auch der beste Vorsaz, wenn man keinen Nuzzen spürt, bald erkaltet; so war es sehr möglich, daß dieses unbequeme Nachtlager sich schon seiner Endschaft nahte, und daß jener nichtswürdige Räuber nur noch ein paar Wochen hätte warten dürfen, um dann sicher wieder plündern zu können. Doch daß er gerade jezt ein Herz sich faßte, auch dies war vielleicht eine Fügung des
ter ehrliche Hausgenoßen habe. Er nahm ſich daher vor, einige Monate hindurch alle Naͤch- te in einem kleinen, dicht an das Hauptge- woͤlbe ſtoßenden und mit einer Glasthuͤre ver- ſehenen Stuͤbchen zu ſchlafen. Alle Abende trug er ſich ſelbſt, ganz heimlich, ein paar Betten auf eine Bank dorthin. Niemanden, als ſeinen Prinzipalen, ſagte er ein Wort da- von; ſchon mehrere Wochen hatte er dieſe Uebung fortgeſezt und nicht das geringſte Verdaͤchtige bemerkt. Da gewoͤhnlich immer nur neue Diener recht eifrige Diener zu ſeyn pflegen; da auch der beſte Vorſaz, wenn man keinen Nuzzen ſpuͤrt, bald erkaltet; ſo war es ſehr moͤglich, daß dieſes unbequeme Nachtlager ſich ſchon ſeiner Endſchaft nahte, und daß jener nichtswuͤrdige Raͤuber nur noch ein paar Wochen haͤtte warten duͤrfen, um dann ſicher wieder pluͤndern zu koͤnnen. Doch daß er gerade jezt ein Herz ſich faßte, auch dies war vielleicht eine Fuͤgung des
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0122"n="114"/>
ter ehrliche Hausgenoßen habe. Er nahm ſich<lb/>
daher vor, einige Monate hindurch alle Naͤch-<lb/>
te in einem kleinen, dicht an das Hauptge-<lb/>
woͤlbe ſtoßenden und mit einer Glasthuͤre ver-<lb/>ſehenen Stuͤbchen zu ſchlafen. Alle Abende<lb/>
trug er ſich ſelbſt, ganz heimlich, ein paar<lb/>
Betten auf eine Bank dorthin. Niemanden,<lb/>
als ſeinen Prinzipalen, ſagte er ein Wort da-<lb/>
von; ſchon mehrere Wochen hatte er dieſe<lb/>
Uebung fortgeſezt und nicht das geringſte<lb/>
Verdaͤchtige bemerkt. Da gewoͤhnlich immer<lb/>
nur <hirendition="#g">neue</hi> Diener recht <hirendition="#g">eifrige</hi> Diener zu<lb/>ſeyn pflegen; da auch der beſte Vorſaz, wenn<lb/>
man keinen Nuzzen ſpuͤrt, bald erkaltet; ſo<lb/>
war es ſehr moͤglich, daß dieſes unbequeme<lb/>
Nachtlager ſich ſchon ſeiner Endſchaft nahte,<lb/>
und daß jener nichtswuͤrdige Raͤuber nur<lb/>
noch ein paar Wochen haͤtte warten duͤrfen,<lb/>
um dann ſicher wieder pluͤndern zu koͤnnen.<lb/>
Doch daß er gerade jezt ein Herz ſich faßte,<lb/>
auch dies war vielleicht eine Fuͤgung des<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[114/0122]
ter ehrliche Hausgenoßen habe. Er nahm ſich
daher vor, einige Monate hindurch alle Naͤch-
te in einem kleinen, dicht an das Hauptge-
woͤlbe ſtoßenden und mit einer Glasthuͤre ver-
ſehenen Stuͤbchen zu ſchlafen. Alle Abende
trug er ſich ſelbſt, ganz heimlich, ein paar
Betten auf eine Bank dorthin. Niemanden,
als ſeinen Prinzipalen, ſagte er ein Wort da-
von; ſchon mehrere Wochen hatte er dieſe
Uebung fortgeſezt und nicht das geringſte
Verdaͤchtige bemerkt. Da gewoͤhnlich immer
nur neue Diener recht eifrige Diener zu
ſeyn pflegen; da auch der beſte Vorſaz, wenn
man keinen Nuzzen ſpuͤrt, bald erkaltet; ſo
war es ſehr moͤglich, daß dieſes unbequeme
Nachtlager ſich ſchon ſeiner Endſchaft nahte,
und daß jener nichtswuͤrdige Raͤuber nur
noch ein paar Wochen haͤtte warten duͤrfen,
um dann ſicher wieder pluͤndern zu koͤnnen.
Doch daß er gerade jezt ein Herz ſich faßte,
auch dies war vielleicht eine Fuͤgung des
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/122>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.