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Meißner, Alfred: Der Müller vom Höft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 177–274. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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und deinesgleichen; wohin er dich führen wird, brauch' ich dir nicht zu sagen. Meine Leute aber kenne ich, die werden nicht Räuber und Mordbrenner über Nacht, nachdem sie Jahrelang brav und arbeitsam gelebt. Du gehörst nicht unter sie! Fort, hinaus aus dieser Stube, wo ich zu reden habe! Und ihr, wandte er sich zu den Anderen, habt Acht auf ihn, denn von Leuten seines Gleichen ist das Aergste zu erwarten.

Der Mensch ging schimpfend hinaus, zwei Andere folgten, die übrigen Knappen standen schweigend da. Es machte sich in ihnen die bessere Einsicht geltend. Alle waren weiter gegangen, als sie es von vornherein beabsichtigt, und vertheidigten ihre Stellung nur noch aus Liebe zu ihrem Herrn und eigentlich aus Verzweiflung.

Welche unter euch, fragte der Müller, halten sich für ernstlich bedroht?

Drei Leute traten hervor: der Mühlmeister, ein Knappe und ein uralter Müllerjunge.

Ich habe commandirt, sagte der Erste.

Ich hieb einen Soldaten über den Kopf, daß er zusammensank, sagte der Zweite.

Ich, sagte der Junge, schoß aus dem Dachfenster --

Ihr erhaltet eitern vollen Jahreslohn, sprach Reinbacher, und seht, daß ihr aus unserem churfürstlichen Gebiete herauskommt. Die finsteren Nächte, die wir jetzt haben, und der Nebel, der jetzt auf dem Flusse liegt, werden euerer Flucht günstig sein. Habt

und deinesgleichen; wohin er dich führen wird, brauch' ich dir nicht zu sagen. Meine Leute aber kenne ich, die werden nicht Räuber und Mordbrenner über Nacht, nachdem sie Jahrelang brav und arbeitsam gelebt. Du gehörst nicht unter sie! Fort, hinaus aus dieser Stube, wo ich zu reden habe! Und ihr, wandte er sich zu den Anderen, habt Acht auf ihn, denn von Leuten seines Gleichen ist das Aergste zu erwarten.

Der Mensch ging schimpfend hinaus, zwei Andere folgten, die übrigen Knappen standen schweigend da. Es machte sich in ihnen die bessere Einsicht geltend. Alle waren weiter gegangen, als sie es von vornherein beabsichtigt, und vertheidigten ihre Stellung nur noch aus Liebe zu ihrem Herrn und eigentlich aus Verzweiflung.

Welche unter euch, fragte der Müller, halten sich für ernstlich bedroht?

Drei Leute traten hervor: der Mühlmeister, ein Knappe und ein uralter Müllerjunge.

Ich habe commandirt, sagte der Erste.

Ich hieb einen Soldaten über den Kopf, daß er zusammensank, sagte der Zweite.

Ich, sagte der Junge, schoß aus dem Dachfenster —

Ihr erhaltet eitern vollen Jahreslohn, sprach Reinbacher, und seht, daß ihr aus unserem churfürstlichen Gebiete herauskommt. Die finsteren Nächte, die wir jetzt haben, und der Nebel, der jetzt auf dem Flusse liegt, werden euerer Flucht günstig sein. Habt

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T14:41:19Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T14:41:19Z)

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Zitationshilfe: Meißner, Alfred: Der Müller vom Höft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 177–274. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_hoeft_1910/76>, abgerufen am 26.04.2024.