"War sehr interessant, als man Euch dem Gaul nach- laufen sah! Yes!"
"Ich gönne Euch diese Freude, Sir. Doch vorwärts jetzt!"
"Vorwärts? Ich denke, wir müssen ihnen vorher unsern Dank abstatten!"
"Damit würden wir uns in neue Gefahr begeben, und übrigens ist es notwendig, Euch zu verbinden, und dies muß doch nicht hier in so unmittelbarer Nähe des Feindes geschehen!"
"Well! So kommt!"
Der kleine Hadschi Halef Omar war damit nicht ein- verstanden.
"Sihdi," meinte er, "wollen wir diesen Kurden nicht eine Lehre geben und es ihnen unmöglich machen, uns weiter zu verfolgen?"
"Wie willst du dies thun?"
"Wo glaubst du, daß sie ihre Pferde haben?"
"Einige davon vielleicht in den Häusern, die anderen aber ganz sicher außerhalb des Dorfes in irgend einem Versteck."
"So laß uns diesen Versteck suchen und ihnen die Tiere wegnehmen! Schwer wird dies nicht sein; sie ge- trauen sich im offenen Felde sicher nicht an uns heran und haben wohl auch keine zahlreiche Bewachung bei den Pferden gelassen."
"Willst du ein Pferdedieb werden, Halef?"
"Nein, Sihdi. Aber willst du das, was ich dir vor- schlage, einen Diebstahl nennen?"
"In diesem Fall der Notwehr wohl nicht; doch wäre es wenigstens sehr unvorsichtig gehandelt. Wir würden Zeit brauchen, um das Versteck zu finden, und müßten vielleicht mit den Wächtern kämpfen, was ganz unnötig
II. 27
„War ſehr intereſſant, als man Euch dem Gaul nach- laufen ſah! Yes!“
„Ich gönne Euch dieſe Freude, Sir. Doch vorwärts jetzt!“
„Vorwärts? Ich denke, wir müſſen ihnen vorher unſern Dank abſtatten!“
„Damit würden wir uns in neue Gefahr begeben, und übrigens iſt es notwendig, Euch zu verbinden, und dies muß doch nicht hier in ſo unmittelbarer Nähe des Feindes geſchehen!“
„Well! So kommt!“
Der kleine Hadſchi Halef Omar war damit nicht ein- verſtanden.
„Sihdi,“ meinte er, „wollen wir dieſen Kurden nicht eine Lehre geben und es ihnen unmöglich machen, uns weiter zu verfolgen?“
„Wie willſt du dies thun?“
„Wo glaubſt du, daß ſie ihre Pferde haben?“
„Einige davon vielleicht in den Häuſern, die anderen aber ganz ſicher außerhalb des Dorfes in irgend einem Verſteck.“
„So laß uns dieſen Verſteck ſuchen und ihnen die Tiere wegnehmen! Schwer wird dies nicht ſein; ſie ge- trauen ſich im offenen Felde ſicher nicht an uns heran und haben wohl auch keine zahlreiche Bewachung bei den Pferden gelaſſen.“
„Willſt du ein Pferdedieb werden, Halef?“
„Nein, Sihdi. Aber willſt du das, was ich dir vor- ſchlage, einen Diebſtahl nennen?“
„In dieſem Fall der Notwehr wohl nicht; doch wäre es wenigſtens ſehr unvorſichtig gehandelt. Wir würden Zeit brauchen, um das Verſteck zu finden, und müßten vielleicht mit den Wächtern kämpfen, was ganz unnötig
II. 27
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„War ſehr intereſſant, als man Euch dem Gaul nach-
laufen ſah! Yes!“
„Ich gönne Euch dieſe Freude, Sir. Doch vorwärts
jetzt!“
„Vorwärts? Ich denke, wir müſſen ihnen vorher
unſern Dank abſtatten!“
„Damit würden wir uns in neue Gefahr begeben,
und übrigens iſt es notwendig, Euch zu verbinden, und
dies muß doch nicht hier in ſo unmittelbarer Nähe des
Feindes geſchehen!“
„Well! So kommt!“
Der kleine Hadſchi Halef Omar war damit nicht ein-
verſtanden.
„Sihdi,“ meinte er, „wollen wir dieſen Kurden nicht
eine Lehre geben und es ihnen unmöglich machen, uns
weiter zu verfolgen?“
„Wie willſt du dies thun?“
„Wo glaubſt du, daß ſie ihre Pferde haben?“
„Einige davon vielleicht in den Häuſern, die anderen
aber ganz ſicher außerhalb des Dorfes in irgend einem
Verſteck.“
„So laß uns dieſen Verſteck ſuchen und ihnen die
Tiere wegnehmen! Schwer wird dies nicht ſein; ſie ge-
trauen ſich im offenen Felde ſicher nicht an uns heran
und haben wohl auch keine zahlreiche Bewachung bei den
Pferden gelaſſen.“
„Willſt du ein Pferdedieb werden, Halef?“
„Nein, Sihdi. Aber willſt du das, was ich dir vor-
ſchlage, einen Diebſtahl nennen?“
„In dieſem Fall der Notwehr wohl nicht; doch wäre
es wenigſtens ſehr unvorſichtig gehandelt. Wir würden
Zeit brauchen, um das Verſteck zu finden, und müßten
vielleicht mit den Wächtern kämpfen, was ganz unnötig
II. 27
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May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 417. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/431>, abgerufen am 24.11.2024.
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