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Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843.

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Töchterlein insonderheit, ward von Tag zu Tag blasser,
grauer und gelber, und spiee immer wieder die Speiß
aus, da sie Allens ohne Salz und Brod genoß. Wun¬
derte mich schon lange, daß das Brod aus der Liepe
nit wollte all werden, sondern ich alle Mittag bisher
ein Stücklein gehabt. Hatte auch öftermalen gefraget,
wo hastu denn immerfort das liebe Brod her, am Ende
hebest du Alles vor mich allein auf, und nimmst weder
vor dich ein Stücklein, noch vor die Magd. Aber beide
hoben dann immer ein Stücklein tannen Bork *) in die
Höhe, so sie zurecht geschnitten und vor ihren Teller ge¬
legt, und da es dunkel war in der Stuben, merkete ich
die Schalkheit nit, sondern gläubete sie äßen auch Brod.
Aber endiglichen zeigt es mir die Magd an, daß ich es
nit länger leiden söllte, dieweil mein Töchterlein ihr selb¬
sten nit hören wölle. Da kann nun männiglich abneh¬
men, wie mir um das Herze war, als ich mein arm
Kind auf ihr Moosbett liegen und ringen sah mit dem
grimmigen Hunger. Aber es sollte noch härter kom¬
men, denn der Herr wollte mich ganz zerschlagen in sei¬
nem Zorn wie einen Topf. Siehe auf den Abend des¬
selbigen Tages kommt der alte Paassch angelaufen kla¬
gende, daß all sein und mein Korn im Felde umbgeha¬
ket und elendiglich zerstöret sei, und müsse dies schier der
leidige Satan gethan haben, angesehen nicht die Spur
eines Ochsen weder eines Rosses zu sehen wär. Für

*) Rinde.
3 *

Töchterlein inſonderheit, ward von Tag zu Tag blaſſer,
grauer und gelber, und ſpiee immer wieder die Speiß
aus, da ſie Allens ohne Salz und Brod genoß. Wun¬
derte mich ſchon lange, daß das Brod aus der Liepe
nit wollte all werden, ſondern ich alle Mittag bisher
ein Stücklein gehabt. Hatte auch öftermalen gefraget,
wo haſtu denn immerfort das liebe Brod her, am Ende
hebeſt du Alles vor mich allein auf, und nimmſt weder
vor dich ein Stücklein, noch vor die Magd. Aber beide
hoben dann immer ein Stücklein tannen Bork *) in die
Höhe, ſo ſie zurecht geſchnitten und vor ihren Teller ge¬
legt, und da es dunkel war in der Stuben, merkete ich
die Schalkheit nit, ſondern gläubete ſie äßen auch Brod.
Aber endiglichen zeigt es mir die Magd an, daß ich es
nit länger leiden ſöllte, dieweil mein Töchterlein ihr ſelb¬
ſten nit hören wölle. Da kann nun männiglich abneh¬
men, wie mir um das Herze war, als ich mein arm
Kind auf ihr Moosbett liegen und ringen ſah mit dem
grimmigen Hunger. Aber es ſollte noch härter kom¬
men, denn der Herr wollte mich ganz zerſchlagen in ſei¬
nem Zorn wie einen Topf. Siehe auf den Abend deſ¬
ſelbigen Tages kommt der alte Paaſsch angelaufen kla¬
gende, daß all ſein und mein Korn im Felde umbgeha¬
ket und elendiglich zerſtöret ſei, und müſſe dies ſchier der
leidige Satan gethan haben, angeſehen nicht die Spur
eines Ochſen weder eines Roſſes zu ſehen wär. Für

*) Rinde.
3 *
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[35/0051] Töchterlein inſonderheit, ward von Tag zu Tag blaſſer, grauer und gelber, und ſpiee immer wieder die Speiß aus, da ſie Allens ohne Salz und Brod genoß. Wun¬ derte mich ſchon lange, daß das Brod aus der Liepe nit wollte all werden, ſondern ich alle Mittag bisher ein Stücklein gehabt. Hatte auch öftermalen gefraget, wo haſtu denn immerfort das liebe Brod her, am Ende hebeſt du Alles vor mich allein auf, und nimmſt weder vor dich ein Stücklein, noch vor die Magd. Aber beide hoben dann immer ein Stücklein tannen Bork *) in die Höhe, ſo ſie zurecht geſchnitten und vor ihren Teller ge¬ legt, und da es dunkel war in der Stuben, merkete ich die Schalkheit nit, ſondern gläubete ſie äßen auch Brod. Aber endiglichen zeigt es mir die Magd an, daß ich es nit länger leiden ſöllte, dieweil mein Töchterlein ihr ſelb¬ ſten nit hören wölle. Da kann nun männiglich abneh¬ men, wie mir um das Herze war, als ich mein arm Kind auf ihr Moosbett liegen und ringen ſah mit dem grimmigen Hunger. Aber es ſollte noch härter kom¬ men, denn der Herr wollte mich ganz zerſchlagen in ſei¬ nem Zorn wie einen Topf. Siehe auf den Abend deſ¬ ſelbigen Tages kommt der alte Paaſsch angelaufen kla¬ gende, daß all ſein und mein Korn im Felde umbgeha¬ ket und elendiglich zerſtöret ſei, und müſſe dies ſchier der leidige Satan gethan haben, angeſehen nicht die Spur eines Ochſen weder eines Roſſes zu ſehen wär. Für *) Rinde. 3 *

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Zitationshilfe: Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/51>, abgerufen am 23.11.2024.