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Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895.

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Die Polizeigewalt.

Der Polizeibefehl folgt hier nur einem Grundsatze des öffent-
lichen Rechtes, der auf einem viel umfassenderen Gebiete zur An-
wendung kommt (oben § 8 Note 7): jeder Akt der öffentlichen Ge-
walt, sobald er mit dem Anspruch auf Rechtswirksamkeit nach aussen
auftritt, enthält zugleich die Feststellung und Bezeugung
seiner Rechtsgültigkeit
. Die civilrechtliche Willenserklärung
ist dazu ausser stande; die obrigkeitliche Willensäusserung im Polizei-
staate hat es nicht nötig. Sobald aber die staatliche Willensäusserung
für ihre Rechtsgültigkeit an Voraussetzungen geknüpft ist, erscheint
sie auch nur mit der Feststellung, dass diese Voraussetzungen vor-
handen seien, und die Kundgabe der Willenserklärung enthält von
selbst die Bezeugung. Der Schluss ist einfach der: die Obrigkeit
würde den Willen nicht äussern, wenn sie ihn nicht für rechtmässig
hielte, also behauptet sie durch die Kundgabe seine Gültigkeit; diese
Behauptung ist aber keine Privatmeinung, sondern selbst ein Akt
obrigkeitlicher Natur und als solcher bindend und massgebend17.

Die Zuständigkeit zur Nachprüfung kann den ganzen Akt er-
fassen, dann führt sie gegebenenfalls zu seiner Aufhebung (oben
§ 12 ff.); sie kann aber auch nur auf eine bestimmte Wirkung sich
beziehen, über welche der Nachprüfende entscheiden soll; dann wird
ihm diese im Falle der Ungültigkeit versagt werden können. Den
Hauptfall bildet die Versagung der Straffolge durch das Polizeistraf-
gericht (oben § 16, III und unten § 22, III).

prüfung entzogen, und materiellen Voraussetzungen, also insbesondere der Frage
der ausreichenden gesetzlichen Grundlage, die stets nachzuprüfen wären. Dagegen
mit Recht Jellinek, Ges. u. Verord. S. 394 Note 43. Es kann sich auch bei der
Verordnung zunächst nur um die Frage handeln, "ob die Behörde an sich zum
Erlass solcher Verordnungen ermächtigt ist." Ist diese bejaht, so kommt es darauf
an, inwieweit Zuständigkeiten zur genaueren Nachprüfung der Rechtsgültigkeit ge-
ordnet sind. "Notwendig" ist in dieser letzteren Beziehung nichts.
17 Dieses Rechtsinstitut der Gültigkeitsbezeugung des obrigkeitlichen Aktes hat
seine Darstellung vornehmlich gefunden in der Lehre vom Gesetz. Wer verfassungsmässig
das Gesetz kundgiebt, ist zugleich berufen, das Vorhandensein der Voraussetzungen
seines gültigen Zustandekommens zu bezeugen und thut das von selbst durch die
Kundgabe, zu der er schreitet. Das ist die rechtliche Bedeutung der Promulgation,
Ausfertigung oder wie mans nennen mag; Laband St.R. I S. 522 ff., S. 549 ff.
Die gleiche Fähigkeit und Willensmeinung liegt aber auch bei der Kundgabe der
Verordnung vor; es ist eine willkürliche Einschränkung, wenn Laband a. a. O.
S. 609 annimmt, es solle nur "die Ordnungsmässigkeit des formellen Verfahrens au-
thentisch bekundet" werden. Der Verordnende sagt einfach: dies ist eine gültige
Verordnung, ohne zu scheiden. Dass dann die von ihm bei der Verfügung be-
obachteten Erscheinungen (a. a. O. S. 695 Note 1) mit demselben Rechtsinstitut
zusammenhängen, hat Laband überhaupt nicht mehr beachtet.
Die Polizeigewalt.

Der Polizeibefehl folgt hier nur einem Grundsatze des öffent-
lichen Rechtes, der auf einem viel umfassenderen Gebiete zur An-
wendung kommt (oben § 8 Note 7): jeder Akt der öffentlichen Ge-
walt, sobald er mit dem Anspruch auf Rechtswirksamkeit nach auſsen
auftritt, enthält zugleich die Feststellung und Bezeugung
seiner Rechtsgültigkeit
. Die civilrechtliche Willenserklärung
ist dazu auſser stande; die obrigkeitliche Willensäuſserung im Polizei-
staate hat es nicht nötig. Sobald aber die staatliche Willensäuſserung
für ihre Rechtsgültigkeit an Voraussetzungen geknüpft ist, erscheint
sie auch nur mit der Feststellung, daſs diese Voraussetzungen vor-
handen seien, und die Kundgabe der Willenserklärung enthält von
selbst die Bezeugung. Der Schluſs ist einfach der: die Obrigkeit
würde den Willen nicht äuſsern, wenn sie ihn nicht für rechtmäſsig
hielte, also behauptet sie durch die Kundgabe seine Gültigkeit; diese
Behauptung ist aber keine Privatmeinung, sondern selbst ein Akt
obrigkeitlicher Natur und als solcher bindend und maſsgebend17.

Die Zuständigkeit zur Nachprüfung kann den ganzen Akt er-
fassen, dann führt sie gegebenenfalls zu seiner Aufhebung (oben
§ 12 ff.); sie kann aber auch nur auf eine bestimmte Wirkung sich
beziehen, über welche der Nachprüfende entscheiden soll; dann wird
ihm diese im Falle der Ungültigkeit versagt werden können. Den
Hauptfall bildet die Versagung der Straffolge durch das Polizeistraf-
gericht (oben § 16, III und unten § 22, III).

prüfung entzogen, und materiellen Voraussetzungen, also insbesondere der Frage
der ausreichenden gesetzlichen Grundlage, die stets nachzuprüfen wären. Dagegen
mit Recht Jellinek, Ges. u. Verord. S. 394 Note 43. Es kann sich auch bei der
Verordnung zunächst nur um die Frage handeln, „ob die Behörde an sich zum
Erlaſs solcher Verordnungen ermächtigt ist.“ Ist diese bejaht, so kommt es darauf
an, inwieweit Zuständigkeiten zur genaueren Nachprüfung der Rechtsgültigkeit ge-
ordnet sind. „Notwendig“ ist in dieser letzteren Beziehung nichts.
17 Dieses Rechtsinstitut der Gültigkeitsbezeugung des obrigkeitlichen Aktes hat
seine Darstellung vornehmlich gefunden in der Lehre vom Gesetz. Wer verfassungsmäſsig
das Gesetz kundgiebt, ist zugleich berufen, das Vorhandensein der Voraussetzungen
seines gültigen Zustandekommens zu bezeugen und thut das von selbst durch die
Kundgabe, zu der er schreitet. Das ist die rechtliche Bedeutung der Promulgation,
Ausfertigung oder wie mans nennen mag; Laband St.R. I S. 522 ff., S. 549 ff.
Die gleiche Fähigkeit und Willensmeinung liegt aber auch bei der Kundgabe der
Verordnung vor; es ist eine willkürliche Einschränkung, wenn Laband a. a. O.
S. 609 annimmt, es solle nur „die Ordnungsmäſsigkeit des formellen Verfahrens au-
thentisch bekundet“ werden. Der Verordnende sagt einfach: dies ist eine gültige
Verordnung, ohne zu scheiden. Daſs dann die von ihm bei der Verfügung be-
obachteten Erscheinungen (a. a. O. S. 695 Note 1) mit demselben Rechtsinstitut
zusammenhängen, hat Laband überhaupt nicht mehr beachtet.
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[282/0302] Die Polizeigewalt. Der Polizeibefehl folgt hier nur einem Grundsatze des öffent- lichen Rechtes, der auf einem viel umfassenderen Gebiete zur An- wendung kommt (oben § 8 Note 7): jeder Akt der öffentlichen Ge- walt, sobald er mit dem Anspruch auf Rechtswirksamkeit nach auſsen auftritt, enthält zugleich die Feststellung und Bezeugung seiner Rechtsgültigkeit. Die civilrechtliche Willenserklärung ist dazu auſser stande; die obrigkeitliche Willensäuſserung im Polizei- staate hat es nicht nötig. Sobald aber die staatliche Willensäuſserung für ihre Rechtsgültigkeit an Voraussetzungen geknüpft ist, erscheint sie auch nur mit der Feststellung, daſs diese Voraussetzungen vor- handen seien, und die Kundgabe der Willenserklärung enthält von selbst die Bezeugung. Der Schluſs ist einfach der: die Obrigkeit würde den Willen nicht äuſsern, wenn sie ihn nicht für rechtmäſsig hielte, also behauptet sie durch die Kundgabe seine Gültigkeit; diese Behauptung ist aber keine Privatmeinung, sondern selbst ein Akt obrigkeitlicher Natur und als solcher bindend und maſsgebend 17. Die Zuständigkeit zur Nachprüfung kann den ganzen Akt er- fassen, dann führt sie gegebenenfalls zu seiner Aufhebung (oben § 12 ff.); sie kann aber auch nur auf eine bestimmte Wirkung sich beziehen, über welche der Nachprüfende entscheiden soll; dann wird ihm diese im Falle der Ungültigkeit versagt werden können. Den Hauptfall bildet die Versagung der Straffolge durch das Polizeistraf- gericht (oben § 16, III und unten § 22, III). 16 17 Dieses Rechtsinstitut der Gültigkeitsbezeugung des obrigkeitlichen Aktes hat seine Darstellung vornehmlich gefunden in der Lehre vom Gesetz. Wer verfassungsmäſsig das Gesetz kundgiebt, ist zugleich berufen, das Vorhandensein der Voraussetzungen seines gültigen Zustandekommens zu bezeugen und thut das von selbst durch die Kundgabe, zu der er schreitet. Das ist die rechtliche Bedeutung der Promulgation, Ausfertigung oder wie mans nennen mag; Laband St.R. I S. 522 ff., S. 549 ff. Die gleiche Fähigkeit und Willensmeinung liegt aber auch bei der Kundgabe der Verordnung vor; es ist eine willkürliche Einschränkung, wenn Laband a. a. O. S. 609 annimmt, es solle nur „die Ordnungsmäſsigkeit des formellen Verfahrens au- thentisch bekundet“ werden. Der Verordnende sagt einfach: dies ist eine gültige Verordnung, ohne zu scheiden. Daſs dann die von ihm bei der Verfügung be- obachteten Erscheinungen (a. a. O. S. 695 Note 1) mit demselben Rechtsinstitut zusammenhängen, hat Laband überhaupt nicht mehr beachtet. 16 prüfung entzogen, und materiellen Voraussetzungen, also insbesondere der Frage der ausreichenden gesetzlichen Grundlage, die stets nachzuprüfen wären. Dagegen mit Recht Jellinek, Ges. u. Verord. S. 394 Note 43. Es kann sich auch bei der Verordnung zunächst nur um die Frage handeln, „ob die Behörde an sich zum Erlaſs solcher Verordnungen ermächtigt ist.“ Ist diese bejaht, so kommt es darauf an, inwieweit Zuständigkeiten zur genaueren Nachprüfung der Rechtsgültigkeit ge- ordnet sind. „Notwendig“ ist in dieser letzteren Beziehung nichts.

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Zitationshilfe: Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_verwaltungsrecht01_1895/302>, abgerufen am 22.11.2024.