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Mayer, Adolf: Das Düngerkapital und der Raubbau. Heidelberg, 1869.

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Das Düngerkapital.
Unkenntniß der Produktionsgesetze geben kann. Nun darf ich mir hier
zwar nicht die Aufgabe stellen, mich darüber auszusprechen, wo ein ratio-
neller, wo ein irrationeller Raubbau herrscht. Eines verdient jedoch
hervorgehoben zu werden, nehmlich, daß nicht einzusehen ist, warum
ein irrationeller Raubbau eine größere Rolle16) unter den land-
wirthschaftlichen Fehlgriffen spielen soll, als eine irrationelle Jnten-
sivirung der Betriebsmethoden und unwirthschaftliche Anhäufung von
Düngerkapital im Boden, da der Landwirth -- mit oder ohne Pro-
bekulturen auf Versuchsfeldern -- seinen Betrieb nach einer mehr
oder weniger rohen Schätzung möglichst rentabel einrichten und so
der Wahrscheinlichkeit nach gleichmäßig in beiden Richtungen Fehl-
griffe17) machen wird.

Was mir hier allein wichtig zu betonen erscheint und was
ich an sich schon als ein lohnendes Resultat der gemachten Betrach-
tungen ansehe, ist, daß der große Feldzug gegen den nachgewiesener
Maßen an vielen Orten Europas stattfindenden Raubbau mit
Nichtberücksichtigung der hier erkannten Gesetzmäßigkei-
ten
angestellt worden ist, daß alle jene allerdings sehr logischen
Consequenzen auf die Constanz des Ausraubungssystems be-
gründet, also mit Unkenntniß der Gesetze, die auf die Dauer die Unmög-
lichkeit einer solchen Constanz beweisen, gezogen worden sind. Wäh-
rend jene Consequenzen nur für die Voraussetzung gelten, daß das
Ausraubungssystem selbst bei ansteigender Bevölkerung unbekümmert
fortbestehen bleibe, haben wir ja aufs Deutlichste erkannt, daß das
Betriebssystem in Bezug auf die Verwendung von Düngerkapital
von zwei Momenten regiert wird, von der Fruchtbarkeit der Felder

16) Während dies gerade die v. Liebig'sche Lehre aufs Bestimmteste
behauptet.
17) Wie dies für Extensität und Jntensität der Bewirthschaftung am
falschen Platze überhaupt gilt.

Das Düngerkapital.
Unkenntniß der Produktionsgeſetze geben kann. Nun darf ich mir hier
zwar nicht die Aufgabe ſtellen, mich darüber auszuſprechen, wo ein ratio-
neller, wo ein irrationeller Raubbau herrſcht. Eines verdient jedoch
hervorgehoben zu werden, nehmlich, daß nicht einzuſehen iſt, warum
ein irrationeller Raubbau eine größere Rolle16) unter den land-
wirthſchaftlichen Fehlgriffen ſpielen ſoll, als eine irrationelle Jnten-
ſivirung der Betriebsmethoden und unwirthſchaftliche Anhäufung von
Düngerkapital im Boden, da der Landwirth — mit oder ohne Pro-
bekulturen auf Verſuchsfeldern — ſeinen Betrieb nach einer mehr
oder weniger rohen Schätzung möglichſt rentabel einrichten und ſo
der Wahrſcheinlichkeit nach gleichmäßig in beiden Richtungen Fehl-
griffe17) machen wird.

Was mir hier allein wichtig zu betonen erſcheint und was
ich an ſich ſchon als ein lohnendes Reſultat der gemachten Betrach-
tungen anſehe, iſt, daß der große Feldzug gegen den nachgewieſener
Maßen an vielen Orten Europas ſtattfindenden Raubbau mit
Nichtberückſichtigung der hier erkannten Geſetzmäßigkei-
ten
angeſtellt worden iſt, daß alle jene allerdings ſehr logiſchen
Conſequenzen auf die Conſtanz des Ausraubungsſyſtems be-
gründet, alſo mit Unkenntniß der Geſetze, die auf die Dauer die Unmög-
lichkeit einer ſolchen Conſtanz beweiſen, gezogen worden ſind. Wäh-
rend jene Conſequenzen nur für die Vorausſetzung gelten, daß das
Ausraubungsſyſtem ſelbſt bei anſteigender Bevölkerung unbekümmert
fortbeſtehen bleibe, haben wir ja aufs Deutlichſte erkannt, daß das
Betriebsſyſtem in Bezug auf die Verwendung von Düngerkapital
von zwei Momenten regiert wird, von der Fruchtbarkeit der Felder

16) Während dies gerade die v. Liebig’ſche Lehre aufs Beſtimmteſte
behauptet.
17) Wie dies für Extenſität und Jntenſität der Bewirthſchaftung am
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[45/0055] Das Düngerkapital. Unkenntniß der Produktionsgeſetze geben kann. Nun darf ich mir hier zwar nicht die Aufgabe ſtellen, mich darüber auszuſprechen, wo ein ratio- neller, wo ein irrationeller Raubbau herrſcht. Eines verdient jedoch hervorgehoben zu werden, nehmlich, daß nicht einzuſehen iſt, warum ein irrationeller Raubbau eine größere Rolle 16) unter den land- wirthſchaftlichen Fehlgriffen ſpielen ſoll, als eine irrationelle Jnten- ſivirung der Betriebsmethoden und unwirthſchaftliche Anhäufung von Düngerkapital im Boden, da der Landwirth — mit oder ohne Pro- bekulturen auf Verſuchsfeldern — ſeinen Betrieb nach einer mehr oder weniger rohen Schätzung möglichſt rentabel einrichten und ſo der Wahrſcheinlichkeit nach gleichmäßig in beiden Richtungen Fehl- griffe 17) machen wird. Was mir hier allein wichtig zu betonen erſcheint und was ich an ſich ſchon als ein lohnendes Reſultat der gemachten Betrach- tungen anſehe, iſt, daß der große Feldzug gegen den nachgewieſener Maßen an vielen Orten Europas ſtattfindenden Raubbau mit Nichtberückſichtigung der hier erkannten Geſetzmäßigkei- ten angeſtellt worden iſt, daß alle jene allerdings ſehr logiſchen Conſequenzen auf die Conſtanz des Ausraubungsſyſtems be- gründet, alſo mit Unkenntniß der Geſetze, die auf die Dauer die Unmög- lichkeit einer ſolchen Conſtanz beweiſen, gezogen worden ſind. Wäh- rend jene Conſequenzen nur für die Vorausſetzung gelten, daß das Ausraubungsſyſtem ſelbſt bei anſteigender Bevölkerung unbekümmert fortbeſtehen bleibe, haben wir ja aufs Deutlichſte erkannt, daß das Betriebsſyſtem in Bezug auf die Verwendung von Düngerkapital von zwei Momenten regiert wird, von der Fruchtbarkeit der Felder 16) Während dies gerade die v. Liebig’ſche Lehre aufs Beſtimmteſte behauptet. 17) Wie dies für Extenſität und Jntenſität der Bewirthſchaftung am falſchen Platze überhaupt gilt.

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Zitationshilfe: Mayer, Adolf: Das Düngerkapital und der Raubbau. Heidelberg, 1869, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mayer_duengerkapital_1869/55>, abgerufen am 28.04.2024.