"Ich gehe mit Selim Agha Wein trinken und suche -- -- --"
"Trinkt auch Wein?" unterbrach er mich.
"Leidenschaftlich."
"Schöner Muselmann! Verdient Prügel!"
"Grad diese Geschmacksrichtung aber giebt uns Vor- teile. Er wird einen Rausch bekommen und dann nehme ich ihm unbemerkt den Gefängnißschlüssel fort. Ich lasse den Araber heraus zu seinem Vater, wo er sich umkleidet. Dann führt ihn Halef nach der Villa, die Ihr für ihn gebaut habt."
"Well! Sehr schön! Was thue ich dabei?"
"Zunächst aufpassen. Wenn ich ihn bringe, so gebe ich da drüben an der Ecke ein Zeichen. Ich werde wie ein Rabe krächzen, der aus dem Schlafe gestört worden ist. Dann eilt Halef hinunter, um die Thüre zu öffnen und die Wirtin in der Küche festzuhalten. Ihr geht mit Mohammed an die Treppe und empfangt Amad, um ihn empor zu führen. Er zieht sich an, und ihr wartet, bis ich nach Hause komme."
"Ihr geht wieder fort?"
"Ja. Ich muß zu Selim Agha, um keinen Verdacht zu erregen und ihm den Schlüssel wieder zuzustecken."
"Schwere Sache für Euch! Wenn Ihr nun ertappt werdet?"
"Ich habe eine Faust und, wenn das zu wenig sein sollte, auch Waffen. Jetzt aber laßt uns in Gemeinschaft zu Abend essen."
„Wie iſt's?“ fragte er. „Retten wir Amad?“
„Ja.“
„Heute?“
„Ja.“
„Wie?“
„Ich gehe mit Selim Agha Wein trinken und ſuche — — —“
„Trinkt auch Wein?“ unterbrach er mich.
„Leidenſchaftlich.“
„Schöner Muſelmann! Verdient Prügel!“
„Grad dieſe Geſchmacksrichtung aber giebt uns Vor- teile. Er wird einen Rauſch bekommen und dann nehme ich ihm unbemerkt den Gefängnißſchlüſſel fort. Ich laſſe den Araber heraus zu ſeinem Vater, wo er ſich umkleidet. Dann führt ihn Halef nach der Villa, die Ihr für ihn gebaut habt.“
„Well! Sehr ſchön! Was thue ich dabei?“
„Zunächſt aufpaſſen. Wenn ich ihn bringe, ſo gebe ich da drüben an der Ecke ein Zeichen. Ich werde wie ein Rabe krächzen, der aus dem Schlafe geſtört worden iſt. Dann eilt Halef hinunter, um die Thüre zu öffnen und die Wirtin in der Küche feſtzuhalten. Ihr geht mit Mohammed an die Treppe und empfangt Amad, um ihn empor zu führen. Er zieht ſich an, und ihr wartet, bis ich nach Hauſe komme.“
„Ihr geht wieder fort?“
„Ja. Ich muß zu Selim Agha, um keinen Verdacht zu erregen und ihm den Schlüſſel wieder zuzuſtecken.“
„Schwere Sache für Euch! Wenn Ihr nun ertappt werdet?“
„Ich habe eine Fauſt und, wenn das zu wenig ſein ſollte, auch Waffen. Jetzt aber laßt uns in Gemeinſchaft zu Abend eſſen.“
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„Wie iſt's?“ fragte er. „Retten wir Amad?“
„Ja.“
„Heute?“
„Ja.“
„Wie?“
„Ich gehe mit Selim Agha Wein trinken und
ſuche — — —“
„Trinkt auch Wein?“ unterbrach er mich.
„Leidenſchaftlich.“
„Schöner Muſelmann! Verdient Prügel!“
„Grad dieſe Geſchmacksrichtung aber giebt uns Vor-
teile. Er wird einen Rauſch bekommen und dann nehme
ich ihm unbemerkt den Gefängnißſchlüſſel fort. Ich laſſe
den Araber heraus zu ſeinem Vater, wo er ſich umkleidet.
Dann führt ihn Halef nach der Villa, die Ihr für ihn
gebaut habt.“
„Well! Sehr ſchön! Was thue ich dabei?“
„Zunächſt aufpaſſen. Wenn ich ihn bringe, ſo gebe
ich da drüben an der Ecke ein Zeichen. Ich werde wie
ein Rabe krächzen, der aus dem Schlafe geſtört worden
iſt. Dann eilt Halef hinunter, um die Thüre zu öffnen
und die Wirtin in der Küche feſtzuhalten. Ihr geht mit
Mohammed an die Treppe und empfangt Amad, um ihn
empor zu führen. Er zieht ſich an, und ihr wartet, bis
ich nach Hauſe komme.“
„Ihr geht wieder fort?“
„Ja. Ich muß zu Selim Agha, um keinen Verdacht
zu erregen und ihm den Schlüſſel wieder zuzuſtecken.“
„Schwere Sache für Euch! Wenn Ihr nun ertappt
werdet?“
„Ich habe eine Fauſt und, wenn das zu wenig ſein
ſollte, auch Waffen. Jetzt aber laßt uns in Gemeinſchaft
zu Abend eſſen.“
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May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/307>, abgerufen am 23.11.2024.
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