und halte nicht eher ein, als bis keiner der Osmanly mehr lebt!"
Er trat zu seinen Adjutanten und sprach kurze Zeit mit ihnen. Darauf entfernten sich zwei von ihnen. Der eine ergriff einen weißen Shawl, legte seine Waffen ab und stieg links da hinab, wo ich jetzt heraufgekommen war; der andere aber schritt längs des Randes der Höhe hin und klimmte dann rechts hinab nach dem Punkte hin, an welchem die Geschütze standen.
Nun gab Ali Bey einigen Dschesidi, welche in der Nähe hielten, den Befehl, ein Zelt für uns zu errichten. Die zu demselben gehörigen Requisiten lagen bereit. Wäh- rend sie seinem Gebote Folge leisteten, bemerkte ich, daß sich unten die Verschanzung öffnete. Die Kanonen wurden durch die entstandene Lücke vorgezogen und avancierten längs des Baches bis an die Linie derjenigen Dschesidi, welche auf der Sohle des Thales festen Fuß gefaßt hatten. Dort gab es mehrere Felsblöcke, welche mit einigen schnell umgehauenen Bäumen eine neue Verschanzung bildeten.
Es waren seit der Absendung des Dschesidi noch nicht zwanzig Minuten vergangen, so nahte sich der Kaimakam. Er war von drei türkischen Soldaten begleitet, und an seiner Seite ritt -- der Makredsch. Das war eine große Unklugheit von dem letzteren; ich sah es dem finsteren Blicke an, mit welchem Ali Bey ihn betrachtete.
Der Bey trat in das Zelt, welches mittlerweile auf- gerichtet worden war, und ließ sich auf den Teppich nie- der, welcher den Fußboden desselben bildete. Ich empfing die Kommenden. Die drei Soldaten blieben vor dem Zelte halten; die beiden andern aber traten ein.
"Sallam!" grüßte der Kaimakam.
Der Makredsch grüßte nicht. Er als der Vorsteher eines großherrlichen Gerichtshofes erwartete, daß der Bey
und halte nicht eher ein, als bis keiner der Osmanly mehr lebt!“
Er trat zu ſeinen Adjutanten und ſprach kurze Zeit mit ihnen. Darauf entfernten ſich zwei von ihnen. Der eine ergriff einen weißen Shawl, legte ſeine Waffen ab und ſtieg links da hinab, wo ich jetzt heraufgekommen war; der andere aber ſchritt längs des Randes der Höhe hin und klimmte dann rechts hinab nach dem Punkte hin, an welchem die Geſchütze ſtanden.
Nun gab Ali Bey einigen Dſcheſidi, welche in der Nähe hielten, den Befehl, ein Zelt für uns zu errichten. Die zu demſelben gehörigen Requiſiten lagen bereit. Wäh- rend ſie ſeinem Gebote Folge leiſteten, bemerkte ich, daß ſich unten die Verſchanzung öffnete. Die Kanonen wurden durch die entſtandene Lücke vorgezogen und avancierten längs des Baches bis an die Linie derjenigen Dſcheſidi, welche auf der Sohle des Thales feſten Fuß gefaßt hatten. Dort gab es mehrere Felsblöcke, welche mit einigen ſchnell umgehauenen Bäumen eine neue Verſchanzung bildeten.
Es waren ſeit der Abſendung des Dſcheſidi noch nicht zwanzig Minuten vergangen, ſo nahte ſich der Kaimakam. Er war von drei türkiſchen Soldaten begleitet, und an ſeiner Seite ritt — der Makredſch. Das war eine große Unklugheit von dem letzteren; ich ſah es dem finſteren Blicke an, mit welchem Ali Bey ihn betrachtete.
Der Bey trat in das Zelt, welches mittlerweile auf- gerichtet worden war, und ließ ſich auf den Teppich nie- der, welcher den Fußboden desſelben bildete. Ich empfing die Kommenden. Die drei Soldaten blieben vor dem Zelte halten; die beiden andern aber traten ein.
„Sallam!“ grüßte der Kaimakam.
Der Makredſch grüßte nicht. Er als der Vorſteher eines großherrlichen Gerichtshofes erwartete, daß der Bey
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und halte nicht eher ein, als bis keiner der Osmanly
mehr lebt!“
Er trat zu ſeinen Adjutanten und ſprach kurze Zeit
mit ihnen. Darauf entfernten ſich zwei von ihnen. Der eine
ergriff einen weißen Shawl, legte ſeine Waffen ab und
ſtieg links da hinab, wo ich jetzt heraufgekommen war;
der andere aber ſchritt längs des Randes der Höhe hin
und klimmte dann rechts hinab nach dem Punkte hin, an
welchem die Geſchütze ſtanden.
Nun gab Ali Bey einigen Dſcheſidi, welche in der
Nähe hielten, den Befehl, ein Zelt für uns zu errichten.
Die zu demſelben gehörigen Requiſiten lagen bereit. Wäh-
rend ſie ſeinem Gebote Folge leiſteten, bemerkte ich, daß
ſich unten die Verſchanzung öffnete. Die Kanonen wurden
durch die entſtandene Lücke vorgezogen und avancierten
längs des Baches bis an die Linie derjenigen Dſcheſidi,
welche auf der Sohle des Thales feſten Fuß gefaßt hatten.
Dort gab es mehrere Felsblöcke, welche mit einigen ſchnell
umgehauenen Bäumen eine neue Verſchanzung bildeten.
Es waren ſeit der Abſendung des Dſcheſidi noch nicht
zwanzig Minuten vergangen, ſo nahte ſich der Kaimakam.
Er war von drei türkiſchen Soldaten begleitet, und an
ſeiner Seite ritt — der Makredſch. Das war eine große
Unklugheit von dem letzteren; ich ſah es dem finſteren
Blicke an, mit welchem Ali Bey ihn betrachtete.
Der Bey trat in das Zelt, welches mittlerweile auf-
gerichtet worden war, und ließ ſich auf den Teppich nie-
der, welcher den Fußboden desſelben bildete. Ich empfing
die Kommenden. Die drei Soldaten blieben vor dem Zelte
halten; die beiden andern aber traten ein.
„Sallam!“ grüßte der Kaimakam.
Der Makredſch grüßte nicht. Er als der Vorſteher
eines großherrlichen Gerichtshofes erwartete, daß der Bey
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May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/82>, abgerufen am 23.12.2024.
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