Meisel-Heß, Grete: Weiberhaß und Weiberverachtung. Eine Erwiderung auf die in Dr. Otto Weiningers Buche »Geschlecht und Charakter« geäußerten Anschauungen über »Die Frau und ihre Frage«. Wien, 1904.dieses Hinabtauchen zum Urquell aller Weisheit zeitigte, *) Verlag S. Fischer, Berlin.
dieses Hinabtauchen zum Urquell aller Weisheit zeitigte, *) Verlag S. Fischer, Berlin.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0047" n="41"/> dieses Hinabtauchen zum Urquell aller Weisheit zeitigte,<lb/> vernimmt: »Das Denken des Weibes ist eine Art Schmecken«,<lb/> oder: »selbst die Phantasie des Weibes ist Irrtum und Lüge,<lb/> die des Mannes hingegen erst höhere Wahrheit«! Jeder<lb/> Mann kann zum Genie werden, wenn auch mancher erst<lb/> in seiner Todesstunde! (Es verliere also keiner die Hoffnung!)<lb/> Ja, die Frau ist nicht einmal antimoralisch, denn<lb/> das würde »ein Verhältnis zur« Moral voraussetzen, –<lb/> sondern »sie ist nur amoralisch, <hi rendition="#g">gemein</hi>«. Auch das<lb/> Mitleid und die Schamhaftigkeit der Frau hänge nur mit<lb/> ihrer Sexualität zusammen. »Im alten Weib ist nie ein<lb/> Funken jener angeblichen Güte mehr.« Wirklich? Ich kenne<lb/> alte Frauen, die wie Priesterinnen – so gut, so klug, so<lb/> hehr – erscheinen! Man lese den Artikel »Die alte Frau«,<lb/> der in Hedwig Dohms Buche »Die Mütter«<note place="foot" n="*)">Verlag S. Fischer, Berlin.</note> enthalten ist!<lb/> Verstattet man aber der Frau nur jenen Interessen- und<lb/> Pflichtenkreis, der mit ihrer Sexualität in Verbindung steht,<lb/> dann freilich schwindet mit dieser ihr ganzer Inhalt! Ist es<lb/> dann aber ihre »Anlage« oder ihre Erziehung, die Schuld<lb/> trägt an dieser barbarischen Beengung?! – Der Verfasser<lb/> scheint seine Anschauungen über »das Weib«, soferne sie<lb/> sich nicht auf die Dirne beziehen, aus Kaffeekränzchen<lb/> geholt zu haben: »Eine Frau konversiert oder schnattert,<lb/> aber sie redet nicht.« Frauenversammlungen, Frauenvorträge<lb/> und die Parteitage der über die ganze zivilisierte Welt verbreiteten<lb/> Frauenvereine, die in ihrer Propaganda wohl nicht<lb/> um einen Zoll weiter kämen, würden sie sich nicht strengster<lb/> Sachlichkeit befleißen, geben beredtes Zeugnis für die Haltbarkeit<lb/> dieses Ausspruches. Die Tauglichkeit der Frauen zur<lb/> Krankenpflege – ein Beweis ihres Mitleids? Im Gegenteil. Der<lb/> Mann allein hat Mitleid, denn »er könnte die Schmerzen der<lb/> Kranken nicht mitansehen, .. Qualen und Tod nicht mitmachen«.<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [41/0047]
dieses Hinabtauchen zum Urquell aller Weisheit zeitigte,
vernimmt: »Das Denken des Weibes ist eine Art Schmecken«,
oder: »selbst die Phantasie des Weibes ist Irrtum und Lüge,
die des Mannes hingegen erst höhere Wahrheit«! Jeder
Mann kann zum Genie werden, wenn auch mancher erst
in seiner Todesstunde! (Es verliere also keiner die Hoffnung!)
Ja, die Frau ist nicht einmal antimoralisch, denn
das würde »ein Verhältnis zur« Moral voraussetzen, –
sondern »sie ist nur amoralisch, gemein«. Auch das
Mitleid und die Schamhaftigkeit der Frau hänge nur mit
ihrer Sexualität zusammen. »Im alten Weib ist nie ein
Funken jener angeblichen Güte mehr.« Wirklich? Ich kenne
alte Frauen, die wie Priesterinnen – so gut, so klug, so
hehr – erscheinen! Man lese den Artikel »Die alte Frau«,
der in Hedwig Dohms Buche »Die Mütter« *) enthalten ist!
Verstattet man aber der Frau nur jenen Interessen- und
Pflichtenkreis, der mit ihrer Sexualität in Verbindung steht,
dann freilich schwindet mit dieser ihr ganzer Inhalt! Ist es
dann aber ihre »Anlage« oder ihre Erziehung, die Schuld
trägt an dieser barbarischen Beengung?! – Der Verfasser
scheint seine Anschauungen über »das Weib«, soferne sie
sich nicht auf die Dirne beziehen, aus Kaffeekränzchen
geholt zu haben: »Eine Frau konversiert oder schnattert,
aber sie redet nicht.« Frauenversammlungen, Frauenvorträge
und die Parteitage der über die ganze zivilisierte Welt verbreiteten
Frauenvereine, die in ihrer Propaganda wohl nicht
um einen Zoll weiter kämen, würden sie sich nicht strengster
Sachlichkeit befleißen, geben beredtes Zeugnis für die Haltbarkeit
dieses Ausspruches. Die Tauglichkeit der Frauen zur
Krankenpflege – ein Beweis ihres Mitleids? Im Gegenteil. Der
Mann allein hat Mitleid, denn »er könnte die Schmerzen der
Kranken nicht mitansehen, .. Qualen und Tod nicht mitmachen«.
*) Verlag S. Fischer, Berlin.
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