Meißner, Alfred: Der Müller vom Höft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 177–274. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Hof ging, der Schlafkammer gegenüber, in welche der Müller zu treten im Begriffe war, als Wendelin überaus lebhaft ausrief: Da seht, da seht! Er zeigte auf eine Leiter, die gerade vor dem Fenster stand. Der Müller sah sie und blieb einen Augenblick lang stumm. Da habt Ihr die Leiter! fuhr Wendelin fort; er hat sie vom Boden herabgenommen. Und ist sie nicht an sein Dachfenster gelehnt? Ist er nicht ein Schurke? Der Müller blieb stumm und eilte in den Stall. Wendelin folgte. Als Beide in den Hof getreten waren, hielt Wendelin den Müller, der sehr aufgeregt und aller Beherrschung baar schien, mit der Hand zurück und flüsterte: Nur leise, leise! Sehen wir, was er treibt. Der Müller blieb zuerst stehen, dann näherten sich Beide geräuschlos und langsam der Stallthüre. Diese war halb angelehnt, und man konnte Alles im Inneren des Stalles sehen. Kaum hatte der Müller hineingeblickt, als ihm Sehen und Hören verging. Er mußte sich seitab mit der Hand anlehnen. Er sah den Kornergeorg. Dieser hatte die Kleider an, die ihm der Müller geschenkt, eine Mütze auf dem Kopfe, ein Tuch um den Leib gewunden, in dem ein Hof ging, der Schlafkammer gegenüber, in welche der Müller zu treten im Begriffe war, als Wendelin überaus lebhaft ausrief: Da seht, da seht! Er zeigte auf eine Leiter, die gerade vor dem Fenster stand. Der Müller sah sie und blieb einen Augenblick lang stumm. Da habt Ihr die Leiter! fuhr Wendelin fort; er hat sie vom Boden herabgenommen. Und ist sie nicht an sein Dachfenster gelehnt? Ist er nicht ein Schurke? Der Müller blieb stumm und eilte in den Stall. Wendelin folgte. Als Beide in den Hof getreten waren, hielt Wendelin den Müller, der sehr aufgeregt und aller Beherrschung baar schien, mit der Hand zurück und flüsterte: Nur leise, leise! Sehen wir, was er treibt. Der Müller blieb zuerst stehen, dann näherten sich Beide geräuschlos und langsam der Stallthüre. Diese war halb angelehnt, und man konnte Alles im Inneren des Stalles sehen. Kaum hatte der Müller hineingeblickt, als ihm Sehen und Hören verging. Er mußte sich seitab mit der Hand anlehnen. Er sah den Kornergeorg. Dieser hatte die Kleider an, die ihm der Müller geschenkt, eine Mütze auf dem Kopfe, ein Tuch um den Leib gewunden, in dem ein <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="5"> <p><pb facs="#f0039"/> Hof ging, der Schlafkammer gegenüber, in welche der Müller zu treten im Begriffe war, als Wendelin überaus lebhaft ausrief: Da seht, da seht!</p><lb/> <p>Er zeigte auf eine Leiter, die gerade vor dem Fenster stand.</p><lb/> <p>Der Müller sah sie und blieb einen Augenblick lang stumm.</p><lb/> <p>Da habt Ihr die Leiter! fuhr Wendelin fort; er hat sie vom Boden herabgenommen. Und ist sie nicht an sein Dachfenster gelehnt? Ist er nicht ein Schurke?</p><lb/> <p>Der Müller blieb stumm und eilte in den Stall.</p><lb/> <p>Wendelin folgte.</p><lb/> <p>Als Beide in den Hof getreten waren, hielt Wendelin den Müller, der sehr aufgeregt und aller Beherrschung baar schien, mit der Hand zurück und flüsterte:</p><lb/> <p>Nur leise, leise! Sehen wir, was er treibt.</p><lb/> <p>Der Müller blieb zuerst stehen, dann näherten sich Beide geräuschlos und langsam der Stallthüre.</p><lb/> <p>Diese war halb angelehnt, und man konnte Alles im Inneren des Stalles sehen.</p><lb/> <p>Kaum hatte der Müller hineingeblickt, als ihm Sehen und Hören verging. Er mußte sich seitab mit der Hand anlehnen.</p><lb/> <p>Er sah den Kornergeorg. Dieser hatte die Kleider an, die ihm der Müller geschenkt, eine Mütze auf dem Kopfe, ein Tuch um den Leib gewunden, in dem ein<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0039]
Hof ging, der Schlafkammer gegenüber, in welche der Müller zu treten im Begriffe war, als Wendelin überaus lebhaft ausrief: Da seht, da seht!
Er zeigte auf eine Leiter, die gerade vor dem Fenster stand.
Der Müller sah sie und blieb einen Augenblick lang stumm.
Da habt Ihr die Leiter! fuhr Wendelin fort; er hat sie vom Boden herabgenommen. Und ist sie nicht an sein Dachfenster gelehnt? Ist er nicht ein Schurke?
Der Müller blieb stumm und eilte in den Stall.
Wendelin folgte.
Als Beide in den Hof getreten waren, hielt Wendelin den Müller, der sehr aufgeregt und aller Beherrschung baar schien, mit der Hand zurück und flüsterte:
Nur leise, leise! Sehen wir, was er treibt.
Der Müller blieb zuerst stehen, dann näherten sich Beide geräuschlos und langsam der Stallthüre.
Diese war halb angelehnt, und man konnte Alles im Inneren des Stalles sehen.
Kaum hatte der Müller hineingeblickt, als ihm Sehen und Hören verging. Er mußte sich seitab mit der Hand anlehnen.
Er sah den Kornergeorg. Dieser hatte die Kleider an, die ihm der Müller geschenkt, eine Mütze auf dem Kopfe, ein Tuch um den Leib gewunden, in dem ein
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Zitationshilfe: | Meißner, Alfred: Der Müller vom Höft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 177–274. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meissner_hoeft_1910/39>, abgerufen am 16.07.2024. |