mit den Zähnen am Halse, zwar leicht, aber doch so, daß der Ueberwundene bei der geringsten Bewegung verloren war.
Ich nahm dem Meuchler erst den Dolch aus der Hand und dann die eine Pistole aus dem Gürtel; die andere, abgeschossene lag am Boden; er hatte sie beim Angriffe des Hundes fallen lassen.
"Geri -- zurück!"
Auf diesen Befehl ließ Dojan den Arnauten los. Dieser erhob sich und griff sich unwillkürlich an den Hals. Ich sagte zu ihm:
"Mensch, du mordest ja! Soll ich dich niederschlagen?"
"Sihdi befiehl es, und ich hänge ihn auf!" bat Halef.
"Pah! Er hat keinen von uns getroffen. Laßt ihn laufen!"
"Emir," meinte Mohammed, "er ist ein wildes Tier, welches unschädlich gemacht werden muß!"
"Er hat auf mich geschossen und wird keine Gelegen- heit haben, es wieder zu thun. Packe dich, Schurke!"
Im Nu war er zwischen den Büschen verschwunden. Der Hund wollte ihm augenblicklich folgen, aber ich hielt ihn zurück.
"Sihdi, wir müssen ihm nach; er ist ein Arnaute und bleibt uns gefährlich!" rief Halef.
"Wo will er uns gefährlich sein? Etwa in Amadi- jah? Dort darf er sich nicht sehen lassen, sonst lasse ich ihm den Prozeß machen."
Auch Mohammed und der Engländer erhoben hef- tigen Widerspruch, aber ich kehrte zu den Pferden zurück und stieg auf. Der Hund folgte mir ungeheißen; ich merkte, daß ich ihn nicht anzubinden brauchte, und fand dies in der Folge auch bestätigt.
Gegen Mittag erreichten wir ein kleines Dorf,
mit den Zähnen am Halſe, zwar leicht, aber doch ſo, daß der Ueberwundene bei der geringſten Bewegung verloren war.
Ich nahm dem Meuchler erſt den Dolch aus der Hand und dann die eine Piſtole aus dem Gürtel; die andere, abgeſchoſſene lag am Boden; er hatte ſie beim Angriffe des Hundes fallen laſſen.
„Geri — zurück!“
Auf dieſen Befehl ließ Dojan den Arnauten los. Dieſer erhob ſich und griff ſich unwillkürlich an den Hals. Ich ſagte zu ihm:
„Menſch, du mordeſt ja! Soll ich dich niederſchlagen?“
„Sihdi befiehl es, und ich hänge ihn auf!“ bat Halef.
„Pah! Er hat keinen von uns getroffen. Laßt ihn laufen!“
„Emir,“ meinte Mohammed, „er iſt ein wildes Tier, welches unſchädlich gemacht werden muß!“
„Er hat auf mich geſchoſſen und wird keine Gelegen- heit haben, es wieder zu thun. Packe dich, Schurke!“
Im Nu war er zwiſchen den Büſchen verſchwunden. Der Hund wollte ihm augenblicklich folgen, aber ich hielt ihn zurück.
„Sihdi, wir müſſen ihm nach; er iſt ein Arnaute und bleibt uns gefährlich!“ rief Halef.
„Wo will er uns gefährlich ſein? Etwa in Amadi- jah? Dort darf er ſich nicht ſehen laſſen, ſonſt laſſe ich ihm den Prozeß machen.“
Auch Mohammed und der Engländer erhoben hef- tigen Widerſpruch, aber ich kehrte zu den Pferden zurück und ſtieg auf. Der Hund folgte mir ungeheißen; ich merkte, daß ich ihn nicht anzubinden brauchte, und fand dies in der Folge auch beſtätigt.
Gegen Mittag erreichten wir ein kleines Dorf,
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mit den Zähnen am Halſe, zwar leicht, aber doch ſo, daß
der Ueberwundene bei der geringſten Bewegung verloren
war.
Ich nahm dem Meuchler erſt den Dolch aus der
Hand und dann die eine Piſtole aus dem Gürtel; die
andere, abgeſchoſſene lag am Boden; er hatte ſie beim
Angriffe des Hundes fallen laſſen.
„Geri — zurück!“
Auf dieſen Befehl ließ Dojan den Arnauten los.
Dieſer erhob ſich und griff ſich unwillkürlich an den Hals.
Ich ſagte zu ihm:
„Menſch, du mordeſt ja! Soll ich dich niederſchlagen?“
„Sihdi befiehl es, und ich hänge ihn auf!“ bat Halef.
„Pah! Er hat keinen von uns getroffen. Laßt ihn
laufen!“
„Emir,“ meinte Mohammed, „er iſt ein wildes Tier,
welches unſchädlich gemacht werden muß!“
„Er hat auf mich geſchoſſen und wird keine Gelegen-
heit haben, es wieder zu thun. Packe dich, Schurke!“
Im Nu war er zwiſchen den Büſchen verſchwunden.
Der Hund wollte ihm augenblicklich folgen, aber ich hielt
ihn zurück.
„Sihdi, wir müſſen ihm nach; er iſt ein Arnaute
und bleibt uns gefährlich!“ rief Halef.
„Wo will er uns gefährlich ſein? Etwa in Amadi-
jah? Dort darf er ſich nicht ſehen laſſen, ſonſt laſſe ich
ihm den Prozeß machen.“
Auch Mohammed und der Engländer erhoben hef-
tigen Widerſpruch, aber ich kehrte zu den Pferden zurück
und ſtieg auf. Der Hund folgte mir ungeheißen; ich
merkte, daß ich ihn nicht anzubinden brauchte, und fand
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Gegen Mittag erreichten wir ein kleines Dorf,
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May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/169>, abgerufen am 27.11.2024.
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