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May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892].

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"Effendi!" meinte der Agha mit sehr bedenklicher
Stimme.

"Was?"

"Ich hatte siebentausend Piaster am Boden liegen!"

"Und freutest dich darauf?"

"Sehr!"

"Laß sie dir geben!"

"Ich? Geben? Weißt du, wie es morgen sein wird?"

"Nun?"

"Er wird ein Verzeichnis aufstellen, in welchem steht,
daß der Makredsch tausend Piaster bei sich gehabt hat,
und ich werde es unterschreiben. Das übrige, die Uhr
und die Ringe behält er zurück, und ich werde dafür die
große Summe von hundert Piastern erhalten."

"Und wirst dich auch darüber freuen!"

"Zu Tode ärgern werde ich mich!"

"Das Verzeichnis erhält der Basch Tschausch?"

"Ja."

"So wirst du mehr erhalten."

"Wer sollte es mir geben?"

"Der Mutesselim oder ich."

"Ich weiß, daß du ein barmherziges Herz besitzest.
Oh Effendi, wenn du nur wenigstens noch ein wenig von
deiner Arznei übrig hättest!"

"Ich habe noch davon. Willst du sie haben?"

"Ja."

"Ich werde dir davon in die Küche bringen."

Wir fanden die Thüre nicht verschlossen. In der
Küche lag die ,Myrte' auf einigen alten Fetzen, die ihr
des Tages als Hadern und des Nachts als Lager dienten,
und schlief den Schlaf der Gerechten.

"Mersinah!" rief der Agha.

Sie hörte nicht.

„Effendi!“ meinte der Agha mit ſehr bedenklicher
Stimme.

„Was?“

„Ich hatte ſiebentauſend Piaſter am Boden liegen!“

„Und freuteſt dich darauf?“

„Sehr!“

„Laß ſie dir geben!“

„Ich? Geben? Weißt du, wie es morgen ſein wird?“

„Nun?“

„Er wird ein Verzeichnis aufſtellen, in welchem ſteht,
daß der Makredſch tauſend Piaſter bei ſich gehabt hat,
und ich werde es unterſchreiben. Das übrige, die Uhr
und die Ringe behält er zurück, und ich werde dafür die
große Summe von hundert Piaſtern erhalten.“

„Und wirſt dich auch darüber freuen!“

„Zu Tode ärgern werde ich mich!“

„Das Verzeichnis erhält der Baſch Tſchauſch?“

„Ja.“

„So wirſt du mehr erhalten.“

„Wer ſollte es mir geben?“

„Der Muteſſelim oder ich.“

„Ich weiß, daß du ein barmherziges Herz beſitzeſt.
Oh Effendi, wenn du nur wenigſtens noch ein wenig von
deiner Arznei übrig hätteſt!“

„Ich habe noch davon. Willſt du ſie haben?“

„Ja.“

„Ich werde dir davon in die Küche bringen.“

Wir fanden die Thüre nicht verſchloſſen. In der
Küche lag die ‚Myrte‘ auf einigen alten Fetzen, die ihr
des Tages als Hadern und des Nachts als Lager dienten,
und ſchlief den Schlaf der Gerechten.

„Merſinah!“ rief der Agha.

Sie hörte nicht.

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[323/0337] „Effendi!“ meinte der Agha mit ſehr bedenklicher Stimme. „Was?“ „Ich hatte ſiebentauſend Piaſter am Boden liegen!“ „Und freuteſt dich darauf?“ „Sehr!“ „Laß ſie dir geben!“ „Ich? Geben? Weißt du, wie es morgen ſein wird?“ „Nun?“ „Er wird ein Verzeichnis aufſtellen, in welchem ſteht, daß der Makredſch tauſend Piaſter bei ſich gehabt hat, und ich werde es unterſchreiben. Das übrige, die Uhr und die Ringe behält er zurück, und ich werde dafür die große Summe von hundert Piaſtern erhalten.“ „Und wirſt dich auch darüber freuen!“ „Zu Tode ärgern werde ich mich!“ „Das Verzeichnis erhält der Baſch Tſchauſch?“ „Ja.“ „So wirſt du mehr erhalten.“ „Wer ſollte es mir geben?“ „Der Muteſſelim oder ich.“ „Ich weiß, daß du ein barmherziges Herz beſitzeſt. Oh Effendi, wenn du nur wenigſtens noch ein wenig von deiner Arznei übrig hätteſt!“ „Ich habe noch davon. Willſt du ſie haben?“ „Ja.“ „Ich werde dir davon in die Küche bringen.“ Wir fanden die Thüre nicht verſchloſſen. In der Küche lag die ‚Myrte‘ auf einigen alten Fetzen, die ihr des Tages als Hadern und des Nachts als Lager dienten, und ſchlief den Schlaf der Gerechten. „Merſinah!“ rief der Agha. Sie hörte nicht.

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Zitationshilfe: May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/337>, abgerufen am 26.11.2024.