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Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843.

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Nun kann aber männiglich von sich selbsten abneh¬
men daß solcher Fürrath nit lange aushielt. Da nun
zugleich auch bei allen Kapselleuten ein brünstig Ver¬
langen nach der geistlichen Speise sich verspüren ließ; ich
selbsten und die Fürsteher aber nur 8 Witten *) im
ganzen Kapsel auftreiben kunnten, so nit auslangeten,
umb Brod und Wein anzuschaffen, kam ich auf die Ge¬
danken, abermals dem Herrn Ambthauptmann unsere
Noth zu vermelden. Mit wie schwerem Herzen ich solli¬
ches that, kann man leicht erachten. Aber Noth kennt
kein Gebot. Riße dahero auch das Hinterblättlein aus
dem Virgilio und bate, ümb der heiligen Dreieinigkeit
willen, daß Seine Gestrengen sich meiner und des gan¬
zen Kapsels gemeine Noth wöllte zu Herzen gehen las¬
sen, und ein wenig Geld hergeben, zum Trost der be¬
trübten Seelen das heilige Sacrament zu halten, auch
wo müglich einen Kelch zu kaufen, so er auch nur von
Zinne sein söllte, sintemalen der Feind die fürhandenen
geraubet, und ich sonsten gezwungen wär das heilige
Nachtmal in einem Topf zu consacriren. Item möcht
er sich auch unserer leiblichen Noth erbarmen, und mir
endiglichen mein, seit so viel Jahren hinterstelliges Mist¬
korn verabreichen. Wöllte es nicht allein vor mich selb¬
sten haben sondern es gern mit dem ganzen Kapsel thei¬
len, bis der grundgütige Gott mehr bescheeren würd.

Hierzwischen fiel mir aber ein stattlicher Kläcks auf

*) etwa 16 Pfennige.

Nun kann aber männiglich von ſich ſelbſten abneh¬
men daß ſolcher Fürrath nit lange aushielt. Da nun
zugleich auch bei allen Kapſelleuten ein brünſtig Ver¬
langen nach der geiſtlichen Speiſe ſich verſpüren ließ; ich
ſelbſten und die Fürſteher aber nur 8 Witten *) im
ganzen Kapſel auftreiben kunnten, ſo nit auslangeten,
umb Brod und Wein anzuſchaffen, kam ich auf die Ge¬
danken, abermals dem Herrn Ambthauptmann unſere
Noth zu vermelden. Mit wie ſchwerem Herzen ich ſolli¬
ches that, kann man leicht erachten. Aber Noth kennt
kein Gebot. Riße dahero auch das Hinterblättlein aus
dem Virgilio und bate, ümb der heiligen Dreieinigkeit
willen, daß Seine Geſtrengen ſich meiner und des gan¬
zen Kapſels gemeine Noth wöllte zu Herzen gehen laſ¬
ſen, und ein wenig Geld hergeben, zum Troſt der be¬
trübten Seelen das heilige Sacrament zu halten, auch
wo müglich einen Kelch zu kaufen, ſo er auch nur von
Zinne ſein ſöllte, ſintemalen der Feind die fürhandenen
geraubet, und ich ſonſten gezwungen wär das heilige
Nachtmal in einem Topf zu conſacriren. Item möcht
er ſich auch unſerer leiblichen Noth erbarmen, und mir
endiglichen mein, ſeit ſo viel Jahren hinterſtelliges Miſt¬
korn verabreichen. Wöllte es nicht allein vor mich ſelb¬
ſten haben ſondern es gern mit dem ganzen Kapſel thei¬
len, bis der grundgütige Gott mehr beſcheeren würd.

Hierzwiſchen fiel mir aber ein ſtattlicher Kläcks auf

*) etwa 16 Pfennige.
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[30/0046] Nun kann aber männiglich von ſich ſelbſten abneh¬ men daß ſolcher Fürrath nit lange aushielt. Da nun zugleich auch bei allen Kapſelleuten ein brünſtig Ver¬ langen nach der geiſtlichen Speiſe ſich verſpüren ließ; ich ſelbſten und die Fürſteher aber nur 8 Witten *) im ganzen Kapſel auftreiben kunnten, ſo nit auslangeten, umb Brod und Wein anzuſchaffen, kam ich auf die Ge¬ danken, abermals dem Herrn Ambthauptmann unſere Noth zu vermelden. Mit wie ſchwerem Herzen ich ſolli¬ ches that, kann man leicht erachten. Aber Noth kennt kein Gebot. Riße dahero auch das Hinterblättlein aus dem Virgilio und bate, ümb der heiligen Dreieinigkeit willen, daß Seine Geſtrengen ſich meiner und des gan¬ zen Kapſels gemeine Noth wöllte zu Herzen gehen laſ¬ ſen, und ein wenig Geld hergeben, zum Troſt der be¬ trübten Seelen das heilige Sacrament zu halten, auch wo müglich einen Kelch zu kaufen, ſo er auch nur von Zinne ſein ſöllte, ſintemalen der Feind die fürhandenen geraubet, und ich ſonſten gezwungen wär das heilige Nachtmal in einem Topf zu conſacriren. Item möcht er ſich auch unſerer leiblichen Noth erbarmen, und mir endiglichen mein, ſeit ſo viel Jahren hinterſtelliges Miſt¬ korn verabreichen. Wöllte es nicht allein vor mich ſelb¬ ſten haben ſondern es gern mit dem ganzen Kapſel thei¬ len, bis der grundgütige Gott mehr beſcheeren würd. Hierzwiſchen fiel mir aber ein ſtattlicher Kläcks auf *) etwa 16 Pfennige.

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Zitationshilfe: Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/46>, abgerufen am 29.03.2024.