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Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843.

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nes in seinen Hosen finden (pfui du Erzbösewicht, daß
du solches von meinem Erlöser geredet!) Hierüber hätte
ihr alter Kerl gemürmelt, und da sie ihme niemalen
recht getrauet, hätte der Geist Dudaim ihn eines Ta¬
ges auf des Amthaubtmanns Befohl durch die Luft ge¬
führet, dieweil ihr Geist Stoffer geheißen, zu schwach
gewest, umb ihn zu tragen. Selbiger Dudaim wäre
auch der Grünspecht gewesen, so mein Töchterlein und
nachgehends den alten Paasschen mit seinem Geschrei
herbeigelocket, umb sie zu verderben. Doch wäre der
Riese so auf dem Streckelberge erschienen kein Teufel
gewest, sondern wie ihr Geist Stoffer gesagt, der Jun¬
ker von Mellenthin selbsten.

Und wäre dies Allens die reine Wahrheit, worauf
sie leben und sterben wölle. Bäte dahero umb Gottes
Willen, ich wölle mich ihrer erbarmen und ihr auf solch
ihr bußfertig Bekenntnüß die Vergebung ihrer Sünden
sprechen und das Nachtmahl reichen, denn ihr Geist
stünde dort am Ofen und lachete wie ein Spitzbube,
daß es nunmehro mit ihr aus wäre. Aber ich gab
zur Antwort: ich wollte ja lieber einer alten Sau das
Nachtmahl geben, denn dir vermaledeyeten Hexen, die
du nicht blos deinen eigenen Ehekerl dem Satanas über¬
geben, besondern auch mich und mein arm Kind mit
Höllenpein zu Tode marterst. Doch ehe sie noch ant¬
worten kunnte, begab es sich, daß ein Wurm bei eines
Fingers Länge, und gelb an seinem Steiß, in die Ge¬
fängnüßthüre gekrochen kam. Als sie solchen sahe, thät

nes in ſeinen Hoſen finden (pfui du Erzböſewicht, daß
du ſolches von meinem Erlöſer geredet!) Hierüber hätte
ihr alter Kerl gemürmelt, und da ſie ihme niemalen
recht getrauet, hätte der Geiſt Dudaim ihn eines Ta¬
ges auf des Amthaubtmanns Befohl durch die Luft ge¬
führet, dieweil ihr Geiſt Stoffer geheißen, zu ſchwach
geweſt, umb ihn zu tragen. Selbiger Dudaim wäre
auch der Grünſpecht geweſen, ſo mein Töchterlein und
nachgehends den alten Paaſschen mit ſeinem Geſchrei
herbeigelocket, umb ſie zu verderben. Doch wäre der
Rieſe ſo auf dem Streckelberge erſchienen kein Teufel
geweſt, ſondern wie ihr Geiſt Stoffer geſagt, der Jun¬
ker von Mellenthin ſelbſten.

Und wäre dies Allens die reine Wahrheit, worauf
ſie leben und ſterben wölle. Bäte dahero umb Gottes
Willen, ich wölle mich ihrer erbarmen und ihr auf ſolch
ihr bußfertig Bekenntnüß die Vergebung ihrer Sünden
ſprechen und das Nachtmahl reichen, denn ihr Geiſt
ſtünde dort am Ofen und lachete wie ein Spitzbube,
daß es nunmehro mit ihr aus wäre. Aber ich gab
zur Antwort: ich wollte ja lieber einer alten Sau das
Nachtmahl geben, denn dir vermaledeyeten Hexen, die
du nicht blos deinen eigenen Ehekerl dem Satanas über¬
geben, beſondern auch mich und mein arm Kind mit
Höllenpein zu Tode marterſt. Doch ehe ſie noch ant¬
worten kunnte, begab es ſich, daß ein Wurm bei eines
Fingers Länge, und gelb an ſeinem Steiß, in die Ge¬
fängnüßthüre gekrochen kam. Als ſie ſolchen ſahe, thät

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[216/0232] nes in ſeinen Hoſen finden (pfui du Erzböſewicht, daß du ſolches von meinem Erlöſer geredet!) Hierüber hätte ihr alter Kerl gemürmelt, und da ſie ihme niemalen recht getrauet, hätte der Geiſt Dudaim ihn eines Ta¬ ges auf des Amthaubtmanns Befohl durch die Luft ge¬ führet, dieweil ihr Geiſt Stoffer geheißen, zu ſchwach geweſt, umb ihn zu tragen. Selbiger Dudaim wäre auch der Grünſpecht geweſen, ſo mein Töchterlein und nachgehends den alten Paaſschen mit ſeinem Geſchrei herbeigelocket, umb ſie zu verderben. Doch wäre der Rieſe ſo auf dem Streckelberge erſchienen kein Teufel geweſt, ſondern wie ihr Geiſt Stoffer geſagt, der Jun¬ ker von Mellenthin ſelbſten. Und wäre dies Allens die reine Wahrheit, worauf ſie leben und ſterben wölle. Bäte dahero umb Gottes Willen, ich wölle mich ihrer erbarmen und ihr auf ſolch ihr bußfertig Bekenntnüß die Vergebung ihrer Sünden ſprechen und das Nachtmahl reichen, denn ihr Geiſt ſtünde dort am Ofen und lachete wie ein Spitzbube, daß es nunmehro mit ihr aus wäre. Aber ich gab zur Antwort: ich wollte ja lieber einer alten Sau das Nachtmahl geben, denn dir vermaledeyeten Hexen, die du nicht blos deinen eigenen Ehekerl dem Satanas über¬ geben, beſondern auch mich und mein arm Kind mit Höllenpein zu Tode marterſt. Doch ehe ſie noch ant¬ worten kunnte, begab es ſich, daß ein Wurm bei eines Fingers Länge, und gelb an ſeinem Steiß, in die Ge¬ fängnüßthüre gekrochen kam. Als ſie ſolchen ſahe, thät

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Zitationshilfe: Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/232>, abgerufen am 07.05.2024.