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Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843.

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Durch diesen Casus gewunnen wir, daß alles Volk
sich fluchend von dem Wagen verlief und bei einem gu¬
ten Musketenschuß hinter uns her trottirete, dieweil sie
gläubeten, daß mein Töchterlein den leidigen Satan umb
Hülfe anriefe. Nur ein Bursche bei 25 Jahren so ich
aber nicht kunnte, blieb wenig Schritte hinter dem Wa¬
gen, bis sein Vater kam und da er nit mit Gutem wei¬
chen wollte, ihn also in den Graben stieß, daß er bis
an die Hüften ins Wasser versank. Hierüber mußte
selbsten mein arm Töchterlein lächeln und fragete mich,
ob ich nicht mehr lateinische Lieder wüßte, umb uns das
dumme und unflätige Volk noch ferner vom Leibe zu
halten. Aber, sage Lieber, wie hätte ich jetzunder la¬
teinische Lieder recitiren mügen, so ich sie auch gewußt!
Doch mein Confrater Ehre Martinus wußte annoch
ein solches, so zwar ein ketzerisches Lied ist; doch weil
es meinem Töchterlein über die Maßen gefiel, und er
ihr manchen Versch an die drei und vier mal vorbeten
mußte, bis sie ihn nachbeten kunnte, sagete ich Nichtes.
Sonst bin ich immer sehr streng gegen Ketzereien gewest.

Grün die Wiesen, grün die Saaten, und von Honig
rinnt der Bach,

Das Aroma süßer Blumen haucht und duftet tausendfach.
Blühnde Wälder tragen Aepfel deren Stengel nimmer
bricht.

Und nicht Sonne, Mond noch Sterne wechseln dorten
mehr ihr Licht.

Denn ihr Licht, das nimmer schwindet, ist des Lammes
Angesicht.

Durch dieſen Casus gewunnen wir, daß alles Volk
ſich fluchend von dem Wagen verlief und bei einem gu¬
ten Musketenſchuß hinter uns her trottirete, dieweil ſie
gläubeten, daß mein Töchterlein den leidigen Satan umb
Hülfe anriefe. Nur ein Burſche bei 25 Jahren ſo ich
aber nicht kunnte, blieb wenig Schritte hinter dem Wa¬
gen, bis ſein Vater kam und da er nit mit Gutem wei¬
chen wollte, ihn alſo in den Graben ſtieß, daß er bis
an die Hüften ins Waſſer verſank. Hierüber mußte
ſelbſten mein arm Töchterlein lächeln und fragete mich,
ob ich nicht mehr lateiniſche Lieder wüßte, umb uns das
dumme und unflätige Volk noch ferner vom Leibe zu
halten. Aber, ſage Lieber, wie hätte ich jetzunder la¬
teiniſche Lieder recitiren mügen, ſo ich ſie auch gewußt!
Doch mein Confrater Ehre Martinus wußte annoch
ein ſolches, ſo zwar ein ketzeriſches Lied iſt; doch weil
es meinem Töchterlein über die Maßen gefiel, und er
ihr manchen Verſch an die drei und vier mal vorbeten
mußte, bis ſie ihn nachbeten kunnte, ſagete ich Nichtes.
Sonſt bin ich immer ſehr ſtreng gegen Ketzereien geweſt.

Grün die Wieſen, grün die Saaten, und von Honig
rinnt der Bach,

Das Aroma ſüßer Blumen haucht und duftet tauſendfach.
Blühnde Wälder tragen Aepfel deren Stengel nimmer
bricht.

Und nicht Sonne, Mond noch Sterne wechſeln dorten
mehr ihr Licht.

Denn ihr Licht, das nimmer ſchwindet, iſt des Lammes
Angeſicht.
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[250/0266] Durch dieſen Casus gewunnen wir, daß alles Volk ſich fluchend von dem Wagen verlief und bei einem gu¬ ten Musketenſchuß hinter uns her trottirete, dieweil ſie gläubeten, daß mein Töchterlein den leidigen Satan umb Hülfe anriefe. Nur ein Burſche bei 25 Jahren ſo ich aber nicht kunnte, blieb wenig Schritte hinter dem Wa¬ gen, bis ſein Vater kam und da er nit mit Gutem wei¬ chen wollte, ihn alſo in den Graben ſtieß, daß er bis an die Hüften ins Waſſer verſank. Hierüber mußte ſelbſten mein arm Töchterlein lächeln und fragete mich, ob ich nicht mehr lateiniſche Lieder wüßte, umb uns das dumme und unflätige Volk noch ferner vom Leibe zu halten. Aber, ſage Lieber, wie hätte ich jetzunder la¬ teiniſche Lieder recitiren mügen, ſo ich ſie auch gewußt! Doch mein Confrater Ehre Martinus wußte annoch ein ſolches, ſo zwar ein ketzeriſches Lied iſt; doch weil es meinem Töchterlein über die Maßen gefiel, und er ihr manchen Verſch an die drei und vier mal vorbeten mußte, bis ſie ihn nachbeten kunnte, ſagete ich Nichtes. Sonſt bin ich immer ſehr ſtreng gegen Ketzereien geweſt. **) **) Grün die Wieſen, grün die Saaten, und von Honig rinnt der Bach, Das Aroma ſüßer Blumen haucht und duftet tauſendfach. Blühnde Wälder tragen Aepfel deren Stengel nimmer bricht. Und nicht Sonne, Mond noch Sterne wechſeln dorten mehr ihr Licht. Denn ihr Licht, das nimmer ſchwindet, iſt des Lammes Angeſicht.

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Zitationshilfe: Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/266>, abgerufen am 24.11.2024.