Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

die grausamen Richter selbsten schrieen nach, so laut sie
kunnten: "Zeter über die vermaledeyete Hexe!"

Als wir nunmehro ins Zimmer traten, fragete Dn.
Consul
erstlich meinen Herrn Gevatter: ob die Hexe
bei ihrem freiwilligen Bekänntnüß in der Beichte ver¬
blieben, worauf er nach kurzem Besinnen zur Antwort
gab: man müge sie selbsten fragen, da stünde sie ja.
Selbiger sprach also ein Papier in seiner Hand neh¬
mend, so vor ihm auf dem Tische lag: Maria Schweid¬
lerin, nachdem du deine Beichte gethan und das heilige
hochwürdige Sakrament des Abendmahls empfangen, so
gieb mir noch einmal Antwort auf jetzt folgende Fragen:

1) wahr, daß du von dem lebendigen Gott abge¬
fallen und dich dem leidigen Satan ergeben.
2) wahr, daß du einen Geist gehabt, Disidaemonia
genannt, der dich umgetaufet und mit welchem,
du dich unnatürlich vermischet.
3) wahr, daß du dem Vieh allerhand Uebles zugefüget.
4) wahr, daß dir Satanas auf dem Streckelberg
als ein haarigter Riese erschienen? --

Als sie dieses Alles mit vielen Seufzern bejahete,
stund er auf, nahm seinen Stab in eine Hand und ein
zwotes Papier in die andere setzte auch seine Brill auf
die Nasen und sprach: so höre jetzunder dein Urtel:

(Dieses Urtel hab ich mir nachgehends abgeschrie¬
ben; die anderen Acta wollte er mir aber nicht über¬
lassen, sondern gab für, daß sie in Wolgast lägen und
lautete selbiges wörtlich also:)

die grauſamen Richter ſelbſten ſchrieen nach, ſo laut ſie
kunnten: „Zeter über die vermaledeyete Hexe!“

Als wir nunmehro ins Zimmer traten, fragete Dn.
Consul
erſtlich meinen Herrn Gevatter: ob die Hexe
bei ihrem freiwilligen Bekänntnüß in der Beichte ver¬
blieben, worauf er nach kurzem Beſinnen zur Antwort
gab: man müge ſie ſelbſten fragen, da ſtünde ſie ja.
Selbiger ſprach alſo ein Papier in ſeiner Hand neh¬
mend, ſo vor ihm auf dem Tiſche lag: Maria Schweid¬
lerin, nachdem du deine Beichte gethan und das heilige
hochwürdige Sakrament des Abendmahls empfangen, ſo
gieb mir noch einmal Antwort auf jetzt folgende Fragen:

1) wahr, daß du von dem lebendigen Gott abge¬
fallen und dich dem leidigen Satan ergeben.
2) wahr, daß du einen Geiſt gehabt, Disidaemonia
genannt, der dich umgetaufet und mit welchem,
du dich unnatürlich vermiſchet.
3) wahr, daß du dem Vieh allerhand Uebles zugefüget.
4) wahr, daß dir Satanas auf dem Streckelberg
als ein haarigter Rieſe erſchienen? —

Als ſie dieſes Alles mit vielen Seufzern bejahete,
ſtund er auf, nahm ſeinen Stab in eine Hand und ein
zwotes Papier in die andere ſetzte auch ſeine Brill auf
die Naſen und ſprach: ſo höre jetzunder dein Urtel:

(Dieſes Urtel hab ich mir nachgehends abgeſchrie¬
ben; die anderen Acta wollte er mir aber nicht über¬
laſſen, ſondern gab für, daß ſie in Wolgaſt lägen und
lautete ſelbiges wörtlich alſo:)

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0258" n="242"/>
die grau&#x017F;amen Richter &#x017F;elb&#x017F;ten &#x017F;chrieen nach, &#x017F;o laut &#x017F;ie<lb/>
kunnten: &#x201E;Zeter über die vermaledeyete Hexe!&#x201C;</p><lb/>
        <p>Als wir nunmehro ins Zimmer traten, fragete <hi rendition="#aq">Dn.<lb/>
Consul</hi> er&#x017F;tlich meinen Herrn Gevatter: ob die Hexe<lb/>
bei ihrem freiwilligen Bekänntnüß in der Beichte ver¬<lb/>
blieben, worauf er nach kurzem Be&#x017F;innen zur Antwort<lb/>
gab: man müge &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;ten fragen, da &#x017F;tünde &#x017F;ie ja.<lb/>
Selbiger &#x017F;prach al&#x017F;o ein Papier in &#x017F;einer Hand neh¬<lb/>
mend, &#x017F;o vor ihm auf dem Ti&#x017F;che lag: Maria Schweid¬<lb/>
lerin, nachdem du deine Beichte gethan und das heilige<lb/>
hochwürdige Sakrament des Abendmahls empfangen, &#x017F;o<lb/>
gieb mir noch einmal Antwort auf jetzt folgende Fragen:</p><lb/>
        <list>
          <item>1) wahr, daß du von dem lebendigen Gott abge¬<lb/>
fallen und dich dem leidigen Satan ergeben.</item><lb/>
          <item>2) wahr, daß du einen Gei&#x017F;t gehabt, <hi rendition="#aq">Disidaemonia</hi><lb/>
genannt, der dich umgetaufet und mit welchem,<lb/>
du dich unnatürlich vermi&#x017F;chet.</item><lb/>
          <item>3) wahr, daß du dem Vieh allerhand Uebles zugefüget.</item><lb/>
          <item>4) wahr, daß dir Satanas auf dem Streckelberg<lb/>
als ein haarigter Rie&#x017F;e er&#x017F;chienen? &#x2014;<lb/></item>
        </list>
        <p>Als &#x017F;ie die&#x017F;es Alles mit vielen Seufzern bejahete,<lb/>
&#x017F;tund er auf, nahm &#x017F;einen Stab in eine Hand und ein<lb/>
zwotes Papier in die andere &#x017F;etzte auch &#x017F;eine Brill auf<lb/>
die Na&#x017F;en und &#x017F;prach: &#x017F;o höre jetzunder dein Urtel:</p><lb/>
        <p>(Die&#x017F;es Urtel hab ich mir nachgehends abge&#x017F;chrie¬<lb/>
ben; die anderen <hi rendition="#aq">Acta</hi> wollte er mir aber nicht über¬<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;ondern gab für, daß &#x017F;ie in Wolga&#x017F;t lägen und<lb/>
lautete &#x017F;elbiges wörtlich al&#x017F;o:)<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[242/0258] die grauſamen Richter ſelbſten ſchrieen nach, ſo laut ſie kunnten: „Zeter über die vermaledeyete Hexe!“ Als wir nunmehro ins Zimmer traten, fragete Dn. Consul erſtlich meinen Herrn Gevatter: ob die Hexe bei ihrem freiwilligen Bekänntnüß in der Beichte ver¬ blieben, worauf er nach kurzem Beſinnen zur Antwort gab: man müge ſie ſelbſten fragen, da ſtünde ſie ja. Selbiger ſprach alſo ein Papier in ſeiner Hand neh¬ mend, ſo vor ihm auf dem Tiſche lag: Maria Schweid¬ lerin, nachdem du deine Beichte gethan und das heilige hochwürdige Sakrament des Abendmahls empfangen, ſo gieb mir noch einmal Antwort auf jetzt folgende Fragen: 1) wahr, daß du von dem lebendigen Gott abge¬ fallen und dich dem leidigen Satan ergeben. 2) wahr, daß du einen Geiſt gehabt, Disidaemonia genannt, der dich umgetaufet und mit welchem, du dich unnatürlich vermiſchet. 3) wahr, daß du dem Vieh allerhand Uebles zugefüget. 4) wahr, daß dir Satanas auf dem Streckelberg als ein haarigter Rieſe erſchienen? — Als ſie dieſes Alles mit vielen Seufzern bejahete, ſtund er auf, nahm ſeinen Stab in eine Hand und ein zwotes Papier in die andere ſetzte auch ſeine Brill auf die Naſen und ſprach: ſo höre jetzunder dein Urtel: (Dieſes Urtel hab ich mir nachgehends abgeſchrie¬ ben; die anderen Acta wollte er mir aber nicht über¬ laſſen, ſondern gab für, daß ſie in Wolgaſt lägen und lautete ſelbiges wörtlich alſo:)

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/258
Zitationshilfe: Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/258>, abgerufen am 24.11.2024.