Polizeiverordnung überlassen werden (davon unten n. 2). Es giebt hier Polizeistrafgesetze und Polizeiverordnungen, aber keine Polizeistrafverordnungen d. h. solche Verordnungen, welche eine Polizeistrafbestimmung enthielten.
Im Gegensatze dazu ermächtigt das preussische Gesetz über die Polizeiverwaltung vom 11. März 1850 die Behörden, für den ihnen zugewiesenen Kreis polizeilicher Angelegenheiten "Vorschriften zu er- lassen und gegen die Nichtbefolgung derselben Geldstrafen -- bis zu einem näher bestimmten Masse -- anzudrohen". Die Strafbestimmung erscheint also hier mit der Bezeichnung des Thatbestandes in der gemeinsamen Form der Verordnung, deren allgemeine Regeln für Erlass, Verkündung, Nachprüfungsrecht, Aufhebung und Zurücknahme auch für sie anwendbar sind. Neben diesen Polizeistrafverordnungen erscheinen dann auch im preussichen Recht einfache Polizeiverord- nungen, welche für die etwa erforderliche Strafbestimmung an ein Polizeistrafgesetz, namentlich auch an reichsrechtliche Strafgesetze sich anlehnen; dadurch entsteht hier eine verhältnismässig grössere Mannig- faltigkeit1.
2. Der Polizeistrafrechtssatz wendet sich wie jedes Strafgesetz immer in erster Linie an die zur Strafverhängung berufene Behörde: es wird bestimmt, was von ihr aus dem Unterthanen gegenüber ge- schehen soll; die zweiseitige Natur des Rechtssatzes erzeugt dann gleichzeitig auch die entsprechende rechtliche Bestimmtheit des Unter- thanen, wonach er solches von der Behörde zu gewärtigen hat; darüber oben § 7, I.
Ihrer Natur nach ist die Strafsetzung stets ein bedingter Aus- spruch: es soll in dieser Weise gestraft werden, wenn dieses Ver- halten vorliegt.
Die Bezeichnung des Verhaltens, welches die Bedingung erfüllt, kann in der Strafbestimmung selbst enthalten sein: wer dies und jenes thut, soll so und so bestraft werden, lautet die Formel. Sie kann auch selbständig daneben stehen; dann nimmt sie die Gestalt eines Befehls, Verbots oder Gebotes an. Wir erhalten die zwei Sätze: es ist verboten (geboten), dies oder jenes zu thun; und: wer diesem Befehl zuwiderhandelt, wird so und so bestraft. Der erste Satz kann mit dem zweiten in einem Akte verbunden oder auch äusserlich davon
1Rosin, Pol.Verord. S. 52; ders. in Wörterbuch II S. 280; Dufour, Droit adm. I n. 52. -- Es ist unrichtig, wenn man von jeder Polizeiverordnung verlangt, dass sie Befehl und Strafsetzung enthalte, also Polizeistrafverordnung sei. So z. B. Loening, V.R. S. 231; Rosin in Wörterbuch II S. 279; v. Stengel, V.R. S. 175.
Die Polizeigewalt.
Polizeiverordnung überlassen werden (davon unten n. 2). Es giebt hier Polizeistrafgesetze und Polizeiverordnungen, aber keine Polizeistrafverordnungen d. h. solche Verordnungen, welche eine Polizeistrafbestimmung enthielten.
Im Gegensatze dazu ermächtigt das preuſsische Gesetz über die Polizeiverwaltung vom 11. März 1850 die Behörden, für den ihnen zugewiesenen Kreis polizeilicher Angelegenheiten „Vorschriften zu er- lassen und gegen die Nichtbefolgung derselben Geldstrafen — bis zu einem näher bestimmten Maſse — anzudrohen“. Die Strafbestimmung erscheint also hier mit der Bezeichnung des Thatbestandes in der gemeinsamen Form der Verordnung, deren allgemeine Regeln für Erlaſs, Verkündung, Nachprüfungsrecht, Aufhebung und Zurücknahme auch für sie anwendbar sind. Neben diesen Polizeistrafverordnungen erscheinen dann auch im preuſsichen Recht einfache Polizeiverord- nungen, welche für die etwa erforderliche Strafbestimmung an ein Polizeistrafgesetz, namentlich auch an reichsrechtliche Strafgesetze sich anlehnen; dadurch entsteht hier eine verhältnismäſsig gröſsere Mannig- faltigkeit1.
2. Der Polizeistrafrechtssatz wendet sich wie jedes Strafgesetz immer in erster Linie an die zur Strafverhängung berufene Behörde: es wird bestimmt, was von ihr aus dem Unterthanen gegenüber ge- schehen soll; die zweiseitige Natur des Rechtssatzes erzeugt dann gleichzeitig auch die entsprechende rechtliche Bestimmtheit des Unter- thanen, wonach er solches von der Behörde zu gewärtigen hat; darüber oben § 7, I.
Ihrer Natur nach ist die Strafsetzung stets ein bedingter Aus- spruch: es soll in dieser Weise gestraft werden, wenn dieses Ver- halten vorliegt.
Die Bezeichnung des Verhaltens, welches die Bedingung erfüllt, kann in der Strafbestimmung selbst enthalten sein: wer dies und jenes thut, soll so und so bestraft werden, lautet die Formel. Sie kann auch selbständig daneben stehen; dann nimmt sie die Gestalt eines Befehls, Verbots oder Gebotes an. Wir erhalten die zwei Sätze: es ist verboten (geboten), dies oder jenes zu thun; und: wer diesem Befehl zuwiderhandelt, wird so und so bestraft. Der erste Satz kann mit dem zweiten in einem Akte verbunden oder auch äuſserlich davon
1Rosin, Pol.Verord. S. 52; ders. in Wörterbuch II S. 280; Dufour, Droit adm. I n. 52. — Es ist unrichtig, wenn man von jeder Polizeiverordnung verlangt, daſs sie Befehl und Strafsetzung enthalte, also Polizeistrafverordnung sei. So z. B. Loening, V.R. S. 231; Rosin in Wörterbuch II S. 279; v. Stengel, V.R. S. 175.
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Die Polizeigewalt.
Polizeiverordnung überlassen werden (davon unten n. 2). Es giebt
hier Polizeistrafgesetze und Polizeiverordnungen, aber
keine Polizeistrafverordnungen d. h. solche Verordnungen,
welche eine Polizeistrafbestimmung enthielten.
Im Gegensatze dazu ermächtigt das preuſsische Gesetz über die
Polizeiverwaltung vom 11. März 1850 die Behörden, für den ihnen
zugewiesenen Kreis polizeilicher Angelegenheiten „Vorschriften zu er-
lassen und gegen die Nichtbefolgung derselben Geldstrafen — bis zu
einem näher bestimmten Maſse — anzudrohen“. Die Strafbestimmung
erscheint also hier mit der Bezeichnung des Thatbestandes in der
gemeinsamen Form der Verordnung, deren allgemeine Regeln für Erlaſs,
Verkündung, Nachprüfungsrecht, Aufhebung und Zurücknahme auch für
sie anwendbar sind. Neben diesen Polizeistrafverordnungen
erscheinen dann auch im preuſsichen Recht einfache Polizeiverord-
nungen, welche für die etwa erforderliche Strafbestimmung an ein
Polizeistrafgesetz, namentlich auch an reichsrechtliche Strafgesetze sich
anlehnen; dadurch entsteht hier eine verhältnismäſsig gröſsere Mannig-
faltigkeit 1.
2. Der Polizeistrafrechtssatz wendet sich wie jedes Strafgesetz
immer in erster Linie an die zur Strafverhängung berufene Behörde:
es wird bestimmt, was von ihr aus dem Unterthanen gegenüber ge-
schehen soll; die zweiseitige Natur des Rechtssatzes erzeugt dann
gleichzeitig auch die entsprechende rechtliche Bestimmtheit des Unter-
thanen, wonach er solches von der Behörde zu gewärtigen hat;
darüber oben § 7, I.
Ihrer Natur nach ist die Strafsetzung stets ein bedingter Aus-
spruch: es soll in dieser Weise gestraft werden, wenn dieses Ver-
halten vorliegt.
Die Bezeichnung des Verhaltens, welches die Bedingung erfüllt,
kann in der Strafbestimmung selbst enthalten sein: wer dies und
jenes thut, soll so und so bestraft werden, lautet die Formel. Sie
kann auch selbständig daneben stehen; dann nimmt sie die Gestalt
eines Befehls, Verbots oder Gebotes an. Wir erhalten die zwei Sätze:
es ist verboten (geboten), dies oder jenes zu thun; und: wer diesem
Befehl zuwiderhandelt, wird so und so bestraft. Der erste Satz kann
mit dem zweiten in einem Akte verbunden oder auch äuſserlich davon
1 Rosin, Pol.Verord. S. 52; ders. in Wörterbuch II S. 280; Dufour, Droit
adm. I n. 52. — Es ist unrichtig, wenn man von jeder Polizeiverordnung verlangt,
daſs sie Befehl und Strafsetzung enthalte, also Polizeistrafverordnung sei. So z. B.
Loening, V.R. S. 231; Rosin in Wörterbuch II S. 279; v. Stengel, V.R. S. 175.
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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht01_1895/328>, abgerufen am 22.07.2024.
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