"Alla illa Allah!" rief der Gefangene zornig. "Du hast doch nur fünftausend Piaster verlangt!"
"Allah hat dir deinen Verstand verdunkelt. Warum fragtest du nicht, für wen diese fünftausend Piaster seien? Sie waren nur für mich. Der Agha hat seinen Teil noch zu erhalten."
"Wie viel?"
"Ebenso viel wie ich!"
"Herr, der Satan redet aus dir!"
"Bezahle, so wird er schweigen!"
"Ich bezahle nicht!"
"So kehrest du in dein Loch zurück!"
"Oh, Mohammed, oh, ihr Khalifen, ihr habt seinen Schwur gehört! Der Scheitan ist bereits in ihm; er wird ihn umbringen!"
"Das Oel dieser Lampe geht zur Neige. Wirst du bezahlen oder nicht?"
"Ich gebe ihm tausend!"
"Fünftausend! Handle nicht, sonst steige ich höher!"
"Ich habe sie nicht!"
"Du hast sie. Ich habe es gesehen, daß es langen wird."
"So gebe ich -- -- --"
"Soll ich etwa sechstausend fordern?"
"Du bist ein Tyrann, ja, du bist der Teufel selbst!"
"Makredsch, wir sind miteinander fertig!"
Er erhob sich langsam und vorsichtig.
"Halt!" rief der Gefangene. "Ich werde bezahlen!"
Die Freiheit stand ihm schließlich doch noch höher als das Geld. Er begann von neuem aufzuzählen, wäh- rend der Kommandant sich wieder setzte. Das Paket langte wirklich; aber es blieben ihm nur noch einige Scheine übrig.
„Alla illa Allah!“ rief der Gefangene zornig. „Du haſt doch nur fünftauſend Piaſter verlangt!“
„Allah hat dir deinen Verſtand verdunkelt. Warum fragteſt du nicht, für wen dieſe fünftauſend Piaſter ſeien? Sie waren nur für mich. Der Agha hat ſeinen Teil noch zu erhalten.“
„Wie viel?“
„Ebenſo viel wie ich!“
„Herr, der Satan redet aus dir!“
„Bezahle, ſo wird er ſchweigen!“
„Ich bezahle nicht!“
„So kehreſt du in dein Loch zurück!“
„Oh, Mohammed, oh, ihr Khalifen, ihr habt ſeinen Schwur gehört! Der Scheïtan iſt bereits in ihm; er wird ihn umbringen!“
„Das Oel dieſer Lampe geht zur Neige. Wirſt du bezahlen oder nicht?“
„Ich gebe ihm tauſend!“
„Fünftauſend! Handle nicht, ſonſt ſteige ich höher!“
„Ich habe ſie nicht!“
„Du haſt ſie. Ich habe es geſehen, daß es langen wird.“
„So gebe ich — — —“
„Soll ich etwa ſechstauſend fordern?“
„Du biſt ein Tyrann, ja, du biſt der Teufel ſelbſt!“
„Makredſch, wir ſind miteinander fertig!“
Er erhob ſich langſam und vorſichtig.
„Halt!“ rief der Gefangene. „Ich werde bezahlen!“
Die Freiheit ſtand ihm ſchließlich doch noch höher als das Geld. Er begann von neuem aufzuzählen, wäh- rend der Kommandant ſich wieder ſetzte. Das Paket langte wirklich; aber es blieben ihm nur noch einige Scheine übrig.
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0330"n="316"/><p>„Alla illa Allah!“ rief der Gefangene zornig. „Du<lb/>
haſt doch nur fünftauſend Piaſter verlangt!“</p><lb/><p>„Allah hat dir deinen Verſtand verdunkelt. Warum<lb/>
fragteſt du nicht, für wen dieſe fünftauſend Piaſter ſeien?<lb/>
Sie waren nur für mich. Der Agha hat ſeinen Teil noch<lb/>
zu erhalten.“</p><lb/><p>„Wie viel?“</p><lb/><p>„Ebenſo viel wie ich!“</p><lb/><p>„Herr, der Satan redet aus dir!“</p><lb/><p>„Bezahle, ſo wird er ſchweigen!“</p><lb/><p>„Ich bezahle nicht!“</p><lb/><p>„So kehreſt du in dein Loch zurück!“</p><lb/><p>„Oh, Mohammed, oh, ihr Khalifen, ihr habt ſeinen<lb/>
Schwur gehört! Der Scheïtan iſt bereits in ihm; er wird<lb/>
ihn umbringen!“</p><lb/><p>„Das Oel dieſer Lampe geht zur Neige. Wirſt du<lb/>
bezahlen oder nicht?“</p><lb/><p>„Ich gebe ihm tauſend!“</p><lb/><p>„Fünftauſend! Handle nicht, ſonſt ſteige ich höher!“</p><lb/><p>„Ich habe ſie nicht!“</p><lb/><p>„Du haſt ſie. Ich habe es geſehen, daß es langen<lb/>
wird.“</p><lb/><p>„So gebe ich ———“</p><lb/><p>„Soll ich etwa ſechstauſend fordern?“</p><lb/><p>„Du biſt ein Tyrann, ja, du biſt der Teufel ſelbſt!“</p><lb/><p>„Makredſch, wir ſind miteinander fertig!“</p><lb/><p>Er erhob ſich langſam und vorſichtig.</p><lb/><p>„Halt!“ rief der Gefangene. „Ich werde bezahlen!“</p><lb/><p>Die Freiheit ſtand ihm ſchließlich doch noch höher<lb/>
als das Geld. Er begann von neuem aufzuzählen, wäh-<lb/>
rend der Kommandant ſich wieder ſetzte. Das Paket langte<lb/>
wirklich; aber es blieben ihm nur noch einige Scheine<lb/>
übrig.</p><lb/></div></body></text></TEI>
[316/0330]
„Alla illa Allah!“ rief der Gefangene zornig. „Du
haſt doch nur fünftauſend Piaſter verlangt!“
„Allah hat dir deinen Verſtand verdunkelt. Warum
fragteſt du nicht, für wen dieſe fünftauſend Piaſter ſeien?
Sie waren nur für mich. Der Agha hat ſeinen Teil noch
zu erhalten.“
„Wie viel?“
„Ebenſo viel wie ich!“
„Herr, der Satan redet aus dir!“
„Bezahle, ſo wird er ſchweigen!“
„Ich bezahle nicht!“
„So kehreſt du in dein Loch zurück!“
„Oh, Mohammed, oh, ihr Khalifen, ihr habt ſeinen
Schwur gehört! Der Scheïtan iſt bereits in ihm; er wird
ihn umbringen!“
„Das Oel dieſer Lampe geht zur Neige. Wirſt du
bezahlen oder nicht?“
„Ich gebe ihm tauſend!“
„Fünftauſend! Handle nicht, ſonſt ſteige ich höher!“
„Ich habe ſie nicht!“
„Du haſt ſie. Ich habe es geſehen, daß es langen
wird.“
„So gebe ich — — —“
„Soll ich etwa ſechstauſend fordern?“
„Du biſt ein Tyrann, ja, du biſt der Teufel ſelbſt!“
„Makredſch, wir ſind miteinander fertig!“
Er erhob ſich langſam und vorſichtig.
„Halt!“ rief der Gefangene. „Ich werde bezahlen!“
Die Freiheit ſtand ihm ſchließlich doch noch höher
als das Geld. Er begann von neuem aufzuzählen, wäh-
rend der Kommandant ſich wieder ſetzte. Das Paket langte
wirklich; aber es blieben ihm nur noch einige Scheine
übrig.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/330>, abgerufen am 29.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.