Papier auf dem Knie, von der Rechten zur Linken hin- über den Brief an den Gouverneur, der sicher beim Lesen desselben keine Ahnung hatte, daß er von seinem Schütz- linge verfaßt worden war. Und kaum eine halbe Stunde später jagte das Pferd, welches Pali trug, im Galopp auf dem Wege nach Baadri hin. --
Das Fest der Dschesidi hatte eine außerordentliche Stö- rung erfahren, aber das Bedauern darüber war nicht so groß, wie die Freude, daß es gelungen war, das große Unglück abzuwenden, welches der Versammlung in Scheik Adi gedroht hatte.
"Was wird nun aus dem Feste?" fragte ich Ali Bey.
"Die Osmanly können noch mehrere Tage lang da unten verweilen müssen, und eine so lange Zeit dürften die Dschesidi doch nicht warten wollen."
"Ich werde ihnen ein Fest geben, welches größer ist, als sie erwartet haben," antwortete er. "Weißt du den Weg nach dem Thale Idiz noch genau?"
"Ja."
"Du hast Zeit. Reite hin und hole Mir Scheik Khan mit den Scheiks und Kawals herbei. Wir wollen sehen, ob sich die Ueberreste des Pir Kamek finden lassen, und sie im Thale Idiz begraben."
Das war allerdings ein Gedanke, welcher bei den Dschesidi zünden mußte, und mir war es außerordentlich lieb, bei dem Begräbnisse eines Dschesidi gegenwärtig sein zu können. Ich nahm nur Halef mit, den Buluk Emini aber ließ ich zurück.
Zwar hatte ich gesagt, daß der Weg nach dem Thale Idiz mir bekannt sei, aber ich war ja nicht von Scheik Adi, sondern von Baadri aus dorthin gekommen. Jeden- falls glaubte der Bey, daß ich mit dem Sohne Seleks über Scheik Adi geritten sei, und ich klärte ihn nicht auf,
Papier auf dem Knie, von der Rechten zur Linken hin- über den Brief an den Gouverneur, der ſicher beim Leſen desſelben keine Ahnung hatte, daß er von ſeinem Schütz- linge verfaßt worden war. Und kaum eine halbe Stunde ſpäter jagte das Pferd, welches Pali trug, im Galopp auf dem Wege nach Baadri hin. —
Das Feſt der Dſcheſidi hatte eine außerordentliche Stö- rung erfahren, aber das Bedauern darüber war nicht ſo groß, wie die Freude, daß es gelungen war, das große Unglück abzuwenden, welches der Verſammlung in Scheik Adi gedroht hatte.
„Was wird nun aus dem Feſte?“ fragte ich Ali Bey.
„Die Osmanly können noch mehrere Tage lang da unten verweilen müſſen, und eine ſo lange Zeit dürften die Dſcheſidi doch nicht warten wollen.“
„Ich werde ihnen ein Feſt geben, welches größer iſt, als ſie erwartet haben,“ antwortete er. „Weißt du den Weg nach dem Thale Idiz noch genau?“
„Ja.“
„Du haſt Zeit. Reite hin und hole Mir Scheik Khan mit den Scheiks und Kawals herbei. Wir wollen ſehen, ob ſich die Ueberreſte des Pir Kamek finden laſſen, und ſie im Thale Idiz begraben.“
Das war allerdings ein Gedanke, welcher bei den Dſcheſidi zünden mußte, und mir war es außerordentlich lieb, bei dem Begräbniſſe eines Dſcheſidi gegenwärtig ſein zu können. Ich nahm nur Halef mit, den Buluk Emini aber ließ ich zurück.
Zwar hatte ich geſagt, daß der Weg nach dem Thale Idiz mir bekannt ſei, aber ich war ja nicht von Scheik Adi, ſondern von Baadri aus dorthin gekommen. Jeden- falls glaubte der Bey, daß ich mit dem Sohne Seleks über Scheik Adi geritten ſei, und ich klärte ihn nicht auf,
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0094"n="80"/>
Papier auf dem Knie, von der Rechten zur Linken hin-<lb/>
über den Brief an den Gouverneur, der ſicher beim Leſen<lb/>
desſelben keine Ahnung hatte, daß er von ſeinem Schütz-<lb/>
linge verfaßt worden war. Und kaum eine halbe Stunde<lb/>ſpäter jagte das Pferd, welches Pali trug, im Galopp<lb/>
auf dem Wege nach Baadri hin. —</p><lb/><p>Das Feſt der Dſcheſidi hatte eine außerordentliche Stö-<lb/>
rung erfahren, aber das Bedauern darüber war nicht ſo<lb/>
groß, wie die Freude, daß es gelungen war, das große<lb/>
Unglück abzuwenden, welches der Verſammlung in Scheik<lb/>
Adi gedroht hatte.</p><lb/><p>„Was wird nun aus dem Feſte?“ fragte ich Ali Bey.</p><lb/><p>„Die Osmanly können noch mehrere Tage lang da unten<lb/>
verweilen müſſen, und eine ſo lange Zeit dürften die<lb/>
Dſcheſidi doch nicht warten wollen.“</p><lb/><p>„Ich werde ihnen ein Feſt geben, welches größer iſt,<lb/>
als ſie erwartet haben,“ antwortete er. „Weißt du den<lb/>
Weg nach dem Thale Idiz noch genau?“</p><lb/><p>„Ja.“</p><lb/><p>„Du haſt Zeit. Reite hin und hole Mir Scheik Khan<lb/>
mit den Scheiks und Kawals herbei. Wir wollen ſehen,<lb/>
ob ſich die Ueberreſte des Pir Kamek finden laſſen, und<lb/>ſie im Thale Idiz begraben.“</p><lb/><p>Das war allerdings ein Gedanke, welcher bei den<lb/>
Dſcheſidi zünden mußte, und mir war es außerordentlich<lb/>
lieb, bei dem Begräbniſſe eines Dſcheſidi gegenwärtig ſein<lb/>
zu können. Ich nahm nur Halef mit, den Buluk Emini<lb/>
aber ließ ich zurück.</p><lb/><p>Zwar hatte ich geſagt, daß der Weg nach dem Thale<lb/>
Idiz mir bekannt ſei, aber ich war ja nicht von Scheik<lb/>
Adi, ſondern von Baadri aus dorthin gekommen. Jeden-<lb/>
falls glaubte der Bey, daß ich mit dem Sohne Seleks<lb/>
über Scheik Adi geritten ſei, und ich klärte ihn nicht auf,<lb/></p></div></body></text></TEI>
[80/0094]
Papier auf dem Knie, von der Rechten zur Linken hin-
über den Brief an den Gouverneur, der ſicher beim Leſen
desſelben keine Ahnung hatte, daß er von ſeinem Schütz-
linge verfaßt worden war. Und kaum eine halbe Stunde
ſpäter jagte das Pferd, welches Pali trug, im Galopp
auf dem Wege nach Baadri hin. —
Das Feſt der Dſcheſidi hatte eine außerordentliche Stö-
rung erfahren, aber das Bedauern darüber war nicht ſo
groß, wie die Freude, daß es gelungen war, das große
Unglück abzuwenden, welches der Verſammlung in Scheik
Adi gedroht hatte.
„Was wird nun aus dem Feſte?“ fragte ich Ali Bey.
„Die Osmanly können noch mehrere Tage lang da unten
verweilen müſſen, und eine ſo lange Zeit dürften die
Dſcheſidi doch nicht warten wollen.“
„Ich werde ihnen ein Feſt geben, welches größer iſt,
als ſie erwartet haben,“ antwortete er. „Weißt du den
Weg nach dem Thale Idiz noch genau?“
„Ja.“
„Du haſt Zeit. Reite hin und hole Mir Scheik Khan
mit den Scheiks und Kawals herbei. Wir wollen ſehen,
ob ſich die Ueberreſte des Pir Kamek finden laſſen, und
ſie im Thale Idiz begraben.“
Das war allerdings ein Gedanke, welcher bei den
Dſcheſidi zünden mußte, und mir war es außerordentlich
lieb, bei dem Begräbniſſe eines Dſcheſidi gegenwärtig ſein
zu können. Ich nahm nur Halef mit, den Buluk Emini
aber ließ ich zurück.
Zwar hatte ich geſagt, daß der Weg nach dem Thale
Idiz mir bekannt ſei, aber ich war ja nicht von Scheik
Adi, ſondern von Baadri aus dorthin gekommen. Jeden-
falls glaubte der Bey, daß ich mit dem Sohne Seleks
über Scheik Adi geritten ſei, und ich klärte ihn nicht auf,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/94>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.