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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895.

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Die Polizeigewalt.

Der Soldat wird sich einfach auf seine Dienstinstruktion berufen
oder auf besonderen Befehl eines Vorgesetzten. Der militärische Ge-
horsam versagt ihm alle weitere Prüfung und deckt ihn auch persön-
lich gegen die Folgen. Den Unterthanen gegenüber ist das kein
Rechtstitel. Dienstinstruktion und Dienstbefehl können in dieser Be-
ziehung nichts weiter thun, als die für die Militärgewalt ohnehin vor-
handenen Befugnisse formulieren, anwenden, zuteilen.

Die rechtmässige polizeiliche Thätigkeit des Militärs ist das Er-
gebnis verschiedener Gründe, welche es zu solcher berufen können.
Es lassen sich drei Hauptarten militärischer Gewaltanwendung in
Friedenszeiten unterscheiden.

1. Der ungestörte Gang der öffentlichen Anstalten und
Einrichtungen
ist ein Bestandteil der guten Ordnung des Gemein-
wesens und die Abwehr von Störungen davon durch obrigkeitliche
Gewalt ein Hauptstück der Polizei (vgl. oben § 19, I n. 3). Diese
Abwehr wird in Gestalt des unmittelbaren Zwanges geübt durch das
allgemeine Polizeipersonal, die polizeilichen Vollstreckungsbeamten,
oder auch selbständig durch die geeigneten Unterbeamten und Diener
der betreffenden Anstalt: Wasserbaubeamte, Wegewärter, Gerichts-
unterbeamte, Totengräber u. s. w. Das Recht dazu beruht auf den
Grundsätzen der verwaltungsrechtlichen Selbstverteidi-
gung
(oben § 24, I). Eine derartige Anstalt ist auch das Heer, bei
welchem nur das Besondere obwaltet, dass es die persönlichen Kräfte
zu selbständiger Abwehr überreich und überstark besitzt.

Auf Grund dieses Rechtes schützt das Heer durch seine Mann-
schaften seine Dienstgebäude, Ubungsplätze, Festungswerke und alles,
was dazu gehört, Geräte, Werkzeuge, Waffen, Vorräte und Inventar-
stücke jeder Art, verschossene Munition u. s. w. Schädigungen und
Störungen der Brauchbarkeit werden abgewehrt mit unmittelbarem
Zwang. Alle Formen der Gewaltanwendung mögen dazu dienen. Die
Festnahme der Person des Angreifers kann dabei um der begangenen
strafbaren Handlung willen nach den Regeln der Stf.Pr.O. zulässig
sein, aber auch ohne das dient sie als einfaches Verhinderungsmittel
nach selbstverständlichem Rechte, wie oben (II n. 1) ausgeführt. Und
zwar ist sie hier immer das verhältnismässig gelindere Mittel. Denn
die Erlaubnis zum Gebrauch der Waffe fügt das ausdrückliche Gesetz
noch oben drein hinzu.

In gleicher Weise wird auch der Geschäftsbetrieb der grossen
Heeresanstalt selbst gegen Störungen verteidigt. Dieser Geschäfts-
betrieb hat nicht bloss seine eigenen Räumlichkeiten, sondern ent-
faltet sich auch in Märschen, Aufstellungen, Paraden auf öffentlichen

Die Polizeigewalt.

Der Soldat wird sich einfach auf seine Dienstinstruktion berufen
oder auf besonderen Befehl eines Vorgesetzten. Der militärische Ge-
horsam versagt ihm alle weitere Prüfung und deckt ihn auch persön-
lich gegen die Folgen. Den Unterthanen gegenüber ist das kein
Rechtstitel. Dienstinstruktion und Dienstbefehl können in dieser Be-
ziehung nichts weiter thun, als die für die Militärgewalt ohnehin vor-
handenen Befugnisse formulieren, anwenden, zuteilen.

Die rechtmäſsige polizeiliche Thätigkeit des Militärs ist das Er-
gebnis verschiedener Gründe, welche es zu solcher berufen können.
Es lassen sich drei Hauptarten militärischer Gewaltanwendung in
Friedenszeiten unterscheiden.

1. Der ungestörte Gang der öffentlichen Anstalten und
Einrichtungen
ist ein Bestandteil der guten Ordnung des Gemein-
wesens und die Abwehr von Störungen davon durch obrigkeitliche
Gewalt ein Hauptstück der Polizei (vgl. oben § 19, I n. 3). Diese
Abwehr wird in Gestalt des unmittelbaren Zwanges geübt durch das
allgemeine Polizeipersonal, die polizeilichen Vollstreckungsbeamten,
oder auch selbständig durch die geeigneten Unterbeamten und Diener
der betreffenden Anstalt: Wasserbaubeamte, Wegewärter, Gerichts-
unterbeamte, Totengräber u. s. w. Das Recht dazu beruht auf den
Grundsätzen der verwaltungsrechtlichen Selbstverteidi-
gung
(oben § 24, I). Eine derartige Anstalt ist auch das Heer, bei
welchem nur das Besondere obwaltet, daſs es die persönlichen Kräfte
zu selbständiger Abwehr überreich und überstark besitzt.

Auf Grund dieses Rechtes schützt das Heer durch seine Mann-
schaften seine Dienstgebäude, Ubungsplätze, Festungswerke und alles,
was dazu gehört, Geräte, Werkzeuge, Waffen, Vorräte und Inventar-
stücke jeder Art, verschossene Munition u. s. w. Schädigungen und
Störungen der Brauchbarkeit werden abgewehrt mit unmittelbarem
Zwang. Alle Formen der Gewaltanwendung mögen dazu dienen. Die
Festnahme der Person des Angreifers kann dabei um der begangenen
strafbaren Handlung willen nach den Regeln der Stf.Pr.O. zulässig
sein, aber auch ohne das dient sie als einfaches Verhinderungsmittel
nach selbstverständlichem Rechte, wie oben (II n. 1) ausgeführt. Und
zwar ist sie hier immer das verhältnismäſsig gelindere Mittel. Denn
die Erlaubnis zum Gebrauch der Waffe fügt das ausdrückliche Gesetz
noch oben drein hinzu.

In gleicher Weise wird auch der Geschäftsbetrieb der groſsen
Heeresanstalt selbst gegen Störungen verteidigt. Dieser Geschäfts-
betrieb hat nicht bloſs seine eigenen Räumlichkeiten, sondern ent-
faltet sich auch in Märschen, Aufstellungen, Paraden auf öffentlichen

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[374/0394] Die Polizeigewalt. Der Soldat wird sich einfach auf seine Dienstinstruktion berufen oder auf besonderen Befehl eines Vorgesetzten. Der militärische Ge- horsam versagt ihm alle weitere Prüfung und deckt ihn auch persön- lich gegen die Folgen. Den Unterthanen gegenüber ist das kein Rechtstitel. Dienstinstruktion und Dienstbefehl können in dieser Be- ziehung nichts weiter thun, als die für die Militärgewalt ohnehin vor- handenen Befugnisse formulieren, anwenden, zuteilen. Die rechtmäſsige polizeiliche Thätigkeit des Militärs ist das Er- gebnis verschiedener Gründe, welche es zu solcher berufen können. Es lassen sich drei Hauptarten militärischer Gewaltanwendung in Friedenszeiten unterscheiden. 1. Der ungestörte Gang der öffentlichen Anstalten und Einrichtungen ist ein Bestandteil der guten Ordnung des Gemein- wesens und die Abwehr von Störungen davon durch obrigkeitliche Gewalt ein Hauptstück der Polizei (vgl. oben § 19, I n. 3). Diese Abwehr wird in Gestalt des unmittelbaren Zwanges geübt durch das allgemeine Polizeipersonal, die polizeilichen Vollstreckungsbeamten, oder auch selbständig durch die geeigneten Unterbeamten und Diener der betreffenden Anstalt: Wasserbaubeamte, Wegewärter, Gerichts- unterbeamte, Totengräber u. s. w. Das Recht dazu beruht auf den Grundsätzen der verwaltungsrechtlichen Selbstverteidi- gung (oben § 24, I). Eine derartige Anstalt ist auch das Heer, bei welchem nur das Besondere obwaltet, daſs es die persönlichen Kräfte zu selbständiger Abwehr überreich und überstark besitzt. Auf Grund dieses Rechtes schützt das Heer durch seine Mann- schaften seine Dienstgebäude, Ubungsplätze, Festungswerke und alles, was dazu gehört, Geräte, Werkzeuge, Waffen, Vorräte und Inventar- stücke jeder Art, verschossene Munition u. s. w. Schädigungen und Störungen der Brauchbarkeit werden abgewehrt mit unmittelbarem Zwang. Alle Formen der Gewaltanwendung mögen dazu dienen. Die Festnahme der Person des Angreifers kann dabei um der begangenen strafbaren Handlung willen nach den Regeln der Stf.Pr.O. zulässig sein, aber auch ohne das dient sie als einfaches Verhinderungsmittel nach selbstverständlichem Rechte, wie oben (II n. 1) ausgeführt. Und zwar ist sie hier immer das verhältnismäſsig gelindere Mittel. Denn die Erlaubnis zum Gebrauch der Waffe fügt das ausdrückliche Gesetz noch oben drein hinzu. In gleicher Weise wird auch der Geschäftsbetrieb der groſsen Heeresanstalt selbst gegen Störungen verteidigt. Dieser Geschäfts- betrieb hat nicht bloſs seine eigenen Räumlichkeiten, sondern ent- faltet sich auch in Märschen, Aufstellungen, Paraden auf öffentlichen

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895, S. 374. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht01_1895/394>, abgerufen am 23.12.2024.