Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

wachsen waren, begab es sich, als wir umb ein Busch¬
werk lenketen, daß wir meinen gnädigen Herrn Herzog
Philippum Julium mit Sr: fürstlichen Gnaden dem
Herzogen Bogislaff so hier zum Besuche lag, auf ei¬
nem Hügel stehen und disputiren sahen, wannenhero wir
schon umbkehren wollten. Da aber meine gnädige Her¬
ren alsbald fürbaß schritten, der Schloßbrücken zu, be¬
sahen wir uns den Hügel, wo dieselben gestanden, und
erhobe mein klein Mädken alsbald ein laut Freudenge¬
schrei, angesehen, sie einen kostbaren Siegelring an der
Erden liegen sahe, so Ihro fürstliche Gnaden ohn Zwei¬
fel verloren. Ich sagete dannenhero: komme, wir wol¬
len unsere gnädigen Herren ganz eilend nachgehen, und
sagstu auf lateinisch: Serenissimi principes quis ve¬
strum hunc annulum deperdidit
*)? (Denn wie
oben bemeldet hatte ich mit ihr die lateinische Sprach
schon seit ihrem siebenten Jahr traktiret) und sagt nun
einer: ego; so giebstu ihm den Ring. Item fräget
er dich auf lateinisch, wem du gehörest, so sei nit blöde
und sprich: ego sum filia pastoris Coserowiensis **)
siehe so werden Ihre fürstlichen Gnaden ein Wohlge¬
fallen an dir haben, denn es seind beide freundliche
Leute, insonderheit aber der große, welches unser gnädi¬
ger Landesherr Philippus Julius selbsten ist.

*) Gestrenge Fürsten, wer von Euch hat diesen Ring
verloren.
**) ich bin die Tochter des Pfarrers zu Coserow.

wachſen waren, begab es ſich, als wir umb ein Buſch¬
werk lenketen, daß wir meinen gnädigen Herrn Herzog
Philippum Julium mit Sr: fürſtlichen Gnaden dem
Herzogen Bogislaff ſo hier zum Beſuche lag, auf ei¬
nem Hügel ſtehen und disputiren ſahen, wannenhero wir
ſchon umbkehren wollten. Da aber meine gnädige Her¬
ren alsbald fürbaß ſchritten, der Schloßbrücken zu, be¬
ſahen wir uns den Hügel, wo dieſelben geſtanden, und
erhobe mein klein Mädken alsbald ein laut Freudenge¬
ſchrei, angeſehen, ſie einen koſtbaren Siegelring an der
Erden liegen ſahe, ſo Ihro fürſtliche Gnaden ohn Zwei¬
fel verloren. Ich ſagete dannenhero: komme, wir wol¬
len unſere gnädigen Herren ganz eilend nachgehen, und
ſagſtu auf lateiniſch: Serenissimi principes quis ve¬
strum hunc annulum deperdidit
*)? (Denn wie
oben bemeldet hatte ich mit ihr die lateiniſche Sprach
ſchon ſeit ihrem ſiebenten Jahr traktiret) und ſagt nun
einer: ego; ſo giebſtu ihm den Ring. Item fräget
er dich auf lateiniſch, wem du gehöreſt, ſo ſei nit blöde
und ſprich: ego sum filia pastoris Coserowiensis **)
ſiehe ſo werden Ihre fürſtlichen Gnaden ein Wohlge¬
fallen an dir haben, denn es ſeind beide freundliche
Leute, inſonderheit aber der große, welches unſer gnädi¬
ger Landesherr Philippus Julius ſelbſten iſt.

*) Geſtrenge Fürſten, wer von Euch hat dieſen Ring
verloren.
**) ich bin die Tochter des Pfarrers zu Coſerow.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0074" n="58"/>
wach&#x017F;en waren, begab es &#x017F;ich, als wir umb ein Bu&#x017F;ch¬<lb/>
werk lenketen, daß wir meinen gnädigen Herrn Herzog<lb/><hi rendition="#aq">Philippum Julium</hi> mit Sr: für&#x017F;tlichen Gnaden dem<lb/>
Herzogen <hi rendition="#aq">Bogislaff</hi> &#x017F;o hier zum Be&#x017F;uche lag, auf ei¬<lb/>
nem Hügel &#x017F;tehen und disputiren &#x017F;ahen, wannenhero wir<lb/>
&#x017F;chon umbkehren wollten. Da aber meine gnädige Her¬<lb/>
ren alsbald fürbaß &#x017F;chritten, der Schloßbrücken zu, be¬<lb/>
&#x017F;ahen wir uns den Hügel, wo die&#x017F;elben ge&#x017F;tanden, und<lb/>
erhobe mein klein Mädken alsbald ein laut Freudenge¬<lb/>
&#x017F;chrei, ange&#x017F;ehen, &#x017F;ie einen ko&#x017F;tbaren Siegelring an der<lb/>
Erden liegen &#x017F;ahe, &#x017F;o Ihro für&#x017F;tliche Gnaden ohn Zwei¬<lb/>
fel verloren. Ich &#x017F;agete dannenhero: komme, wir wol¬<lb/>
len un&#x017F;ere gnädigen Herren ganz eilend nachgehen, und<lb/>
&#x017F;ag&#x017F;tu auf lateini&#x017F;ch: <hi rendition="#aq">Serenissimi principes quis ve¬<lb/>
strum hunc annulum deperdidit</hi> <note place="foot" n="*)">Ge&#x017F;trenge Für&#x017F;ten, wer von Euch hat die&#x017F;en Ring<lb/>
verloren.</note>? (Denn wie<lb/>
oben bemeldet hatte ich mit ihr die lateini&#x017F;che Sprach<lb/>
&#x017F;chon &#x017F;eit ihrem &#x017F;iebenten Jahr traktiret) und &#x017F;agt nun<lb/>
einer: <hi rendition="#aq">ego</hi>; &#x017F;o gieb&#x017F;tu ihm den Ring. <hi rendition="#aq">Item</hi> fräget<lb/>
er dich auf lateini&#x017F;ch, wem du gehöre&#x017F;t, &#x017F;o &#x017F;ei nit blöde<lb/>
und &#x017F;prich: <hi rendition="#aq">ego sum filia pastoris Coserowiensis</hi> <note place="foot" n="**)">ich bin die Tochter des Pfarrers zu Co&#x017F;erow.</note><lb/>
&#x017F;iehe &#x017F;o werden Ihre für&#x017F;tlichen Gnaden ein Wohlge¬<lb/>
fallen an dir haben, denn es &#x017F;eind beide freundliche<lb/>
Leute, in&#x017F;onderheit aber der große, welches un&#x017F;er gnädi¬<lb/>
ger Landesherr <hi rendition="#aq">Philippus Julius</hi> &#x017F;elb&#x017F;ten i&#x017F;t.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[58/0074] wachſen waren, begab es ſich, als wir umb ein Buſch¬ werk lenketen, daß wir meinen gnädigen Herrn Herzog Philippum Julium mit Sr: fürſtlichen Gnaden dem Herzogen Bogislaff ſo hier zum Beſuche lag, auf ei¬ nem Hügel ſtehen und disputiren ſahen, wannenhero wir ſchon umbkehren wollten. Da aber meine gnädige Her¬ ren alsbald fürbaß ſchritten, der Schloßbrücken zu, be¬ ſahen wir uns den Hügel, wo dieſelben geſtanden, und erhobe mein klein Mädken alsbald ein laut Freudenge¬ ſchrei, angeſehen, ſie einen koſtbaren Siegelring an der Erden liegen ſahe, ſo Ihro fürſtliche Gnaden ohn Zwei¬ fel verloren. Ich ſagete dannenhero: komme, wir wol¬ len unſere gnädigen Herren ganz eilend nachgehen, und ſagſtu auf lateiniſch: Serenissimi principes quis ve¬ strum hunc annulum deperdidit *)? (Denn wie oben bemeldet hatte ich mit ihr die lateiniſche Sprach ſchon ſeit ihrem ſiebenten Jahr traktiret) und ſagt nun einer: ego; ſo giebſtu ihm den Ring. Item fräget er dich auf lateiniſch, wem du gehöreſt, ſo ſei nit blöde und ſprich: ego sum filia pastoris Coserowiensis **) ſiehe ſo werden Ihre fürſtlichen Gnaden ein Wohlge¬ fallen an dir haben, denn es ſeind beide freundliche Leute, inſonderheit aber der große, welches unſer gnädi¬ ger Landesherr Philippus Julius ſelbſten iſt. *) Geſtrenge Fürſten, wer von Euch hat dieſen Ring verloren. **) ich bin die Tochter des Pfarrers zu Coſerow.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/74
Zitationshilfe: Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/74>, abgerufen am 04.05.2024.