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Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796.

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nes Laternchens, auf der Kanzel, groß und
lang einen Mann im Priesterrocke stehen sah,
der so entsezlich stark schrie, daß es aus allen
Winkeln der Kirche zurückschallte, ob ich gleich
keine Silbe davon verstehen konnte.

Man kann sich mein Zurückprallen leicht
denken. Meine Kameraden, ohnedem auf-
merksam auf mich, sahen es. -- "Was ist
"dir?" fragten sie. -- "Je! seht ihr denn
"den Mann nicht auf der Kanzel dort? der so
"da steht und predigt? Wer ist er? Was
"will er?" -- "Siehst du den auch?" gab
mir einer lächelnd zur Antwort: "laß du den
"immer ins Teufels Namen hier stehen! er
"thut dir doch nichts." -- Man riß mich
fort; die Sakristei ward erbrochen und be-
raubt. Wir arbeiteten mit der größten Muße,
und waren schon wieder glücklich heraus und
auf dem Kirchhofe, als unser Anführer fragte:
"Es hat doch keiner von euch was drinnen
"vergessen?" Wir sahen nach; keinem fehlte
das geringste, außer mir -- meine Mütze.

G 3

nes Laternchens, auf der Kanzel, groß und
lang einen Mann im Prieſterrocke ſtehen ſah,
der ſo entſezlich ſtark ſchrie, daß es aus allen
Winkeln der Kirche zuruͤckſchallte, ob ich gleich
keine Silbe davon verſtehen konnte.

Man kann ſich mein Zuruͤckprallen leicht
denken. Meine Kameraden, ohnedem auf-
merkſam auf mich, ſahen es. — „Was iſt
„dir?“ fragten ſie. — „Je! ſeht ihr denn
„den Mann nicht auf der Kanzel dort? der ſo
„da ſteht und predigt? Wer iſt er? Was
„will er?“ — „Siehſt du den auch?“ gab
mir einer laͤchelnd zur Antwort: „laß du den
„immer ins Teufels Namen hier ſtehen! er
„thut dir doch nichts.“ — Man riß mich
fort; die Sakriſtei ward erbrochen und be-
raubt. Wir arbeiteten mit der groͤßten Muße,
und waren ſchon wieder gluͤcklich heraus und
auf dem Kirchhofe, als unſer Anfuͤhrer fragte:
„Es hat doch keiner von euch was drinnen
„vergeſſen?“ Wir ſahen nach; keinem fehlte
das geringſte, außer mir — meine Muͤtze.

G 3
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[101/0109] nes Laternchens, auf der Kanzel, groß und lang einen Mann im Prieſterrocke ſtehen ſah, der ſo entſezlich ſtark ſchrie, daß es aus allen Winkeln der Kirche zuruͤckſchallte, ob ich gleich keine Silbe davon verſtehen konnte. Man kann ſich mein Zuruͤckprallen leicht denken. Meine Kameraden, ohnedem auf- merkſam auf mich, ſahen es. — „Was iſt „dir?“ fragten ſie. — „Je! ſeht ihr denn „den Mann nicht auf der Kanzel dort? der ſo „da ſteht und predigt? Wer iſt er? Was „will er?“ — „Siehſt du den auch?“ gab mir einer laͤchelnd zur Antwort: „laß du den „immer ins Teufels Namen hier ſtehen! er „thut dir doch nichts.“ — Man riß mich fort; die Sakriſtei ward erbrochen und be- raubt. Wir arbeiteten mit der groͤßten Muße, und waren ſchon wieder gluͤcklich heraus und auf dem Kirchhofe, als unſer Anfuͤhrer fragte: „Es hat doch keiner von euch was drinnen „vergeſſen?“ Wir ſahen nach; keinem fehlte das geringſte, außer mir — meine Muͤtze. G 3

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Zitationshilfe: Meißner, August Gottlieb: Kriminal Geschichten. Wien, 1796, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_krimi_1796/109>, abgerufen am 23.11.2024.