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Mayer, Adolf: Das Düngerkapital und der Raubbau. Heidelberg, 1869.

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Folgerungen.
dieses Kapitals aus dem Lande mit dem bis dahin sehr intensiven
Betrieb in das andere Land, das bis dahin nur extensiv bewirth-
schaftet werden konnte.

Eine solche Wanderung wäre also jetzt etwa zu erwarten von
den Getreidefeldern der Rheingegenden nach Ungarn, findet aber
in diesem speciellen Fall und ganz gewöhnlich deßhalb nicht statt,
weil die Länder mit dem extensiveren Betrieb trotz langjährigem Raub-
baus anfangs noch einen großen Ueberschuß an Düngerkapital zu
besitzen pflegen, weil in den Ländern, die den inneren Zonen des
Thünen'schen Staates entsprechen, in solchen Fällen gewöhnlich eine
vortheilhafte Anwendung des Düngerkapitals zu Handelsgewächs-
bau gefunden wird und endlich wegen der sehr geringen Trans-
portfähigkeit der natürlichen Dungstoffe. Weit eher wird diese Wan-
derungstendenz in dem angezogenen Beispiel zu Tage treten durch
Translocation anderer landwirthschaftlicher Betriebskapitalien und
Auswanderung der ackerbauenden Bevölkerung in die bis dahin
extensiv bewirthschafteten Gegenden.

Man wird in Erwägung der seither entwickelten Gesetzmäßig-
keiten auch leicht zu dem Gedanken kommen, daß die Wanderung
des Düngerkapitals von Wald zu Feld, die uns in der Wald-
streunutzung entgegentritt, auch die einfache Folge der vortheilhafteren
Anwendung eines Düngerkapitals bei der Produktion von Pflanzen-
gattungen sei, die überhaupt Verwendung von Kapital und Arbeit
thatsächlich besser lohnen, und so in Versuchung kommen, im Ge-
gensatz zu den jetzt herrschenden Anschauungen aus jenen theore-
tischen Gründen sich für die Waldstreunutzung zu entscheiden. Jn-
dessen scheinen bei dieser Frage noch andere Umstände in Betracht
zu kommen. Es scheint nach dem gleichlautenden Urtheil vieler
land- und forstwirthschaftlicher Autoritäten durch die Streunutzung
dem Wald viel mehr an Produktionsfähigkeit genommen zu werden,

Folgerungen.
dieſes Kapitals aus dem Lande mit dem bis dahin ſehr intenſiven
Betrieb in das andere Land, das bis dahin nur extenſiv bewirth-
ſchaftet werden konnte.

Eine ſolche Wanderung wäre alſo jetzt etwa zu erwarten von
den Getreidefeldern der Rheingegenden nach Ungarn, findet aber
in dieſem ſpeciellen Fall und ganz gewöhnlich deßhalb nicht ſtatt,
weil die Länder mit dem extenſiveren Betrieb trotz langjährigem Raub-
baus anfangs noch einen großen Ueberſchuß an Düngerkapital zu
beſitzen pflegen, weil in den Ländern, die den inneren Zonen des
Thünen’ſchen Staates entſprechen, in ſolchen Fällen gewöhnlich eine
vortheilhafte Anwendung des Düngerkapitals zu Handelsgewächs-
bau gefunden wird und endlich wegen der ſehr geringen Trans-
portfähigkeit der natürlichen Dungſtoffe. Weit eher wird dieſe Wan-
derungstendenz in dem angezogenen Beiſpiel zu Tage treten durch
Translocation anderer landwirthſchaftlicher Betriebskapitalien und
Auswanderung der ackerbauenden Bevölkerung in die bis dahin
extenſiv bewirthſchafteten Gegenden.

Man wird in Erwägung der ſeither entwickelten Geſetzmäßig-
keiten auch leicht zu dem Gedanken kommen, daß die Wanderung
des Düngerkapitals von Wald zu Feld, die uns in der Wald-
ſtreunutzung entgegentritt, auch die einfache Folge der vortheilhafteren
Anwendung eines Düngerkapitals bei der Produktion von Pflanzen-
gattungen ſei, die überhaupt Verwendung von Kapital und Arbeit
thatſächlich beſſer lohnen, und ſo in Verſuchung kommen, im Ge-
genſatz zu den jetzt herrſchenden Anſchauungen aus jenen theore-
tiſchen Gründen ſich für die Waldſtreunutzung zu entſcheiden. Jn-
deſſen ſcheinen bei dieſer Frage noch andere Umſtände in Betracht
zu kommen. Es ſcheint nach dem gleichlautenden Urtheil vieler
land- und forſtwirthſchaftlicher Autoritäten durch die Streunutzung
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[69/0079] Folgerungen. dieſes Kapitals aus dem Lande mit dem bis dahin ſehr intenſiven Betrieb in das andere Land, das bis dahin nur extenſiv bewirth- ſchaftet werden konnte. Eine ſolche Wanderung wäre alſo jetzt etwa zu erwarten von den Getreidefeldern der Rheingegenden nach Ungarn, findet aber in dieſem ſpeciellen Fall und ganz gewöhnlich deßhalb nicht ſtatt, weil die Länder mit dem extenſiveren Betrieb trotz langjährigem Raub- baus anfangs noch einen großen Ueberſchuß an Düngerkapital zu beſitzen pflegen, weil in den Ländern, die den inneren Zonen des Thünen’ſchen Staates entſprechen, in ſolchen Fällen gewöhnlich eine vortheilhafte Anwendung des Düngerkapitals zu Handelsgewächs- bau gefunden wird und endlich wegen der ſehr geringen Trans- portfähigkeit der natürlichen Dungſtoffe. Weit eher wird dieſe Wan- derungstendenz in dem angezogenen Beiſpiel zu Tage treten durch Translocation anderer landwirthſchaftlicher Betriebskapitalien und Auswanderung der ackerbauenden Bevölkerung in die bis dahin extenſiv bewirthſchafteten Gegenden. Man wird in Erwägung der ſeither entwickelten Geſetzmäßig- keiten auch leicht zu dem Gedanken kommen, daß die Wanderung des Düngerkapitals von Wald zu Feld, die uns in der Wald- ſtreunutzung entgegentritt, auch die einfache Folge der vortheilhafteren Anwendung eines Düngerkapitals bei der Produktion von Pflanzen- gattungen ſei, die überhaupt Verwendung von Kapital und Arbeit thatſächlich beſſer lohnen, und ſo in Verſuchung kommen, im Ge- genſatz zu den jetzt herrſchenden Anſchauungen aus jenen theore- tiſchen Gründen ſich für die Waldſtreunutzung zu entſcheiden. Jn- deſſen ſcheinen bei dieſer Frage noch andere Umſtände in Betracht zu kommen. Es ſcheint nach dem gleichlautenden Urtheil vieler land- und forſtwirthſchaftlicher Autoritäten durch die Streunutzung dem Wald viel mehr an Produktionsfähigkeit genommen zu werden,

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Zitationshilfe: Mayer, Adolf: Das Düngerkapital und der Raubbau. Heidelberg, 1869, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_duengerkapital_1869/79>, abgerufen am 28.04.2024.