Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

Wir zu Einem hoch-noth-peinlichen Halsgericht
verordnete Amtshaubtmann und Schöppen:

nachdem Maria Schweidlerin des Pastoren zu Co¬
serow Abraham Schweidleri Tochter nach ange¬
stellter Inquisition wiederhohlentlich das gütliche Be¬
känntnüß abgeleget: daß sie einen Teufel habe Di¬
sidaemonia
genennet, der sie in der Sehe umbge¬
taufet und mit dem sie sich fleischlich und unnatür¬
lich vermischet, item daß sie durch selbigen dem Vieh
Schaden zugefüget, er ihr auch auf dem Streckelberg
als ein haarigter Riese erschienen: erkennen und spre¬
chen für Recht: daß Rea ihr zur wohlverdienten Strafe
und Andern zum Exempel billig mit vier glühnden
Zangenrissen an ihren Brüsten zu belegen und nach¬
mals mit dem Feuer vom Leben zum Tode zu brin¬
gen sei. Dieweil wir aber, in Betrachtung ihres
Alters sie mit den Zangenrissen aus Gnaden zu ver¬
schonen gewilliget, als soll sie nur durch die einfache
Feuerstraf vom Leben zum Tode gebracht werden.
Inmaßen sie denn dazu hiemit condemniret und ver¬
urtheilt wird. Von peinlichen Rechts wegen.

Publicatum Pudgla zu Schloß den 30sten men¬
sis Augusti anno salutis
1630 *).

*) Leser, welche mit der abscheulichen Gerechtigkeitspflege
der Zeit nicht bekannt sind, werden sich wundern, über dies
schnelle und eigenmächtige Verfahren. Allein es liegen mir
Original-Hexenprocesse vor, worin ein simpler Notar auf
die Folter wie auf den Tod ohne Weiteres erkannt hat und
16 *

Wir zu Einem hoch-noth-peinlichen Halsgericht
verordnete Amtshaubtmann und Schöppen:

nachdem Maria Schweidlerin des Paſtoren zu Co¬
ſerow Abraham Schweidleri Tochter nach ange¬
ſtellter Inquiſition wiederhohlentlich das gütliche Be¬
känntnüß abgeleget: daß ſie einen Teufel habe Di¬
sidaemonia
genennet, der ſie in der Sehe umbge¬
taufet und mit dem ſie ſich fleiſchlich und unnatür¬
lich vermiſchet, item daß ſie durch ſelbigen dem Vieh
Schaden zugefüget, er ihr auch auf dem Streckelberg
als ein haarigter Rieſe erſchienen: erkennen und ſpre¬
chen für Recht: daß Rea ihr zur wohlverdienten Strafe
und Andern zum Exempel billig mit vier glühnden
Zangenriſſen an ihren Brüſten zu belegen und nach¬
mals mit dem Feuer vom Leben zum Tode zu brin¬
gen ſei. Dieweil wir aber, in Betrachtung ihres
Alters ſie mit den Zangenriſſen aus Gnaden zu ver¬
ſchonen gewilliget, als ſoll ſie nur durch die einfache
Feuerſtraf vom Leben zum Tode gebracht werden.
Inmaßen ſie denn dazu hiemit condemniret und ver¬
urtheilt wird. Von peinlichen Rechts wegen.

Publicatum Pudgla zu Schloß den 30ſten men¬
sis Augusti anno salutis
1630 *).

*) Leſer, welche mit der abſcheulichen Gerechtigkeitspflege
der Zeit nicht bekannt ſind, werden ſich wundern, über dies
ſchnelle und eigenmächtige Verfahren. Allein es liegen mir
Original-Hexenproceſſe vor, worin ein ſimpler Notar auf
die Folter wie auf den Tod ohne Weiteres erkannt hat und
16 *
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0259" n="243"/>
Wir zu Einem hoch-noth-peinlichen Halsgericht<lb/>
verordnete Amtshaubtmann und Schöppen:</p><lb/>
        <p>nachdem Maria Schweidlerin des Pa&#x017F;toren zu Co¬<lb/>
&#x017F;erow <hi rendition="#aq">Abraham Schweidleri</hi> Tochter nach ange¬<lb/>
&#x017F;tellter Inqui&#x017F;ition wiederhohlentlich das gütliche Be¬<lb/>
känntnüß abgeleget: daß &#x017F;ie einen Teufel habe <hi rendition="#aq">Di¬<lb/>
sidaemonia</hi> genennet, der &#x017F;ie in der Sehe umbge¬<lb/>
taufet und mit dem &#x017F;ie &#x017F;ich flei&#x017F;chlich und unnatür¬<lb/>
lich vermi&#x017F;chet, <hi rendition="#aq">item</hi> daß &#x017F;ie durch &#x017F;elbigen dem Vieh<lb/>
Schaden zugefüget, er ihr auch auf dem Streckelberg<lb/>
als ein haarigter Rie&#x017F;e er&#x017F;chienen: erkennen und &#x017F;pre¬<lb/>
chen für Recht: daß <hi rendition="#aq">Rea</hi> ihr zur wohlverdienten Strafe<lb/>
und Andern zum Exempel billig mit vier glühnden<lb/>
Zangenri&#x017F;&#x017F;en an ihren Brü&#x017F;ten zu belegen und nach¬<lb/>
mals mit dem Feuer vom Leben zum Tode zu brin¬<lb/>
gen &#x017F;ei. Dieweil wir aber, in Betrachtung ihres<lb/>
Alters &#x017F;ie mit den Zangenri&#x017F;&#x017F;en aus Gnaden zu ver¬<lb/>
&#x017F;chonen gewilliget, als &#x017F;oll &#x017F;ie nur durch die einfache<lb/>
Feuer&#x017F;traf vom Leben zum Tode gebracht werden.<lb/>
Inmaßen &#x017F;ie denn dazu hiemit condemniret und ver¬<lb/>
urtheilt wird. Von peinlichen Rechts wegen.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#aq">Publicatum</hi> Pudgla zu Schloß den 30&#x017F;ten <hi rendition="#aq">men¬<lb/>
sis Augusti anno salutis</hi> 1630 <note xml:id="note-0259" next="#note-0260" place="foot" n="*)">Le&#x017F;er, welche mit der ab&#x017F;cheulichen Gerechtigkeitspflege<lb/>
der Zeit nicht bekannt &#x017F;ind, werden &#x017F;ich wundern, über dies<lb/>
&#x017F;chnelle und eigenmächtige Verfahren. Allein es liegen mir<lb/>
Original-Hexenproce&#x017F;&#x017F;e vor, worin ein &#x017F;impler Notar auf<lb/>
die Folter wie auf den Tod ohne Weiteres erkannt hat und</note>.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">16 *<lb/></fw>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[243/0259] Wir zu Einem hoch-noth-peinlichen Halsgericht verordnete Amtshaubtmann und Schöppen: nachdem Maria Schweidlerin des Paſtoren zu Co¬ ſerow Abraham Schweidleri Tochter nach ange¬ ſtellter Inquiſition wiederhohlentlich das gütliche Be¬ känntnüß abgeleget: daß ſie einen Teufel habe Di¬ sidaemonia genennet, der ſie in der Sehe umbge¬ taufet und mit dem ſie ſich fleiſchlich und unnatür¬ lich vermiſchet, item daß ſie durch ſelbigen dem Vieh Schaden zugefüget, er ihr auch auf dem Streckelberg als ein haarigter Rieſe erſchienen: erkennen und ſpre¬ chen für Recht: daß Rea ihr zur wohlverdienten Strafe und Andern zum Exempel billig mit vier glühnden Zangenriſſen an ihren Brüſten zu belegen und nach¬ mals mit dem Feuer vom Leben zum Tode zu brin¬ gen ſei. Dieweil wir aber, in Betrachtung ihres Alters ſie mit den Zangenriſſen aus Gnaden zu ver¬ ſchonen gewilliget, als ſoll ſie nur durch die einfache Feuerſtraf vom Leben zum Tode gebracht werden. Inmaßen ſie denn dazu hiemit condemniret und ver¬ urtheilt wird. Von peinlichen Rechts wegen. Publicatum Pudgla zu Schloß den 30ſten men¬ sis Augusti anno salutis 1630 *). *) Leſer, welche mit der abſcheulichen Gerechtigkeitspflege der Zeit nicht bekannt ſind, werden ſich wundern, über dies ſchnelle und eigenmächtige Verfahren. Allein es liegen mir Original-Hexenproceſſe vor, worin ein ſimpler Notar auf die Folter wie auf den Tod ohne Weiteres erkannt hat und 16 *

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/259
Zitationshilfe: Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/259>, abgerufen am 10.05.2024.