§ 62. Internationales und bundesstaatliches Verwaltungsrecht.
Gleichgeartete Gemeinwesen findet der Staat nicht bloß als Selbst- verwaltungskörper unter seiner Rechtsordnung, sondern auch außer- halb derselben, jenseits seiner Grenzen, als andere Staaten. Das Ver- hältnis zu diesen regelt das Völkerrecht und in einem uns besonders nahe angehenden Falle das Verfassungsrecht des Bundesstaates. Das Verwaltungsrecht hat unmittelbar nichts damit zu thun. Aber seiner- seits weist es Rückwirkungen dieser Verhältnisse auf, die der Voll- ständigkeit halber noch zu betrachten sind. Wir fassen sie unter dem Namen internationales und bundesstaatliches Verwaltungsrecht zusammen. Der Übergang zu anderen Rechtsgebieten, den wir darin finden, bildet zugleich den Abschluß unseres Gegenstandes.
I. Unsere Staatsgewalt beansprucht nicht die Staatsgewalt zu sein für die ganze Welt. Es giebt außer ihr noch andere Staats- gewalten, die gleichberechtigt und ebenbürtig auch ihrerseits arbeiten an den Aufgaben der äußerlichen Ordnung der Menschheit. Die Grundlage für die Ausscheidung dessen, was ihr zukommt gegenüber den anderen und was sie wieder als diesen zukommend anerkennt, bildet das Gebiet. Innerhalb ihres Gebietes ist sie Herr, ist sie allein das, was nach dem allgemeinen Begriff Staatsgewalt sein soll. Dem Gebiet ihrer Schwestern erkennt sie für diese die gleiche Be- deutung zu. Es ist eine besonders zu begründende Ausnahme, wenn das Wirken einer fremden Staatsgewalt als rechtlich bedeutsam be- handelt wird auf unserem Gebiet, und umgekehrt beansprucht unser Staat nur ausnahmsweise eine Wirkung seiner Ordnungen in das fremde Gebiet hinein.
Anhang.
§ 62. Internationales und bundesstaatliches Verwaltungsrecht.
Gleichgeartete Gemeinwesen findet der Staat nicht bloß als Selbst- verwaltungskörper unter seiner Rechtsordnung, sondern auch außer- halb derselben, jenseits seiner Grenzen, als andere Staaten. Das Ver- hältnis zu diesen regelt das Völkerrecht und in einem uns besonders nahe angehenden Falle das Verfassungsrecht des Bundesstaates. Das Verwaltungsrecht hat unmittelbar nichts damit zu thun. Aber seiner- seits weist es Rückwirkungen dieser Verhältnisse auf, die der Voll- ständigkeit halber noch zu betrachten sind. Wir fassen sie unter dem Namen internationales und bundesstaatliches Verwaltungsrecht zusammen. Der Übergang zu anderen Rechtsgebieten, den wir darin finden, bildet zugleich den Abschluß unseres Gegenstandes.
I. Unsere Staatsgewalt beansprucht nicht die Staatsgewalt zu sein für die ganze Welt. Es giebt außer ihr noch andere Staats- gewalten, die gleichberechtigt und ebenbürtig auch ihrerseits arbeiten an den Aufgaben der äußerlichen Ordnung der Menschheit. Die Grundlage für die Ausscheidung dessen, was ihr zukommt gegenüber den anderen und was sie wieder als diesen zukommend anerkennt, bildet das Gebiet. Innerhalb ihres Gebietes ist sie Herr, ist sie allein das, was nach dem allgemeinen Begriff Staatsgewalt sein soll. Dem Gebiet ihrer Schwestern erkennt sie für diese die gleiche Be- deutung zu. Es ist eine besonders zu begründende Ausnahme, wenn das Wirken einer fremden Staatsgewalt als rechtlich bedeutsam be- handelt wird auf unserem Gebiet, und umgekehrt beansprucht unser Staat nur ausnahmsweise eine Wirkung seiner Ordnungen in das fremde Gebiet hinein.
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[[453]/0465]
Anhang.
§ 62.
Internationales und bundesstaatliches Verwaltungsrecht.
Gleichgeartete Gemeinwesen findet der Staat nicht bloß als Selbst-
verwaltungskörper unter seiner Rechtsordnung, sondern auch außer-
halb derselben, jenseits seiner Grenzen, als andere Staaten. Das Ver-
hältnis zu diesen regelt das Völkerrecht und in einem uns besonders
nahe angehenden Falle das Verfassungsrecht des Bundesstaates. Das
Verwaltungsrecht hat unmittelbar nichts damit zu thun. Aber seiner-
seits weist es Rückwirkungen dieser Verhältnisse auf, die der Voll-
ständigkeit halber noch zu betrachten sind. Wir fassen sie unter
dem Namen internationales und bundesstaatliches Verwaltungsrecht
zusammen. Der Übergang zu anderen Rechtsgebieten, den wir darin
finden, bildet zugleich den Abschluß unseres Gegenstandes.
I. Unsere Staatsgewalt beansprucht nicht die Staatsgewalt zu
sein für die ganze Welt. Es giebt außer ihr noch andere Staats-
gewalten, die gleichberechtigt und ebenbürtig auch ihrerseits arbeiten
an den Aufgaben der äußerlichen Ordnung der Menschheit. Die
Grundlage für die Ausscheidung dessen, was ihr zukommt gegenüber
den anderen und was sie wieder als diesen zukommend anerkennt,
bildet das Gebiet. Innerhalb ihres Gebietes ist sie Herr, ist sie
allein das, was nach dem allgemeinen Begriff Staatsgewalt sein soll.
Dem Gebiet ihrer Schwestern erkennt sie für diese die gleiche Be-
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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896, S. [453]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht02_1896/465>, abgerufen am 22.11.2024.
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