Meißner, Alfred: Der Müller vom Höft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 177–274. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Weibsbildes beherrscht, entgegnete kein Wort. Er stahl sich an der Mauer hin, drückte dem Müller die Hand und trollte sich fort, von der Megäre begleitet. Eulengekrächz! murmelte Wendelin, als sie fort war. Es wird Abend, sprach der Müller. Man wußte nicht, ob es eine Antwort sein sollte. Mich fröstelt. Ein Ueberrest vom Wundfieber, komm; ins Haus! und die Lichter angezündet! Ich denke heute mit Dingen, die ich lange überlegt, zu Ende zu kommen. Nachdem er wohl eine Stunde lang in Gedanken im Lehnstuhle gesessen, ging der Müller in die Knappenstube hinüber. Dort sah es wie auf einer Wachtstube aus, so zwar, daß der Müller, der den Raum seit seiner Genesung nicht betreten hatte, sich im ersten Augenblick darin kaum zurecht fand. Die Fenster waren ausgehoben, die Laden geschlossen und zugenagelt und ins Holz Schießlöcher hineingeschnitten. Ein Theil der Knappen lag schlafend auf den Bänken umher, andere saßen um einen Tisch und spielten Karten. Reinbacher sah Leute, die er nicht kannte; es waren Herbeigelaufene, welche angaben, sie seien durch den Auflauf in Nienburg gefährdet. In einer Ecke auf dem Herde wurden Kugeln gegossen. Das Feuer, von Zeit zu Zeit mit dem Blasebalge angefacht, warf einen grellen Schein über die dunkeln, angerauchten Wände. Speere standen hie und dort in Haufen beisammen, Büchsen und anderes Gewehr hing an der Wand. Weibsbildes beherrscht, entgegnete kein Wort. Er stahl sich an der Mauer hin, drückte dem Müller die Hand und trollte sich fort, von der Megäre begleitet. Eulengekrächz! murmelte Wendelin, als sie fort war. Es wird Abend, sprach der Müller. Man wußte nicht, ob es eine Antwort sein sollte. Mich fröstelt. Ein Ueberrest vom Wundfieber, komm; ins Haus! und die Lichter angezündet! Ich denke heute mit Dingen, die ich lange überlegt, zu Ende zu kommen. Nachdem er wohl eine Stunde lang in Gedanken im Lehnstuhle gesessen, ging der Müller in die Knappenstube hinüber. Dort sah es wie auf einer Wachtstube aus, so zwar, daß der Müller, der den Raum seit seiner Genesung nicht betreten hatte, sich im ersten Augenblick darin kaum zurecht fand. Die Fenster waren ausgehoben, die Laden geschlossen und zugenagelt und ins Holz Schießlöcher hineingeschnitten. Ein Theil der Knappen lag schlafend auf den Bänken umher, andere saßen um einen Tisch und spielten Karten. Reinbacher sah Leute, die er nicht kannte; es waren Herbeigelaufene, welche angaben, sie seien durch den Auflauf in Nienburg gefährdet. In einer Ecke auf dem Herde wurden Kugeln gegossen. Das Feuer, von Zeit zu Zeit mit dem Blasebalge angefacht, warf einen grellen Schein über die dunkeln, angerauchten Wände. Speere standen hie und dort in Haufen beisammen, Büchsen und anderes Gewehr hing an der Wand. <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="11"> <p><pb facs="#f0072"/> Weibsbildes beherrscht, entgegnete kein Wort. Er stahl sich an der Mauer hin, drückte dem Müller die Hand und trollte sich fort, von der Megäre begleitet.</p><lb/> <p>Eulengekrächz! murmelte Wendelin, als sie fort war.</p><lb/> <p>Es wird Abend, sprach der Müller. Man wußte nicht, ob es eine Antwort sein sollte. Mich fröstelt. Ein Ueberrest vom Wundfieber, komm; ins Haus! und die Lichter angezündet! Ich denke heute mit Dingen, die ich lange überlegt, zu Ende zu kommen.</p><lb/> <p>Nachdem er wohl eine Stunde lang in Gedanken im Lehnstuhle gesessen, ging der Müller in die Knappenstube hinüber. Dort sah es wie auf einer Wachtstube aus, so zwar, daß der Müller, der den Raum seit seiner Genesung nicht betreten hatte, sich im ersten Augenblick darin kaum zurecht fand. Die Fenster waren ausgehoben, die Laden geschlossen und zugenagelt und ins Holz Schießlöcher hineingeschnitten. Ein Theil der Knappen lag schlafend auf den Bänken umher, andere saßen um einen Tisch und spielten Karten. Reinbacher sah Leute, die er nicht kannte; es waren Herbeigelaufene, welche angaben, sie seien durch den Auflauf in Nienburg gefährdet. In einer Ecke auf dem Herde wurden Kugeln gegossen. Das Feuer, von Zeit zu Zeit mit dem Blasebalge angefacht, warf einen grellen Schein über die dunkeln, angerauchten Wände. Speere standen hie und dort in Haufen beisammen, Büchsen und anderes Gewehr hing an der Wand.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0072]
Weibsbildes beherrscht, entgegnete kein Wort. Er stahl sich an der Mauer hin, drückte dem Müller die Hand und trollte sich fort, von der Megäre begleitet.
Eulengekrächz! murmelte Wendelin, als sie fort war.
Es wird Abend, sprach der Müller. Man wußte nicht, ob es eine Antwort sein sollte. Mich fröstelt. Ein Ueberrest vom Wundfieber, komm; ins Haus! und die Lichter angezündet! Ich denke heute mit Dingen, die ich lange überlegt, zu Ende zu kommen.
Nachdem er wohl eine Stunde lang in Gedanken im Lehnstuhle gesessen, ging der Müller in die Knappenstube hinüber. Dort sah es wie auf einer Wachtstube aus, so zwar, daß der Müller, der den Raum seit seiner Genesung nicht betreten hatte, sich im ersten Augenblick darin kaum zurecht fand. Die Fenster waren ausgehoben, die Laden geschlossen und zugenagelt und ins Holz Schießlöcher hineingeschnitten. Ein Theil der Knappen lag schlafend auf den Bänken umher, andere saßen um einen Tisch und spielten Karten. Reinbacher sah Leute, die er nicht kannte; es waren Herbeigelaufene, welche angaben, sie seien durch den Auflauf in Nienburg gefährdet. In einer Ecke auf dem Herde wurden Kugeln gegossen. Das Feuer, von Zeit zu Zeit mit dem Blasebalge angefacht, warf einen grellen Schein über die dunkeln, angerauchten Wände. Speere standen hie und dort in Haufen beisammen, Büchsen und anderes Gewehr hing an der Wand.
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Zitationshilfe: | Meißner, Alfred: Der Müller vom Höft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 177–274. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_hoeft_1910/72>, abgerufen am 22.07.2024. |