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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895.

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§ 28. Die abgeschwächte Steuerpflicht.

Sie kann aber auch geschehen durch den Nachweis der Ausfuhr
oder auch in mehr oder weniger beschränktem Masse durch den Nach-
weis des Unterganges der Ware6.

Für die Erbringung dieses Nachweises ist eine gewisse Frist ge-
stattet, mit deren Ablauf die Haftpflicht geltend gemacht wird durch
Erhebung des nicht erledigten Zollbetrages, für welchen eingestanden
werden muss7.

Die schwebende Steuerpflicht mit der dazu gehörigen Haftung
findet sich nach diesem Muster auch ausserhalb des Zollrechts viel-
fach verwendet, namentlich in Reichssteuergesetzen. Ihre scharf aus-
geprägten Formen sind jedesmal leicht erkennbar8.

Die Begründung einer schwebenden Steuerpflicht beruht stets
auf gesetzlicher Bestimmung, vollzieht sich aber bald mit dem Willen
des Verpflichteten, bald ohne ihn.

Unabhängig von dem Willen des Verpflichteten wird die schwebende
Steuerpflicht über gewisse Betriebe verhängt, als Sicherungsmittel
für die Steuer, welcher die daraus hervorgehenden Erzeugnisse unter-
liegen. Beispiele unten § 30 Note 12. Eine Erleichterung wäre
das freilich nur zu nennen unter dem Gesichtspunkt, dass sonst die
Entstehung der Steuerpflicht selbst vorgeschoben werden könnte,
auf die Entstehung der Erzeugnisse z. B., anstatt auf ihre Weg-
schaffung.

Nur auf Begehren des Pflichtigen entsteht sie, wird bewilligt,
wenn sie dazu dienen soll, die sonst gesetzmässig sofort schon ent-

6 Durch die grössere oder geringere Strenge der Haftung in diesem Punkte
unterscheiden sich stufenweise: öffentliche Niederlagen, Transit- und Teilungslager
mit amtlichem Mitverschluss und solche ohne amtlichen Mitverschluss; Privatlager-
Regulativ v. 8. Juni 1888 § 4, § 19 (Centr.Bl. 1888 S. 239); Zollges. § 103. Wegen
Gewichtsdifferenzen bei Begleitschein I: Zollges. § 103. -- Vgl. auch Tabaksteuer-
ges. § 9.
7 Man kann die zollfreien Niederlagen, um die Sache anschaulich zu machen
"gewissermassen als Enklaven des Auslandes" bezeichnen (v. Mayr in Wörterbuch
II S. 948). Bei dem plombierten Güterwagen, der auf der Eisenbahn rollt, ver-
sagt das Bild, obwohl er die gleiche Bedeutung hat. Es darf aber auch nicht
übersehen werden, dass die Lagerung im Ausland und auch im fiktiven Ausland
des Freilagers rechtlich nur verneinende Bedeutung hat, die verschobene Steuer-
pflicht dagegen allerdings sofort schon Zurückbehaltungsrechte an der Sache und
vorbereitende Verpflichtungen hervorbringt. Soll der Begriff "Ausland" Zollfreiheit
sagen, so sind die Niederlagen nur "abgeschwächtes Ausland".
8 Salzabgabeges. v. 12. Okt. 1867 § 9; Branntweinsteuerges. v. 24. Juni 1867
§ 11; Tabaksteuerges. v. 16. Juli 1879 § 6, § 21.
§ 28. Die abgeschwächte Steuerpflicht.

Sie kann aber auch geschehen durch den Nachweis der Ausfuhr
oder auch in mehr oder weniger beschränktem Maſse durch den Nach-
weis des Unterganges der Ware6.

Für die Erbringung dieses Nachweises ist eine gewisse Frist ge-
stattet, mit deren Ablauf die Haftpflicht geltend gemacht wird durch
Erhebung des nicht erledigten Zollbetrages, für welchen eingestanden
werden muſs7.

Die schwebende Steuerpflicht mit der dazu gehörigen Haftung
findet sich nach diesem Muster auch auſserhalb des Zollrechts viel-
fach verwendet, namentlich in Reichssteuergesetzen. Ihre scharf aus-
geprägten Formen sind jedesmal leicht erkennbar8.

Die Begründung einer schwebenden Steuerpflicht beruht stets
auf gesetzlicher Bestimmung, vollzieht sich aber bald mit dem Willen
des Verpflichteten, bald ohne ihn.

Unabhängig von dem Willen des Verpflichteten wird die schwebende
Steuerpflicht über gewisse Betriebe verhängt, als Sicherungsmittel
für die Steuer, welcher die daraus hervorgehenden Erzeugnisse unter-
liegen. Beispiele unten § 30 Note 12. Eine Erleichterung wäre
das freilich nur zu nennen unter dem Gesichtspunkt, daſs sonst die
Entstehung der Steuerpflicht selbst vorgeschoben werden könnte,
auf die Entstehung der Erzeugnisse z. B., anstatt auf ihre Weg-
schaffung.

Nur auf Begehren des Pflichtigen entsteht sie, wird bewilligt,
wenn sie dazu dienen soll, die sonst gesetzmäſsig sofort schon ent-

6 Durch die gröſsere oder geringere Strenge der Haftung in diesem Punkte
unterscheiden sich stufenweise: öffentliche Niederlagen, Transit- und Teilungslager
mit amtlichem Mitverschluſs und solche ohne amtlichen Mitverschluſs; Privatlager-
Regulativ v. 8. Juni 1888 § 4, § 19 (Centr.Bl. 1888 S. 239); Zollges. § 103. Wegen
Gewichtsdifferenzen bei Begleitschein I: Zollges. § 103. — Vgl. auch Tabaksteuer-
ges. § 9.
7 Man kann die zollfreien Niederlagen, um die Sache anschaulich zu machen
„gewissermaſsen als Enklaven des Auslandes“ bezeichnen (v. Mayr in Wörterbuch
II S. 948). Bei dem plombierten Güterwagen, der auf der Eisenbahn rollt, ver-
sagt das Bild, obwohl er die gleiche Bedeutung hat. Es darf aber auch nicht
übersehen werden, daſs die Lagerung im Ausland und auch im fiktiven Ausland
des Freilagers rechtlich nur verneinende Bedeutung hat, die verschobene Steuer-
pflicht dagegen allerdings sofort schon Zurückbehaltungsrechte an der Sache und
vorbereitende Verpflichtungen hervorbringt. Soll der Begriff „Ausland“ Zollfreiheit
sagen, so sind die Niederlagen nur „abgeschwächtes Ausland“.
8 Salzabgabeges. v. 12. Okt. 1867 § 9; Branntweinsteuerges. v. 24. Juni 1867
§ 11; Tabaksteuerges. v. 16. Juli 1879 § 6, § 21.
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[409/0429] § 28. Die abgeschwächte Steuerpflicht. Sie kann aber auch geschehen durch den Nachweis der Ausfuhr oder auch in mehr oder weniger beschränktem Maſse durch den Nach- weis des Unterganges der Ware 6. Für die Erbringung dieses Nachweises ist eine gewisse Frist ge- stattet, mit deren Ablauf die Haftpflicht geltend gemacht wird durch Erhebung des nicht erledigten Zollbetrages, für welchen eingestanden werden muſs 7. Die schwebende Steuerpflicht mit der dazu gehörigen Haftung findet sich nach diesem Muster auch auſserhalb des Zollrechts viel- fach verwendet, namentlich in Reichssteuergesetzen. Ihre scharf aus- geprägten Formen sind jedesmal leicht erkennbar 8. Die Begründung einer schwebenden Steuerpflicht beruht stets auf gesetzlicher Bestimmung, vollzieht sich aber bald mit dem Willen des Verpflichteten, bald ohne ihn. Unabhängig von dem Willen des Verpflichteten wird die schwebende Steuerpflicht über gewisse Betriebe verhängt, als Sicherungsmittel für die Steuer, welcher die daraus hervorgehenden Erzeugnisse unter- liegen. Beispiele unten § 30 Note 12. Eine Erleichterung wäre das freilich nur zu nennen unter dem Gesichtspunkt, daſs sonst die Entstehung der Steuerpflicht selbst vorgeschoben werden könnte, auf die Entstehung der Erzeugnisse z. B., anstatt auf ihre Weg- schaffung. Nur auf Begehren des Pflichtigen entsteht sie, wird bewilligt, wenn sie dazu dienen soll, die sonst gesetzmäſsig sofort schon ent- 6 Durch die gröſsere oder geringere Strenge der Haftung in diesem Punkte unterscheiden sich stufenweise: öffentliche Niederlagen, Transit- und Teilungslager mit amtlichem Mitverschluſs und solche ohne amtlichen Mitverschluſs; Privatlager- Regulativ v. 8. Juni 1888 § 4, § 19 (Centr.Bl. 1888 S. 239); Zollges. § 103. Wegen Gewichtsdifferenzen bei Begleitschein I: Zollges. § 103. — Vgl. auch Tabaksteuer- ges. § 9. 7 Man kann die zollfreien Niederlagen, um die Sache anschaulich zu machen „gewissermaſsen als Enklaven des Auslandes“ bezeichnen (v. Mayr in Wörterbuch II S. 948). Bei dem plombierten Güterwagen, der auf der Eisenbahn rollt, ver- sagt das Bild, obwohl er die gleiche Bedeutung hat. Es darf aber auch nicht übersehen werden, daſs die Lagerung im Ausland und auch im fiktiven Ausland des Freilagers rechtlich nur verneinende Bedeutung hat, die verschobene Steuer- pflicht dagegen allerdings sofort schon Zurückbehaltungsrechte an der Sache und vorbereitende Verpflichtungen hervorbringt. Soll der Begriff „Ausland“ Zollfreiheit sagen, so sind die Niederlagen nur „abgeschwächtes Ausland“. 8 Salzabgabeges. v. 12. Okt. 1867 § 9; Branntweinsteuerges. v. 24. Juni 1867 § 11; Tabaksteuerges. v. 16. Juli 1879 § 6, § 21.

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895, S. 409. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht01_1895/429>, abgerufen am 21.05.2024.