Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

hielten, dem Herrn aufs Neu Gehorsam und Treu zu
geloben. Hielten dannenhero diesen Morgen ein statt¬
lich Frühstück und schickten noch Etwas an den alten
Paassch aus; item ließ mein Töchterlein nun wieder
alle Kinderlein kommen, und speisete sie, bevorab sie auf¬
sagen mußten, erst mildiglich mit unserm Fürrath. Und
als mein kleingläubig Herz darüber seufzete, wiewohl
ich nichts sagete, lächelte sie, und sprach: darumb sor¬
get nicht für den andern Morgen, denn der morgende
Tag wird für das Seine sorgen. *)

Solche Weissagung thät der heilige Geist aus ihr,
wie ich nit anders glauben kann, und Du auch nit mein
Lieber, denn merke, was geschah: Zu Nachmittag war
sie, verstehe mein Töchterlein, in den Streckelberg ge¬
gangen, um Brommelbeeren zu suchen, weilen der alte
Paassch ihr hatte durch die Magd sagen lassen, daß
es dorten noch einige Büsche hätte. Die Magd hackete
Holz auf dem Hofe, wozu sie sich den alten Paassch
sein Beil geliehen, denn meines hatten die kaiserlichen
Schnapphähne verworfen, da es nirgend nit zu finden;
ich selbsten aber wandelte in der Stuben auf und ab
und sanne meine Predigt aus: als mein Töchterlein mit
hoher Schürzen bald wieder in die Thüre fuhr, ganz
roth und mit funkelnden Augen, konnte aber für Freu¬
den nichts mehr sprechen denn: "Vater, Vater, was hab
ich?" ""Nun"", geb ich zur Antwort, ""was hastu

*) Matth. 6, 34.

hielten, dem Herrn aufs Neu Gehorſam und Treu zu
geloben. Hielten dannenhero dieſen Morgen ein ſtatt¬
lich Frühſtück und ſchickten noch Etwas an den alten
Paaſsch aus; item ließ mein Töchterlein nun wieder
alle Kinderlein kommen, und ſpeiſete ſie, bevorab ſie auf¬
ſagen mußten, erſt mildiglich mit unſerm Fürrath. Und
als mein kleingläubig Herz darüber ſeufzete, wiewohl
ich nichts ſagete, lächelte ſie, und ſprach: darumb ſor¬
get nicht für den andern Morgen, denn der morgende
Tag wird für das Seine ſorgen. *)

Solche Weiſſagung thät der heilige Geiſt aus ihr,
wie ich nit anders glauben kann, und Du auch nit mein
Lieber, denn merke, was geſchah: Zu Nachmittag war
ſie, verſtehe mein Töchterlein, in den Streckelberg ge¬
gangen, um Brommelbeeren zu ſuchen, weilen der alte
Paaſsch ihr hatte durch die Magd ſagen laſſen, daß
es dorten noch einige Büſche hätte. Die Magd hackete
Holz auf dem Hofe, wozu ſie ſich den alten Paaſsch
ſein Beil geliehen, denn meines hatten die kaiſerlichen
Schnapphähne verworfen, da es nirgend nit zu finden;
ich ſelbſten aber wandelte in der Stuben auf und ab
und ſanne meine Predigt aus: als mein Töchterlein mit
hoher Schürzen bald wieder in die Thüre fuhr, ganz
roth und mit funkelnden Augen, konnte aber für Freu¬
den nichts mehr ſprechen denn: „Vater, Vater, was hab
ich?” „„Nun””, geb ich zur Antwort, „„was haſtu

*) Matth. 6, 34.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0062" n="46"/>
hielten, dem Herrn aufs Neu Gehor&#x017F;am und Treu zu<lb/>
geloben. Hielten dannenhero die&#x017F;en Morgen ein &#x017F;tatt¬<lb/>
lich Früh&#x017F;tück und &#x017F;chickten noch Etwas an den alten<lb/>
Paa&#x017F;sch aus; <hi rendition="#aq">item</hi> ließ mein Töchterlein nun wieder<lb/>
alle Kinderlein kommen, und &#x017F;pei&#x017F;ete &#x017F;ie, bevorab &#x017F;ie auf¬<lb/>
&#x017F;agen mußten, er&#x017F;t mildiglich mit un&#x017F;erm Fürrath. Und<lb/>
als mein kleingläubig Herz darüber &#x017F;eufzete, wiewohl<lb/>
ich nichts &#x017F;agete, lächelte &#x017F;ie, und &#x017F;prach: darumb &#x017F;or¬<lb/>
get nicht für den andern Morgen, denn der morgende<lb/>
Tag wird für das Seine &#x017F;orgen. <note place="foot" n="*)">Matth. 6, 34.</note></p><lb/>
        <p>Solche Wei&#x017F;&#x017F;agung thät der heilige Gei&#x017F;t aus ihr,<lb/>
wie ich nit anders glauben kann, und Du auch nit mein<lb/>
Lieber, denn merke, was ge&#x017F;chah: Zu Nachmittag war<lb/>
&#x017F;ie, ver&#x017F;tehe mein Töchterlein, in den Streckelberg ge¬<lb/>
gangen, um Brommelbeeren zu &#x017F;uchen, weilen der alte<lb/>
Paa&#x017F;sch ihr hatte durch die Magd &#x017F;agen la&#x017F;&#x017F;en, daß<lb/>
es dorten noch einige Bü&#x017F;che hätte. Die Magd hackete<lb/>
Holz auf dem Hofe, wozu &#x017F;ie &#x017F;ich den alten Paa&#x017F;sch<lb/>
&#x017F;ein Beil geliehen, denn meines hatten die kai&#x017F;erlichen<lb/>
Schnapphähne verworfen, da es nirgend nit zu finden;<lb/>
ich &#x017F;elb&#x017F;ten aber wandelte in der Stuben auf und ab<lb/>
und &#x017F;anne meine Predigt aus: als mein Töchterlein mit<lb/>
hoher Schürzen bald wieder in die Thüre fuhr, ganz<lb/>
roth und mit funkelnden Augen, konnte aber für Freu¬<lb/>
den nichts mehr &#x017F;prechen denn: &#x201E;Vater, Vater, was hab<lb/>
ich?&#x201D; &#x201E;&#x201E;Nun&#x201D;&#x201D;, geb ich zur Antwort, &#x201E;&#x201E;was ha&#x017F;tu<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[46/0062] hielten, dem Herrn aufs Neu Gehorſam und Treu zu geloben. Hielten dannenhero dieſen Morgen ein ſtatt¬ lich Frühſtück und ſchickten noch Etwas an den alten Paaſsch aus; item ließ mein Töchterlein nun wieder alle Kinderlein kommen, und ſpeiſete ſie, bevorab ſie auf¬ ſagen mußten, erſt mildiglich mit unſerm Fürrath. Und als mein kleingläubig Herz darüber ſeufzete, wiewohl ich nichts ſagete, lächelte ſie, und ſprach: darumb ſor¬ get nicht für den andern Morgen, denn der morgende Tag wird für das Seine ſorgen. *) Solche Weiſſagung thät der heilige Geiſt aus ihr, wie ich nit anders glauben kann, und Du auch nit mein Lieber, denn merke, was geſchah: Zu Nachmittag war ſie, verſtehe mein Töchterlein, in den Streckelberg ge¬ gangen, um Brommelbeeren zu ſuchen, weilen der alte Paaſsch ihr hatte durch die Magd ſagen laſſen, daß es dorten noch einige Büſche hätte. Die Magd hackete Holz auf dem Hofe, wozu ſie ſich den alten Paaſsch ſein Beil geliehen, denn meines hatten die kaiſerlichen Schnapphähne verworfen, da es nirgend nit zu finden; ich ſelbſten aber wandelte in der Stuben auf und ab und ſanne meine Predigt aus: als mein Töchterlein mit hoher Schürzen bald wieder in die Thüre fuhr, ganz roth und mit funkelnden Augen, konnte aber für Freu¬ den nichts mehr ſprechen denn: „Vater, Vater, was hab ich?” „„Nun””, geb ich zur Antwort, „„was haſtu *) Matth. 6, 34.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/62
Zitationshilfe: Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/62>, abgerufen am 23.11.2024.