Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892].

Bild:
<< vorherige Seite

ihm wegzudisputieren. Oder hatte ihn nur die berühmte
Hacke meines Master Fowling-bull auf den Gedanken ge-
bracht, mit mir über die Magie zu verhandeln? Das
war auch möglich. Uebrigens machten meine letzten Worte
wenigstens den Eindruck auf ihn, daß er in die Hände
klatschte und Kaffee und Pfeifen bringen ließ.

"Ich hörte, daß der Mutessarif einen Kampf mit
den Dschesidi gehabt habe?" begann er ein anderes
Thema.

Dasselbe war für mich nicht ungefährlich, aber ich
wußte nicht, wie ich es hätte abweisen können. Es be-
gann grad wie ein Verhör: "Ich hörte!" Und doch
mußte er als der nächste Untergebene des Gouverneur
und als Kommandant von Amadijah die Sache nicht bloß
vom Hören-Sagen kennen. Ich trat dazu in seine eigenen
Fußstapfen:

"Auch ich hörte davon." Und um einer Frage seiner-
seits zuvorzukommen, fügte ich hinzu: "Er wird sie ge-
züchtigt haben, und nun kommen wohl die widerspenstigen
Araber an die Reihe."

Er horchte auf und blickte mich forschend an.

"Woraus vermutest du das, Emir?"

"Weil er selbst mit mir davon sprach."

"Er selbst? Der Mutessarif?"

"Ja."

"Wann?"

"Als ich bei ihm war, natürlich."

"Wie kam er dazu?" erkundigte er sich, ohne eine
Miene des Unglaubens ganz verbergen zu können.

"Jedenfalls weil er Vertrauen zu mir hatte und ge-
willt ist, mir in Beziehung auf diesen Kriegszug eine
Aufgabe zu erteilen."

"Welche?"

ihm wegzudisputieren. Oder hatte ihn nur die berühmte
Hacke meines Maſter Fowling-bull auf den Gedanken ge-
bracht, mit mir über die Magie zu verhandeln? Das
war auch möglich. Uebrigens machten meine letzten Worte
wenigſtens den Eindruck auf ihn, daß er in die Hände
klatſchte und Kaffee und Pfeifen bringen ließ.

„Ich hörte, daß der Muteſſarif einen Kampf mit
den Dſcheſidi gehabt habe?“ begann er ein anderes
Thema.

Dasſelbe war für mich nicht ungefährlich, aber ich
wußte nicht, wie ich es hätte abweiſen können. Es be-
gann grad wie ein Verhör: „Ich hörte!“ Und doch
mußte er als der nächſte Untergebene des Gouverneur
und als Kommandant von Amadijah die Sache nicht bloß
vom Hören-Sagen kennen. Ich trat dazu in ſeine eigenen
Fußſtapfen:

„Auch ich hörte davon.“ Und um einer Frage ſeiner-
ſeits zuvorzukommen, fügte ich hinzu: „Er wird ſie ge-
züchtigt haben, und nun kommen wohl die widerſpenſtigen
Araber an die Reihe.“

Er horchte auf und blickte mich forſchend an.

„Woraus vermuteſt du das, Emir?“

„Weil er ſelbſt mit mir davon ſprach.“

„Er ſelbſt? Der Muteſſarif?“

„Ja.“

„Wann?“

„Als ich bei ihm war, natürlich.“

„Wie kam er dazu?“ erkundigte er ſich, ohne eine
Miene des Unglaubens ganz verbergen zu können.

„Jedenfalls weil er Vertrauen zu mir hatte und ge-
willt iſt, mir in Beziehung auf dieſen Kriegszug eine
Aufgabe zu erteilen.“

„Welche?“

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0202" n="188"/>
ihm wegzudisputieren. Oder hatte ihn nur die berühmte<lb/>
Hacke meines Ma&#x017F;ter Fowling-bull auf den Gedanken ge-<lb/>
bracht, mit mir über die Magie zu verhandeln? Das<lb/>
war auch möglich. Uebrigens machten meine letzten Worte<lb/>
wenig&#x017F;tens den Eindruck auf ihn, daß er in die Hände<lb/>
klat&#x017F;chte und Kaffee und Pfeifen bringen ließ.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ich hörte, daß der Mute&#x017F;&#x017F;arif einen Kampf mit<lb/>
den D&#x017F;che&#x017F;idi gehabt habe?&#x201C; begann er ein anderes<lb/>
Thema.</p><lb/>
        <p>Das&#x017F;elbe war für mich nicht ungefährlich, aber ich<lb/>
wußte nicht, wie ich es hätte abwei&#x017F;en können. Es be-<lb/>
gann grad wie ein Verhör: &#x201E;Ich hörte!&#x201C; Und doch<lb/>
mußte er als der näch&#x017F;te Untergebene des Gouverneur<lb/>
und als Kommandant von Amadijah die Sache nicht bloß<lb/>
vom Hören-Sagen kennen. Ich trat dazu in &#x017F;eine eigenen<lb/>
Fuß&#x017F;tapfen:</p><lb/>
        <p>&#x201E;Auch ich hörte davon.&#x201C; Und um einer Frage &#x017F;einer-<lb/>
&#x017F;eits zuvorzukommen, fügte ich hinzu: &#x201E;Er wird &#x017F;ie ge-<lb/>
züchtigt haben, und nun kommen wohl die wider&#x017F;pen&#x017F;tigen<lb/>
Araber an die Reihe.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Er horchte auf und blickte mich for&#x017F;chend an.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Woraus vermute&#x017F;t du das, Emir?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Weil er &#x017F;elb&#x017F;t mit mir davon &#x017F;prach.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Er &#x017F;elb&#x017F;t? Der Mute&#x017F;&#x017F;arif?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ja.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wann?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Als ich bei ihm war, natürlich.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wie kam er dazu?&#x201C; erkundigte er &#x017F;ich, ohne eine<lb/>
Miene des Unglaubens ganz verbergen zu können.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Jedenfalls weil er Vertrauen zu mir hatte und ge-<lb/>
willt i&#x017F;t, mir in Beziehung auf die&#x017F;en Kriegszug eine<lb/>
Aufgabe zu erteilen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Welche?&#x201C;</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[188/0202] ihm wegzudisputieren. Oder hatte ihn nur die berühmte Hacke meines Maſter Fowling-bull auf den Gedanken ge- bracht, mit mir über die Magie zu verhandeln? Das war auch möglich. Uebrigens machten meine letzten Worte wenigſtens den Eindruck auf ihn, daß er in die Hände klatſchte und Kaffee und Pfeifen bringen ließ. „Ich hörte, daß der Muteſſarif einen Kampf mit den Dſcheſidi gehabt habe?“ begann er ein anderes Thema. Dasſelbe war für mich nicht ungefährlich, aber ich wußte nicht, wie ich es hätte abweiſen können. Es be- gann grad wie ein Verhör: „Ich hörte!“ Und doch mußte er als der nächſte Untergebene des Gouverneur und als Kommandant von Amadijah die Sache nicht bloß vom Hören-Sagen kennen. Ich trat dazu in ſeine eigenen Fußſtapfen: „Auch ich hörte davon.“ Und um einer Frage ſeiner- ſeits zuvorzukommen, fügte ich hinzu: „Er wird ſie ge- züchtigt haben, und nun kommen wohl die widerſpenſtigen Araber an die Reihe.“ Er horchte auf und blickte mich forſchend an. „Woraus vermuteſt du das, Emir?“ „Weil er ſelbſt mit mir davon ſprach.“ „Er ſelbſt? Der Muteſſarif?“ „Ja.“ „Wann?“ „Als ich bei ihm war, natürlich.“ „Wie kam er dazu?“ erkundigte er ſich, ohne eine Miene des Unglaubens ganz verbergen zu können. „Jedenfalls weil er Vertrauen zu mir hatte und ge- willt iſt, mir in Beziehung auf dieſen Kriegszug eine Aufgabe zu erteilen.“ „Welche?“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/202
Zitationshilfe: May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/202>, abgerufen am 05.05.2024.