zu sehen war. Der gerechte Gott aber wölle es rich¬ ten, wie es denn jetzo auch schon geschehen ist. Amen.
Hierzwischen aber trug sich etwas Absonderliches zu. Denn als Herr Wittich meines Vernehmens eines Mor¬ gens aus dem Fenster schauet, daß das Töchterlein sei¬ nes Fischers, ein Kind bei 16 Jahren, deme er fleißig nachgestellet, in den Busch gehet, sich trocken Holz zu brechen, macht er sich auch alsobald auf, warumb? will ich nit sagen und mag sich ein Jeglicher selbsten ab¬ nehmen. Als er jedoch den Klosterdamm eine Weile aufgeschritten und bei der ersten Brücken kömmt, da wo der Ebreschenbaum stehet, siehet er zwo Wülfe, so auf ihn zulaufen, und da er kein Gewehr nit bei sich füh¬ ret, als einen Stecken, klettert er sofort in einen Baum, worauf die Wülfe umb selbigen herumtraben, ihn an¬ blinzen mit den Augen, das Maul löcken, und endlich sich mit den Vordertatzen gegen den Baum in die Höhe auffheben, und hineinbeißen, wobei er gewahr wor¬ den, daß der eine Wulf, so ein He und ein langer fei¬ ster Feger gewesen nur ein Auge gehabt. Hebet also an in seiner Angst zu schreien, und die große Langmuth des barmherzigen Gottes wollte ihn auch noch einmal er¬ retten, doch ohne, daß er dadurch klug worden wäre. Denn das Dirnlein, so sich auf der Wiesen hinter ei¬ nen Knirkbusch verkrochen, als sie den Junker kommen sieht, rennet forts auf das Schloß zurücke, worauf denn auch viel Volks alsobald herbeifähret, die Wülfe verja¬ get, und den Junker erlöset. Selbiger ließ dahero eine
zu ſehen war. Der gerechte Gott aber wölle es rich¬ ten, wie es denn jetzo auch ſchon geſchehen iſt. Amen.
Hierzwiſchen aber trug ſich etwas Abſonderliches zu. Denn als Herr Wittich meines Vernehmens eines Mor¬ gens aus dem Fenſter ſchauet, daß das Töchterlein ſei¬ nes Fiſchers, ein Kind bei 16 Jahren, deme er fleißig nachgeſtellet, in den Buſch gehet, ſich trocken Holz zu brechen, macht er ſich auch alſobald auf, warumb? will ich nit ſagen und mag ſich ein Jeglicher ſelbſten ab¬ nehmen. Als er jedoch den Kloſterdamm eine Weile aufgeſchritten und bei der erſten Brücken kömmt, da wo der Ebreſchenbaum ſtehet, ſiehet er zwo Wülfe, ſo auf ihn zulaufen, und da er kein Gewehr nit bei ſich füh¬ ret, als einen Stecken, klettert er ſofort in einen Baum, worauf die Wülfe umb ſelbigen herumtraben, ihn an¬ blinzen mit den Augen, das Maul löcken, und endlich ſich mit den Vordertatzen gegen den Baum in die Höhe auffheben, und hineinbeißen, wobei er gewahr wor¬ den, daß der eine Wulf, ſo ein He und ein langer fei¬ ſter Feger geweſen nur ein Auge gehabt. Hebet alſo an in ſeiner Angſt zu ſchreien, und die große Langmuth des barmherzigen Gottes wollte ihn auch noch einmal er¬ retten, doch ohne, daß er dadurch klug worden wäre. Denn das Dirnlein, ſo ſich auf der Wieſen hinter ei¬ nen Knirkbuſch verkrochen, als ſie den Junker kommen ſieht, rennet forts auf das Schloß zurücke, worauf denn auch viel Volks alſobald herbeifähret, die Wülfe verja¬ get, und den Junker erlöſet. Selbiger ließ dahero eine
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zu ſehen war. Der gerechte Gott aber wölle es rich¬
ten, wie es denn jetzo auch ſchon geſchehen iſt. Amen.
Hierzwiſchen aber trug ſich etwas Abſonderliches zu.
Denn als Herr Wittich meines Vernehmens eines Mor¬
gens aus dem Fenſter ſchauet, daß das Töchterlein ſei¬
nes Fiſchers, ein Kind bei 16 Jahren, deme er fleißig
nachgeſtellet, in den Buſch gehet, ſich trocken Holz zu
brechen, macht er ſich auch alſobald auf, warumb? will
ich nit ſagen und mag ſich ein Jeglicher ſelbſten ab¬
nehmen. Als er jedoch den Kloſterdamm eine Weile
aufgeſchritten und bei der erſten Brücken kömmt, da wo
der Ebreſchenbaum ſtehet, ſiehet er zwo Wülfe, ſo auf
ihn zulaufen, und da er kein Gewehr nit bei ſich füh¬
ret, als einen Stecken, klettert er ſofort in einen Baum,
worauf die Wülfe umb ſelbigen herumtraben, ihn an¬
blinzen mit den Augen, das Maul löcken, und endlich
ſich mit den Vordertatzen gegen den Baum in die Höhe
auffheben, und hineinbeißen, wobei er gewahr wor¬
den, daß der eine Wulf, ſo ein He und ein langer fei¬
ſter Feger geweſen nur ein Auge gehabt. Hebet alſo
an in ſeiner Angſt zu ſchreien, und die große Langmuth
des barmherzigen Gottes wollte ihn auch noch einmal er¬
retten, doch ohne, daß er dadurch klug worden wäre.
Denn das Dirnlein, ſo ſich auf der Wieſen hinter ei¬
nen Knirkbuſch verkrochen, als ſie den Junker kommen
ſieht, rennet forts auf das Schloß zurücke, worauf denn
auch viel Volks alſobald herbeifähret, die Wülfe verja¬
get, und den Junker erlöſet. Selbiger ließ dahero eine
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Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/92>, abgerufen am 23.11.2024.
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