Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

noch Alles verbotenus *), ich hätte es über allen Jam¬
mer, so ich nachgehends gehabt, wohl hundertmal ver¬
gessen). Aber sie ließ sich solches verdrießen, indem sie
von der Bank aufsprange und kurz zur Antwort gab:
ich danke Ihme für die Ehre, will aber nur meinem Papa
wirthschaften helfen, das wird besser Ehre vor mich sein,
worauf der Junker sich zu mir hinwendete, und was
ich dazu sagte? Ich muß aber bekennen, daß ich in nit
geringer Angst ware, inmassen ich an die Zukunft ge¬
dachte, und an das Ansehn, in welchem der Junker bei
Sr. fürstl. Gnaden stande. Gab also demüthig zur Ant¬
wort: daß ich mein Töchterlein nit zwingen könne, sie
auch gerne umb mich behielte, angesehen meine liebe Haus¬
frau in der schweren Pestzeit bereits dieses Zeitliche ge¬
segnet, und ich nicht mehr Kinder hätte, denn sie alleine.
Se. Gestrengen müchten dannenhero nicht ungnädig wer¬
den, wenn ich sie nicht bei Sr. Gestrengen in den Dienst
schicken könnte. Dieses verdroß ihn heftiglich, und nach¬
deme er noch eine Zeitlang umbsonst disputiret, valedicirte
er endlich, doch nicht, ohne mir zu dräuen, daß er es mir
schon gedenken wölle. Item hat mein Knecht gehöret so
in dem Pferdestall gestanden, daß er umb die Ecken ge¬
hend für sich gesaget: ich will sie doch wohl kriegen!

Solches machte mich schier wieder ganz verzaget,
als den Sonntag darauf sein Jäger kam, Namens
Johannes Kurt, ein hübscher, großer Kerl und wohl¬

*) wörtlich.
6

noch Alles verbotenus *), ich hätte es über allen Jam¬
mer, ſo ich nachgehends gehabt, wohl hundertmal ver¬
geſſen). Aber ſie ließ ſich ſolches verdrießen, indem ſie
von der Bank aufſprange und kurz zur Antwort gab:
ich danke Ihme für die Ehre, will aber nur meinem Papa
wirthſchaften helfen, das wird beſſer Ehre vor mich ſein,
worauf der Junker ſich zu mir hinwendete, und was
ich dazu ſagte? Ich muß aber bekennen, daß ich in nit
geringer Angſt ware, inmaſſen ich an die Zukunft ge¬
dachte, und an das Anſehn, in welchem der Junker bei
Sr. fürſtl. Gnaden ſtande. Gab alſo demüthig zur Ant¬
wort: daß ich mein Töchterlein nit zwingen könne, ſie
auch gerne umb mich behielte, angeſehen meine liebe Haus¬
frau in der ſchweren Peſtzeit bereits dieſes Zeitliche ge¬
ſegnet, und ich nicht mehr Kinder hätte, denn ſie alleine.
Se. Geſtrengen müchten dannenhero nicht ungnädig wer¬
den, wenn ich ſie nicht bei Sr. Geſtrengen in den Dienſt
ſchicken könnte. Dieſes verdroß ihn heftiglich, und nach¬
deme er noch eine Zeitlang umbſonſt disputiret, valedicirte
er endlich, doch nicht, ohne mir zu dräuen, daß er es mir
ſchon gedenken wölle. Item hat mein Knecht gehöret ſo
in dem Pferdeſtall geſtanden, daß er umb die Ecken ge¬
hend für ſich geſaget: ich will ſie doch wohl kriegen!

Solches machte mich ſchier wieder ganz verzaget,
als den Sonntag darauf ſein Jäger kam, Namens
Johannes Kurt, ein hübſcher, großer Kerl und wohl¬

*) wörtlich.
6
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0097" n="81"/>
noch Alles <hi rendition="#aq">verbotenus</hi> <note place="foot" n="*)">wörtlich.</note>, ich hätte es über allen Jam¬<lb/>
mer, &#x017F;o ich nachgehends gehabt, wohl hundertmal ver¬<lb/>
ge&#x017F;&#x017F;en). Aber &#x017F;ie ließ &#x017F;ich &#x017F;olches verdrießen, indem &#x017F;ie<lb/>
von der Bank auf&#x017F;prange und kurz zur Antwort gab:<lb/>
ich danke Ihme für die Ehre, will aber nur meinem Papa<lb/>
wirth&#x017F;chaften helfen, das wird be&#x017F;&#x017F;er Ehre vor mich &#x017F;ein,<lb/>
worauf der Junker &#x017F;ich zu mir hinwendete, und was<lb/>
ich dazu &#x017F;agte? Ich muß aber bekennen, daß ich in nit<lb/>
geringer Ang&#x017F;t ware, inma&#x017F;&#x017F;en ich an die Zukunft ge¬<lb/>
dachte, und an das An&#x017F;ehn, in welchem der Junker bei<lb/>
Sr. für&#x017F;tl. Gnaden &#x017F;tande. Gab al&#x017F;o demüthig zur Ant¬<lb/>
wort: daß ich mein Töchterlein nit zwingen könne, &#x017F;ie<lb/>
auch gerne umb mich behielte, ange&#x017F;ehen meine liebe Haus¬<lb/>
frau in der &#x017F;chweren Pe&#x017F;tzeit bereits die&#x017F;es Zeitliche ge¬<lb/>
&#x017F;egnet, und ich nicht mehr Kinder hätte, denn &#x017F;ie alleine.<lb/>
Se. Ge&#x017F;trengen müchten dannenhero nicht ungnädig wer¬<lb/>
den, wenn ich &#x017F;ie nicht bei Sr. Ge&#x017F;trengen in den Dien&#x017F;t<lb/>
&#x017F;chicken könnte. Die&#x017F;es verdroß ihn heftiglich, und nach¬<lb/>
deme er noch eine Zeitlang umb&#x017F;on&#x017F;t disputiret, valedicirte<lb/>
er endlich, doch nicht, ohne mir zu dräuen, daß er es mir<lb/>
&#x017F;chon gedenken wölle. <hi rendition="#aq">Item</hi> hat mein Knecht gehöret &#x017F;o<lb/>
in dem Pferde&#x017F;tall ge&#x017F;tanden, daß er umb die Ecken ge¬<lb/>
hend für &#x017F;ich ge&#x017F;aget: ich will &#x017F;ie doch wohl kriegen!</p><lb/>
        <p>Solches machte mich &#x017F;chier wieder ganz verzaget,<lb/>
als den Sonntag darauf &#x017F;ein Jäger kam, Namens<lb/>
Johannes Kurt, ein hüb&#x017F;cher, großer Kerl und wohl¬<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">6<lb/></fw>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[81/0097] noch Alles verbotenus *), ich hätte es über allen Jam¬ mer, ſo ich nachgehends gehabt, wohl hundertmal ver¬ geſſen). Aber ſie ließ ſich ſolches verdrießen, indem ſie von der Bank aufſprange und kurz zur Antwort gab: ich danke Ihme für die Ehre, will aber nur meinem Papa wirthſchaften helfen, das wird beſſer Ehre vor mich ſein, worauf der Junker ſich zu mir hinwendete, und was ich dazu ſagte? Ich muß aber bekennen, daß ich in nit geringer Angſt ware, inmaſſen ich an die Zukunft ge¬ dachte, und an das Anſehn, in welchem der Junker bei Sr. fürſtl. Gnaden ſtande. Gab alſo demüthig zur Ant¬ wort: daß ich mein Töchterlein nit zwingen könne, ſie auch gerne umb mich behielte, angeſehen meine liebe Haus¬ frau in der ſchweren Peſtzeit bereits dieſes Zeitliche ge¬ ſegnet, und ich nicht mehr Kinder hätte, denn ſie alleine. Se. Geſtrengen müchten dannenhero nicht ungnädig wer¬ den, wenn ich ſie nicht bei Sr. Geſtrengen in den Dienſt ſchicken könnte. Dieſes verdroß ihn heftiglich, und nach¬ deme er noch eine Zeitlang umbſonſt disputiret, valedicirte er endlich, doch nicht, ohne mir zu dräuen, daß er es mir ſchon gedenken wölle. Item hat mein Knecht gehöret ſo in dem Pferdeſtall geſtanden, daß er umb die Ecken ge¬ hend für ſich geſaget: ich will ſie doch wohl kriegen! Solches machte mich ſchier wieder ganz verzaget, als den Sonntag darauf ſein Jäger kam, Namens Johannes Kurt, ein hübſcher, großer Kerl und wohl¬ *) wörtlich. 6

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/97
Zitationshilfe: Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/97>, abgerufen am 04.05.2024.