und verrecken wölle, und solches ein seltsam Ding wäre, angesehen sie noch vor einer halben Stunden wacker ge¬ fressen. Mein Töchterlein möchte doch hinkommen, und ihr drei Haare aus dem Schweif ziehen und selbige un¬ ter der Stallschwellen verscharren. Denn sie hätten in Erfahrung gebracht, wenn solches eine reine Jungfer thät, würde es besser mit der Kuh. Thät ihnen mein Töch¬ terlein also den Willen, dieweil sie die einige Jungfer im ganzen Dorf war (denn die andern seind noch alle Kinder) und schlug es auch von Stund an, so daß sich männiglich verwunderte. Aber es währete nit lange so kam Witthahnsche ihrem Schwein beim gesunden Fres¬ sen auch was an. Selbige kam also angelauffen: daß mein Töchterlein sich umb Gotts Willen erbarmen und ihrem Schwein auch etwas gebrauchen wölle, da böse Menschen ihme was angethan. Dannenhero erbarmte sie sich auch, und es half alsogleich wie das erste Mal. Doch hatte das Weib, so gravida war, von dem Schrök¬ ken die Kindesnoth überkommen, und wie mein Töchter¬ lein kaum aus dem Stalle ist, geht sie jünsend, und sich an allen Wänden stützend und begreifend in ihre Bude, rufet auch ringsumbher die Weiber zusammen, da die rechte Großmutter wie bemeldet verstorben war und wäh¬ ret es nit lange, so scheußt auch etwas unter ihr zur Erden. Doch als sich die Weiber darnach niederbücken, hebt sich der Teufelsspök, so Flügel gehabt, wie eine Fledermaus, von der Erden, schnurret und burret in der Stuben umbher, und scheußt dann mit großem Rumor
und verrecken wölle, und ſolches ein ſeltſam Ding wäre, angeſehen ſie noch vor einer halben Stunden wacker ge¬ freſſen. Mein Töchterlein möchte doch hinkommen, und ihr drei Haare aus dem Schweif ziehen und ſelbige un¬ ter der Stallſchwellen verſcharren. Denn ſie hätten in Erfahrung gebracht, wenn ſolches eine reine Jungfer thät, würde es beſſer mit der Kuh. Thät ihnen mein Töch¬ terlein alſo den Willen, dieweil ſie die einige Jungfer im ganzen Dorf war (denn die andern ſeind noch alle Kinder) und ſchlug es auch von Stund an, ſo daß ſich männiglich verwunderte. Aber es währete nit lange ſo kam Witthahnſche ihrem Schwein beim geſunden Freſ¬ ſen auch was an. Selbige kam alſo angelauffen: daß mein Töchterlein ſich umb Gotts Willen erbarmen und ihrem Schwein auch etwas gebrauchen wölle, da böſe Menſchen ihme was angethan. Dannenhero erbarmte ſie ſich auch, und es half alſogleich wie das erſte Mal. Doch hatte das Weib, ſo gravida war, von dem Schrök¬ ken die Kindesnoth überkommen, und wie mein Töchter¬ lein kaum aus dem Stalle iſt, geht ſie jünſend, und ſich an allen Wänden ſtützend und begreifend in ihre Bude, rufet auch ringsumbher die Weiber zuſammen, da die rechte Großmutter wie bemeldet verſtorben war und wäh¬ ret es nit lange, ſo ſcheußt auch etwas unter ihr zur Erden. Doch als ſich die Weiber darnach niederbücken, hebt ſich der Teufelsſpök, ſo Flügel gehabt, wie eine Fledermaus, von der Erden, ſchnurret und burret in der Stuben umbher, und ſcheußt dann mit großem Rumor
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0102"n="86"/>
und verrecken wölle, und ſolches ein ſeltſam Ding wäre,<lb/>
angeſehen ſie noch vor einer halben Stunden wacker ge¬<lb/>
freſſen. Mein Töchterlein möchte doch hinkommen, und<lb/>
ihr drei Haare aus dem Schweif ziehen und ſelbige un¬<lb/>
ter der Stallſchwellen verſcharren. Denn ſie hätten in<lb/>
Erfahrung gebracht, wenn ſolches eine reine Jungfer thät,<lb/>
würde es beſſer mit der Kuh. Thät ihnen mein Töch¬<lb/>
terlein alſo den Willen, dieweil ſie die einige Jungfer<lb/>
im ganzen Dorf war (denn die andern ſeind noch alle<lb/>
Kinder) und ſchlug es auch von Stund an, ſo daß ſich<lb/>
männiglich verwunderte. Aber es währete nit lange ſo<lb/>
kam Witthahnſche ihrem Schwein beim geſunden Freſ¬<lb/>ſen auch was an. Selbige kam alſo angelauffen: daß<lb/>
mein Töchterlein ſich umb Gotts Willen erbarmen und<lb/>
ihrem Schwein auch etwas gebrauchen wölle, da böſe<lb/>
Menſchen ihme was angethan. Dannenhero erbarmte<lb/>ſie ſich auch, und es half alſogleich wie das erſte Mal.<lb/>
Doch hatte das Weib, ſo <hirendition="#aq">gravida</hi> war, von dem Schrök¬<lb/>
ken die Kindesnoth überkommen, und wie mein Töchter¬<lb/>
lein kaum aus dem Stalle iſt, geht ſie jünſend, und ſich<lb/>
an allen Wänden ſtützend und begreifend in ihre Bude,<lb/>
rufet auch ringsumbher die Weiber zuſammen, da die<lb/>
rechte Großmutter wie bemeldet verſtorben war und wäh¬<lb/>
ret es nit lange, ſo ſcheußt auch etwas unter ihr zur<lb/>
Erden. Doch als ſich die Weiber darnach niederbücken,<lb/>
hebt ſich der Teufelsſpök, ſo Flügel gehabt, wie eine<lb/>
Fledermaus, von der Erden, ſchnurret und burret in der<lb/>
Stuben umbher, und ſcheußt dann mit großem Rumor<lb/></p></div></body></text></TEI>
[86/0102]
und verrecken wölle, und ſolches ein ſeltſam Ding wäre,
angeſehen ſie noch vor einer halben Stunden wacker ge¬
freſſen. Mein Töchterlein möchte doch hinkommen, und
ihr drei Haare aus dem Schweif ziehen und ſelbige un¬
ter der Stallſchwellen verſcharren. Denn ſie hätten in
Erfahrung gebracht, wenn ſolches eine reine Jungfer thät,
würde es beſſer mit der Kuh. Thät ihnen mein Töch¬
terlein alſo den Willen, dieweil ſie die einige Jungfer
im ganzen Dorf war (denn die andern ſeind noch alle
Kinder) und ſchlug es auch von Stund an, ſo daß ſich
männiglich verwunderte. Aber es währete nit lange ſo
kam Witthahnſche ihrem Schwein beim geſunden Freſ¬
ſen auch was an. Selbige kam alſo angelauffen: daß
mein Töchterlein ſich umb Gotts Willen erbarmen und
ihrem Schwein auch etwas gebrauchen wölle, da böſe
Menſchen ihme was angethan. Dannenhero erbarmte
ſie ſich auch, und es half alſogleich wie das erſte Mal.
Doch hatte das Weib, ſo gravida war, von dem Schrök¬
ken die Kindesnoth überkommen, und wie mein Töchter¬
lein kaum aus dem Stalle iſt, geht ſie jünſend, und ſich
an allen Wänden ſtützend und begreifend in ihre Bude,
rufet auch ringsumbher die Weiber zuſammen, da die
rechte Großmutter wie bemeldet verſtorben war und wäh¬
ret es nit lange, ſo ſcheußt auch etwas unter ihr zur
Erden. Doch als ſich die Weiber darnach niederbücken,
hebt ſich der Teufelsſpök, ſo Flügel gehabt, wie eine
Fledermaus, von der Erden, ſchnurret und burret in der
Stuben umbher, und ſcheußt dann mit großem Rumor
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Meinhold, Wilhelm: Maria Schweidler die Bernsteinhexe. Berlin, 1843, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meinhold_bernsteinhexe_1843/102>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.