Mayer, Otto: Deutsches Verwaltungsrecht. Bd. 1. Leipzig, 1895.§ 9. Öffentliche Rechte. Dinglicher Art dagegen wird das Recht, wenn die öffentliche Gewalteine bestimmte körperliche Sache ergreift, ganz oder teilweise, um von da aus in die ihr eigentümlichen Verhältnisse zu den Unterthanen zu treten mit öffentlichem Eigentum und anderen Arten von ding- lichen öffentlichen Rechten. Allein auch diese Dinge sind doch, genau genommen, nichts Es kommt auch thatsächlich nichts dabei heraus, wenn man diese Nur in einer Beziehung ist es als rechtlich bedeutsam zu er- 16 Über diese Umwandlungen siehe unten in der Lehre vom öffentlichen
Eigentum und von den öffentlichen Grunddienstbarkeiten. Forderungsrechte des Staates können insbesondere dadurch ihrer öffentlichrechtlichen Natur verlustig gehen, dass sie im Ausland zur Geltung zu bringen sind. Gerber, Öff. Rechte S. 44, bringt dafür das Beispiel der nachträglichen Einziehung von Steuern in einem ab- getretenen Gebiete, wobei das Recht darauf "nicht mehr als staatsrechtliches, sondern lediglich als privatrechtliches betrachtet werden konnte". § 9. Öffentliche Rechte. Dinglicher Art dagegen wird das Recht, wenn die öffentliche Gewalteine bestimmte körperliche Sache ergreift, ganz oder teilweise, um von da aus in die ihr eigentümlichen Verhältnisse zu den Unterthanen zu treten mit öffentlichem Eigentum und anderen Arten von ding- lichen öffentlichen Rechten. Allein auch diese Dinge sind doch, genau genommen, nichts Es kommt auch thatsächlich nichts dabei heraus, wenn man diese Nur in einer Beziehung ist es als rechtlich bedeutsam zu er- 16 Über diese Umwandlungen siehe unten in der Lehre vom öffentlichen
Eigentum und von den öffentlichen Grunddienstbarkeiten. Forderungsrechte des Staates können insbesondere dadurch ihrer öffentlichrechtlichen Natur verlustig gehen, daſs sie im Ausland zur Geltung zu bringen sind. Gerber, Öff. Rechte S. 44, bringt dafür das Beispiel der nachträglichen Einziehung von Steuern in einem ab- getretenen Gebiete, wobei das Recht darauf „nicht mehr als staatsrechtliches, sondern lediglich als privatrechtliches betrachtet werden konnte“. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0131" n="111"/><fw place="top" type="header">§ 9. Öffentliche Rechte.</fw><lb/> Dinglicher Art dagegen wird das Recht, wenn die öffentliche Gewalt<lb/> eine bestimmte körperliche Sache ergreift, ganz oder teilweise, um<lb/> von da aus in die ihr eigentümlichen Verhältnisse zu den Unterthanen<lb/> zu treten mit öffentlichem Eigentum und anderen Arten von ding-<lb/> lichen öffentlichen Rechten.</p><lb/> <p>Allein auch diese Dinge sind doch, genau genommen, nichts<lb/> anderes als Einzelerscheinungen der groſsen allgemeinen Herrscher-<lb/> macht des Staates und als solche keine besonderen Rechte, die diesem<lb/> zustünden; das wird gerade für diejenigen am klarsten sein müssen,<lb/> welche jene Herrschermacht selbst schon als ein Recht des Staates<lb/> bezeichneten: die Geltendmachung dieses Rechtes ist natürlich nicht<lb/> selbst wieder ein Recht.</p><lb/> <p>Es kommt auch thatsächlich nichts dabei heraus, wenn man diese<lb/> einzelnen Äuſserungen der öffentlichen Gewalt des Staates als Rechte<lb/> bezeichnet; sie gewinnen dadurch nichts und unterliegen deshalb<lb/> keiner neuen Beurteilung.</p><lb/> <p>Nur in einer Beziehung ist es als rechtlich bedeutsam zu er-<lb/> kennen, daſs die rechtliche Macht des Staates zu diesem Grade von<lb/> Bestimmtheit der Wirkung, von „Individualisierung“ sich verdichtet<lb/> hat. Darin nämlich, daſs diese sogenannten öffentlichen Rechte des<lb/> Staates <hi rendition="#g">übergehen</hi> können in civilrechtliche Rechte. Es ist denk-<lb/> bar, daſs der Staat mit einem derartigen abgegrenzten Machtkreis<lb/> heraustritt aus den Bedingungen des hoheitlichen Überordnungs-<lb/> verhältnisses, unter welchen er entstanden war, und ihn fortan be-<lb/> hauptet und geltend macht auf dem Boden der Gleichheit im Ver-<lb/> hältnis zu anderen. Da verwandelt sich dieses Stück Machtäuſserung<lb/> in das entsprechende subjektive Recht civilrechtlicher Natur. Das<lb/> eigenartige Herrschaftsverhältnis, welches wir als öffentliches Eigen-<lb/> tum bezeichnen, wird nach Auflassung der Straſse, des Festungswerkes<lb/> civilrechtliches Eigentum an diesem Grundstück. Die öffentlichrecht-<lb/> liche Steuerforderung wird im Konkurs des Schuldners den Konkurs-<lb/> gläubigern gegenüber nach civilrechtlichen Regeln wie eine civilrecht-<lb/> liche Forderung behandelt und zur Geltung gebracht. Es entstehen<lb/> civilrechtliche Ansprüche aus der Umwandlung der öffentlichrecht-<lb/> lichen<note place="foot" n="16">Über diese Umwandlungen siehe unten in der Lehre vom öffentlichen<lb/> Eigentum und von den öffentlichen Grunddienstbarkeiten. Forderungsrechte des<lb/> Staates können insbesondere dadurch ihrer öffentlichrechtlichen Natur verlustig gehen,<lb/> daſs sie im Ausland zur Geltung zu bringen sind. <hi rendition="#g">Gerber,</hi> Öff. Rechte S. 44,<lb/> bringt dafür das Beispiel der nachträglichen Einziehung von Steuern in einem ab-<lb/> getretenen Gebiete, wobei das Recht darauf „nicht mehr als staatsrechtliches, sondern<lb/> lediglich als privatrechtliches betrachtet werden konnte“.</note>.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [111/0131]
§ 9. Öffentliche Rechte.
Dinglicher Art dagegen wird das Recht, wenn die öffentliche Gewalt
eine bestimmte körperliche Sache ergreift, ganz oder teilweise, um
von da aus in die ihr eigentümlichen Verhältnisse zu den Unterthanen
zu treten mit öffentlichem Eigentum und anderen Arten von ding-
lichen öffentlichen Rechten.
Allein auch diese Dinge sind doch, genau genommen, nichts
anderes als Einzelerscheinungen der groſsen allgemeinen Herrscher-
macht des Staates und als solche keine besonderen Rechte, die diesem
zustünden; das wird gerade für diejenigen am klarsten sein müssen,
welche jene Herrschermacht selbst schon als ein Recht des Staates
bezeichneten: die Geltendmachung dieses Rechtes ist natürlich nicht
selbst wieder ein Recht.
Es kommt auch thatsächlich nichts dabei heraus, wenn man diese
einzelnen Äuſserungen der öffentlichen Gewalt des Staates als Rechte
bezeichnet; sie gewinnen dadurch nichts und unterliegen deshalb
keiner neuen Beurteilung.
Nur in einer Beziehung ist es als rechtlich bedeutsam zu er-
kennen, daſs die rechtliche Macht des Staates zu diesem Grade von
Bestimmtheit der Wirkung, von „Individualisierung“ sich verdichtet
hat. Darin nämlich, daſs diese sogenannten öffentlichen Rechte des
Staates übergehen können in civilrechtliche Rechte. Es ist denk-
bar, daſs der Staat mit einem derartigen abgegrenzten Machtkreis
heraustritt aus den Bedingungen des hoheitlichen Überordnungs-
verhältnisses, unter welchen er entstanden war, und ihn fortan be-
hauptet und geltend macht auf dem Boden der Gleichheit im Ver-
hältnis zu anderen. Da verwandelt sich dieses Stück Machtäuſserung
in das entsprechende subjektive Recht civilrechtlicher Natur. Das
eigenartige Herrschaftsverhältnis, welches wir als öffentliches Eigen-
tum bezeichnen, wird nach Auflassung der Straſse, des Festungswerkes
civilrechtliches Eigentum an diesem Grundstück. Die öffentlichrecht-
liche Steuerforderung wird im Konkurs des Schuldners den Konkurs-
gläubigern gegenüber nach civilrechtlichen Regeln wie eine civilrecht-
liche Forderung behandelt und zur Geltung gebracht. Es entstehen
civilrechtliche Ansprüche aus der Umwandlung der öffentlichrecht-
lichen 16.
16 Über diese Umwandlungen siehe unten in der Lehre vom öffentlichen
Eigentum und von den öffentlichen Grunddienstbarkeiten. Forderungsrechte des
Staates können insbesondere dadurch ihrer öffentlichrechtlichen Natur verlustig gehen,
daſs sie im Ausland zur Geltung zu bringen sind. Gerber, Öff. Rechte S. 44,
bringt dafür das Beispiel der nachträglichen Einziehung von Steuern in einem ab-
getretenen Gebiete, wobei das Recht darauf „nicht mehr als staatsrechtliches, sondern
lediglich als privatrechtliches betrachtet werden konnte“.
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