Hierauf verfärbete sie sich und hielt einen Augen¬ blick inne, gab aber alsobald zur Antwort: daß solches bald des Tages bald in der Nacht beschehen sei.
Q. Warumb sie stöttere, sie sölle nur frei bekennen, daß ihre Straf geringer würd. Ob sie nit den alten Seden dorten dem Satan übergeben, daß er ihn durch die Luft geführet, und nur sein Hirn und Haare noch zum Theil oben in der Eichen geklebet?
R. Sie wisse nit, ob es sein Haar und Hirn ge¬ west, auch nit, wie es dorten hinkommen. Weilen ein Grünspecht eines Morgens so jämmerlich geschrieen, wäre sie an den Baum getreten; item, der alte Paassch, so das Geschrei auch gehöret, wäre ihr alsobald gefolget mit seiner Holzart.
Q. Ob der Grünspecht nit der Teufel gewesen, so den alten Seden selber gehohlet?
R. Das wisse sie nicht. Er müsse aber schon lange todt gewest sein, dieweil das Hirn und Blut so der Junge vom Baum gehohlet, schon betrucknet gewesen.
Q. Wie und wann er denn zu Tode kommen?
R. Das wisse der allmächtige Gott. Es hätte wohl Zutern sein klein Mädchen ausgesaget, daß sie eins Tages als sie Nessel vor das Vieh an Seden seinem Zaun ge¬ pflücket, vernommen, daß der Kerl sein gluderäugigt Weib bedräuet: er wölle es dem Priester sagen, daß sie, wie er nunmehro gewißlich in Erfahrung gezogen, einen Geist habe, worauf der Kerl auch alsbald verschwunden sei.
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Hierauf verfärbete ſie ſich und hielt einen Augen¬ blick inne, gab aber alſobald zur Antwort: daß ſolches bald des Tages bald in der Nacht beſchehen ſei.
Q. Warumb ſie ſtöttere, ſie ſölle nur frei bekennen, daß ihre Straf geringer würd. Ob ſie nit den alten Seden dorten dem Satan übergeben, daß er ihn durch die Luft geführet, und nur ſein Hirn und Haare noch zum Theil oben in der Eichen geklebet?
R. Sie wiſſe nit, ob es ſein Haar und Hirn ge¬ weſt, auch nit, wie es dorten hinkommen. Weilen ein Grünſpecht eines Morgens ſo jämmerlich geſchrieen, wäre ſie an den Baum getreten; item, der alte Paaſsch, ſo das Geſchrei auch gehöret, wäre ihr alſobald gefolget mit ſeiner Holzart.
Q. Ob der Grünſpecht nit der Teufel geweſen, ſo den alten Seden ſelber gehohlet?
R. Das wiſſe ſie nicht. Er müſſe aber ſchon lange todt geweſt ſein, dieweil das Hirn und Blut ſo der Junge vom Baum gehohlet, ſchon betrucknet geweſen.
Q. Wie und wann er denn zu Tode kommen?
R. Das wiſſe der allmächtige Gott. Es hätte wohl Zutern ſein klein Mädchen ausgeſaget, daß ſie eins Tages als ſie Neſſel vor das Vieh an Seden ſeinem Zaun ge¬ pflücket, vernommen, daß der Kerl ſein gluderäugigt Weib bedräuet: er wölle es dem Prieſter ſagen, daß ſie, wie er nunmehro gewißlich in Erfahrung gezogen, einen Geiſt habe, worauf der Kerl auch alsbald verſchwunden ſei.
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Hierauf verfärbete ſie ſich und hielt einen Augen¬
blick inne, gab aber alſobald zur Antwort: daß ſolches
bald des Tages bald in der Nacht beſchehen ſei.
Q. Warumb ſie ſtöttere, ſie ſölle nur frei bekennen,
daß ihre Straf geringer würd. Ob ſie nit den alten
Seden dorten dem Satan übergeben, daß er ihn durch
die Luft geführet, und nur ſein Hirn und Haare noch
zum Theil oben in der Eichen geklebet?
R. Sie wiſſe nit, ob es ſein Haar und Hirn ge¬
weſt, auch nit, wie es dorten hinkommen. Weilen ein
Grünſpecht eines Morgens ſo jämmerlich geſchrieen, wäre
ſie an den Baum getreten; item, der alte Paaſsch, ſo
das Geſchrei auch gehöret, wäre ihr alſobald gefolget
mit ſeiner Holzart.
Q. Ob der Grünſpecht nit der Teufel geweſen, ſo
den alten Seden ſelber gehohlet?
R. Das wiſſe ſie nicht. Er müſſe aber ſchon lange
todt geweſt ſein, dieweil das Hirn und Blut ſo der Junge
vom Baum gehohlet, ſchon betrucknet geweſen.
Q. Wie und wann er denn zu Tode kommen?
R. Das wiſſe der allmächtige Gott. Es hätte wohl
Zutern ſein klein Mädchen ausgeſaget, daß ſie eins Tages
als ſie Neſſel vor das Vieh an Seden ſeinem Zaun ge¬
pflücket, vernommen, daß der Kerl ſein gluderäugigt Weib
bedräuet: er wölle es dem Prieſter ſagen, daß ſie, wie
er nunmehro gewißlich in Erfahrung gezogen, einen Geiſt
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Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/161>, abgerufen am 16.02.2025.
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