Sie kann ihren öffentlichen Zweck auch dadurch erfüllen, daß sie dem Publikum, den vielen Einzelnen jedem für sich, Vorteile gewährt und Dienste leistet, wie Schulen, Sparkassen, Krankenhäuser, Post, Eisenbahn. Diese letztere Art hat man vorzugsweise im Auge, wenn man von öffentlichen Anstalten spricht. Das Verhältnis, welches dabei entsteht, zwischen dem Herrn der Anstalt, der den Vorteil ge- währt, und dem Einzelnen, der ihn empfängt, bezeichnen wir vom Standpunkte des Empfangenden aus als das der Anstaltsnutzung. Die rechtliche Ordnung dieses Verhältnisses ist hier in Frage.
I. Die Form, in welcher auf dem Boden der Privatwirtschaft derartige Leistungen dem Empfänger rechtlich vermittelt werden, ist der civilrechtliche Vertrag. Der Unternehmer bietet seine Leistungen aus und stellt die Bedingungen auf, unter welchen sie erfolgen sollen. Die Erklärung des Kunden erfolgt durch Inanspruchnahme der Leistung, die je nachdem nur gültig sein soll unter Vorleistung des Entgeltes. War das Anerbieten des Unternehmers als Vertragsofferte gemeint, so wird der Vertrag durch diese Erklärung fertig; war es nur eine Aufforderung zur Offerte, so entsteht der Vertrag durch die Annahme des Unternehmers, die aber gemeiniglich in Gestalt des Beginns der Leistung erfolgt. Was weiter von beiden Seiten geschieht, fällt unter die Gesichtspunkte der Vertragserfüllung.
Für die öffentliche Anstalt als eine Erscheinung der Thätigkeit der öffentlichen Verwaltung ist diese civilrechtliche Ordnung nicht das Selbstverständliche. Sie hat ihren natürlichen Boden im öffentlichen Recht. Sofern sie auf diesem verbleibt, ist die Form des Vertrags zur rechtlichen Vermittlung der Anstaltsnutzung ausgeschlossen (Bd. I § 11 n. 3). Der Vertrag ist hier aber auch nicht notwendig, um den Unternehmer in Bewegung zu setzen. Die Leistungen der Anstalt ge- schehen im öffentlichen Interesse, das gerade dadurch befriedigt wird, daß sie den vielen Einzelnen zu gute kommen. Sie erhält demgemäß die ganze Ordnung, in der sie arbeitet, selbständig von innen heraus durch die Regeln, die der Unternehmer, der Staat, seiner Thätigkeit, der Thätigkeit seiner Austaltsbeamten giebt. Daß dadurch den Einzelnen die Anstaltsnutzung gesichert, dem Staate wiederum von diesen ein Entgelt verschafft wird, ist Nebenwirkung und äußer- liche Zuthat.
Wir können den nämlichen Gegensatz beobachten an der richter- lichen Thätigkeit, die dem Einzelnen in Civilsachen sein Recht verschaffen soll. Die Rechtsuchenden können, statt an die öffentlichen Gerichte sich zu wenden, einen Schiedsrichter wählen. Das ist
§ 51. Öffentlichrechtliche Anstaltsnutzung.
Sie kann ihren öffentlichen Zweck auch dadurch erfüllen, daß sie dem Publikum, den vielen Einzelnen jedem für sich, Vorteile gewährt und Dienste leistet, wie Schulen, Sparkassen, Krankenhäuser, Post, Eisenbahn. Diese letztere Art hat man vorzugsweise im Auge, wenn man von öffentlichen Anstalten spricht. Das Verhältnis, welches dabei entsteht, zwischen dem Herrn der Anstalt, der den Vorteil ge- währt, und dem Einzelnen, der ihn empfängt, bezeichnen wir vom Standpunkte des Empfangenden aus als das der Anstaltsnutzung. Die rechtliche Ordnung dieses Verhältnisses ist hier in Frage.
I. Die Form, in welcher auf dem Boden der Privatwirtschaft derartige Leistungen dem Empfänger rechtlich vermittelt werden, ist der civilrechtliche Vertrag. Der Unternehmer bietet seine Leistungen aus und stellt die Bedingungen auf, unter welchen sie erfolgen sollen. Die Erklärung des Kunden erfolgt durch Inanspruchnahme der Leistung, die je nachdem nur gültig sein soll unter Vorleistung des Entgeltes. War das Anerbieten des Unternehmers als Vertragsofferte gemeint, so wird der Vertrag durch diese Erklärung fertig; war es nur eine Aufforderung zur Offerte, so entsteht der Vertrag durch die Annahme des Unternehmers, die aber gemeiniglich in Gestalt des Beginns der Leistung erfolgt. Was weiter von beiden Seiten geschieht, fällt unter die Gesichtspunkte der Vertragserfüllung.
Für die öffentliche Anstalt als eine Erscheinung der Thätigkeit der öffentlichen Verwaltung ist diese civilrechtliche Ordnung nicht das Selbstverständliche. Sie hat ihren natürlichen Boden im öffentlichen Recht. Sofern sie auf diesem verbleibt, ist die Form des Vertrags zur rechtlichen Vermittlung der Anstaltsnutzung ausgeschlossen (Bd. I § 11 n. 3). Der Vertrag ist hier aber auch nicht notwendig, um den Unternehmer in Bewegung zu setzen. Die Leistungen der Anstalt ge- schehen im öffentlichen Interesse, das gerade dadurch befriedigt wird, daß sie den vielen Einzelnen zu gute kommen. Sie erhält demgemäß die ganze Ordnung, in der sie arbeitet, selbständig von innen heraus durch die Regeln, die der Unternehmer, der Staat, seiner Thätigkeit, der Thätigkeit seiner Austaltsbeamten giebt. Daß dadurch den Einzelnen die Anstaltsnutzung gesichert, dem Staate wiederum von diesen ein Entgelt verschafft wird, ist Nebenwirkung und äußer- liche Zuthat.
Wir können den nämlichen Gegensatz beobachten an der richter- lichen Thätigkeit, die dem Einzelnen in Civilsachen sein Recht verschaffen soll. Die Rechtsuchenden können, statt an die öffentlichen Gerichte sich zu wenden, einen Schiedsrichter wählen. Das ist
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Sie kann ihren öffentlichen Zweck auch dadurch erfüllen, daß sie
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Post, Eisenbahn. Diese letztere Art hat man vorzugsweise im Auge,
wenn man von öffentlichen Anstalten spricht. Das Verhältnis, welches
dabei entsteht, zwischen dem Herrn der Anstalt, der den Vorteil ge-
währt, und dem Einzelnen, der ihn empfängt, bezeichnen wir vom
Standpunkte des Empfangenden aus als das der Anstaltsnutzung.
Die rechtliche Ordnung dieses Verhältnisses ist hier in Frage.
I. Die Form, in welcher auf dem Boden der Privatwirtschaft
derartige Leistungen dem Empfänger rechtlich vermittelt werden, ist
der civilrechtliche Vertrag. Der Unternehmer bietet seine Leistungen
aus und stellt die Bedingungen auf, unter welchen sie erfolgen sollen.
Die Erklärung des Kunden erfolgt durch Inanspruchnahme der Leistung,
die je nachdem nur gültig sein soll unter Vorleistung des Entgeltes.
War das Anerbieten des Unternehmers als Vertragsofferte gemeint,
so wird der Vertrag durch diese Erklärung fertig; war es nur eine
Aufforderung zur Offerte, so entsteht der Vertrag durch die Annahme
des Unternehmers, die aber gemeiniglich in Gestalt des Beginns der
Leistung erfolgt. Was weiter von beiden Seiten geschieht, fällt unter
die Gesichtspunkte der Vertragserfüllung.
Für die öffentliche Anstalt als eine Erscheinung der Thätigkeit
der öffentlichen Verwaltung ist diese civilrechtliche Ordnung nicht das
Selbstverständliche. Sie hat ihren natürlichen Boden im öffentlichen
Recht. Sofern sie auf diesem verbleibt, ist die Form des Vertrags
zur rechtlichen Vermittlung der Anstaltsnutzung ausgeschlossen (Bd. I
§ 11 n. 3). Der Vertrag ist hier aber auch nicht notwendig, um den
Unternehmer in Bewegung zu setzen. Die Leistungen der Anstalt ge-
schehen im öffentlichen Interesse, das gerade dadurch befriedigt wird,
daß sie den vielen Einzelnen zu gute kommen. Sie erhält demgemäß
die ganze Ordnung, in der sie arbeitet, selbständig von innen
heraus durch die Regeln, die der Unternehmer, der Staat, seiner
Thätigkeit, der Thätigkeit seiner Austaltsbeamten giebt. Daß dadurch
den Einzelnen die Anstaltsnutzung gesichert, dem Staate wiederum
von diesen ein Entgelt verschafft wird, ist Nebenwirkung und äußer-
liche Zuthat.
Wir können den nämlichen Gegensatz beobachten an der richter-
lichen Thätigkeit, die dem Einzelnen in Civilsachen sein Recht
verschaffen soll. Die Rechtsuchenden können, statt an die öffentlichen
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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 2. Leipzig, 1896, S. 319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht02_1896/331>, abgerufen am 24.11.2024.
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