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May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892].

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"Nein."

"Aber der Makredsch?"

"Auch nicht," antwortete der Sergeant bei diesem
geistreichen Verhöre.

"Das ist euer Glück, ihr Hunde. Ich hätte euch tot-
peitschen lassen. Packt euch hinauf in eure Stube! Selim
Agha, schließe sie ein!"

"Emir, willst du es nicht thun?" fragte mich dieser.

"Gern!"

Das war mir lieb. Der Agha nahm eine der Lam-
pen, und ich führte die Leute nach oben.

"Warum werden wir eingeschlossen, Herr?" fragte
der Sergeant.

"Die Gefangenen werden verhört."

Ich ließ sie in ihre Zelle treten und schob die Riegel
vor, dann stieg ich wieder die Treppe hinab. Da der
Kommandant und der Agha bereits nach hinten gingen,
lag die Außenthüre im Dunkeln. Ich huschte hin und
öffnete sie, so daß sie nur angelehnt blieb. Dann schritt
ich schnell den beiden nach.

"Wo liegt er?" hörte ich den Mutesselim fragen.

"Hier."

"Und wo liegt der Haddedihn?" fragte ich, um dem
Oeffnen der andern Thüre zuvorzukommen; denn ich mußte
darauf sehen, daß bei dem Araber zuerst aufgemacht wurde.

"Hier hinter der zweiten Thüre."

"So mache einmal auf!"

Der Kommandant schien mit meinem Verlangen ein-
verstanden zu sein. Er nickte mit dem Kopfe, und nun
machte Selim auf.

Der Gefangene hatte unser lautes Kommen gehört und
stand aufrecht in seinem Loche. Der Mutesselim trat näher.

"Du bist Amad, der Sohn von Mohammed Emin?"

„Nein.“

„Aber der Makredſch?“

„Auch nicht,“ antwortete der Sergeant bei dieſem
geiſtreichen Verhöre.

„Das iſt euer Glück, ihr Hunde. Ich hätte euch tot-
peitſchen laſſen. Packt euch hinauf in eure Stube! Selim
Agha, ſchließe ſie ein!“

„Emir, willſt du es nicht thun?“ fragte mich dieſer.

„Gern!“

Das war mir lieb. Der Agha nahm eine der Lam-
pen, und ich führte die Leute nach oben.

„Warum werden wir eingeſchloſſen, Herr?“ fragte
der Sergeant.

„Die Gefangenen werden verhört.“

Ich ließ ſie in ihre Zelle treten und ſchob die Riegel
vor, dann ſtieg ich wieder die Treppe hinab. Da der
Kommandant und der Agha bereits nach hinten gingen,
lag die Außenthüre im Dunkeln. Ich huſchte hin und
öffnete ſie, ſo daß ſie nur angelehnt blieb. Dann ſchritt
ich ſchnell den beiden nach.

„Wo liegt er?“ hörte ich den Muteſſelim fragen.

„Hier.“

„Und wo liegt der Haddedihn?“ fragte ich, um dem
Oeffnen der andern Thüre zuvorzukommen; denn ich mußte
darauf ſehen, daß bei dem Araber zuerſt aufgemacht wurde.

„Hier hinter der zweiten Thüre.“

„So mache einmal auf!“

Der Kommandant ſchien mit meinem Verlangen ein-
verſtanden zu ſein. Er nickte mit dem Kopfe, und nun
machte Selim auf.

Der Gefangene hatte unſer lautes Kommen gehört und
ſtand aufrecht in ſeinem Loche. Der Muteſſelim trat näher.

„Du biſt Amad, der Sohn von Mohammed Emin?“

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[309/0323] „Nein.“ „Aber der Makredſch?“ „Auch nicht,“ antwortete der Sergeant bei dieſem geiſtreichen Verhöre. „Das iſt euer Glück, ihr Hunde. Ich hätte euch tot- peitſchen laſſen. Packt euch hinauf in eure Stube! Selim Agha, ſchließe ſie ein!“ „Emir, willſt du es nicht thun?“ fragte mich dieſer. „Gern!“ Das war mir lieb. Der Agha nahm eine der Lam- pen, und ich führte die Leute nach oben. „Warum werden wir eingeſchloſſen, Herr?“ fragte der Sergeant. „Die Gefangenen werden verhört.“ Ich ließ ſie in ihre Zelle treten und ſchob die Riegel vor, dann ſtieg ich wieder die Treppe hinab. Da der Kommandant und der Agha bereits nach hinten gingen, lag die Außenthüre im Dunkeln. Ich huſchte hin und öffnete ſie, ſo daß ſie nur angelehnt blieb. Dann ſchritt ich ſchnell den beiden nach. „Wo liegt er?“ hörte ich den Muteſſelim fragen. „Hier.“ „Und wo liegt der Haddedihn?“ fragte ich, um dem Oeffnen der andern Thüre zuvorzukommen; denn ich mußte darauf ſehen, daß bei dem Araber zuerſt aufgemacht wurde. „Hier hinter der zweiten Thüre.“ „So mache einmal auf!“ Der Kommandant ſchien mit meinem Verlangen ein- verſtanden zu ſein. Er nickte mit dem Kopfe, und nun machte Selim auf. Der Gefangene hatte unſer lautes Kommen gehört und ſtand aufrecht in ſeinem Loche. Der Muteſſelim trat näher. „Du biſt Amad, der Sohn von Mohammed Emin?“

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Zitationshilfe: May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/323>, abgerufen am 28.11.2024.