Ich machte es vom Halse los und reichte es ihm. Er war so gewaltig erstaunt, daß er vergaß, zuzugreifen. Ich legte es in seinen Schoß.
"O Emir, was thust du!" rief er endlich entzückt. "Du bringst in mein Haus die herrlichste Gabe, welche Allah der Erde verliehen hat. Ist es dein Ernst, daß du sie mir schenkest?"
"Nimm sie hin, ich gebe sie dir sehr gern!"
"Gesegnet sei deine Hand, und stets weile das Glück auf deinem Pfade! Kommt her, ihr Männer, und be- fühlt diese Flasche, damit die Güte des großen Emir auch euch beglücken möge!"
Die Flasche ging von Hand zu Hand. Ich hatte mit ihr die größte Freude gestiftet, die es nur geben kann. Als sich das Entzücken des Vorstehers einigermaßen ge- legt hatte, wandte er sich wieder zu mir:
"Herr, dieser Hund ist nun dein. Spucke ihm drei- mal in das Maul, und nimm ihn heut unter deinen Mantel, wenn du schlafen gehest, so wird er dich nie wieder verlassen!"
Der Engländer hatte das alles mit angesehen, ohne den Vorgang recht zu verstehen. Er fragte mich:
"Zem-Zem verschenkt, Master?"
"Ja."
"Well! Immer fort damit! Wasser ist Wasser!"
"Wißt Ihr, was ich dafür bekommen habe?"
"Was?"
"Diesen Hund."
"Wie? Was? Nicht möglich!"
"Warum nicht?"
"Zu kostbar. Kenne die Hunde! Dieser ist fünfzig Pfund wert!"
"Noch mehr. Aber dennoch gehört er mir."
Ich machte es vom Halſe los und reichte es ihm. Er war ſo gewaltig erſtaunt, daß er vergaß, zuzugreifen. Ich legte es in ſeinen Schoß.
„O Emir, was thuſt du!“ rief er endlich entzückt. „Du bringſt in mein Haus die herrlichſte Gabe, welche Allah der Erde verliehen hat. Iſt es dein Ernſt, daß du ſie mir ſchenkeſt?“
„Nimm ſie hin, ich gebe ſie dir ſehr gern!“
„Geſegnet ſei deine Hand, und ſtets weile das Glück auf deinem Pfade! Kommt her, ihr Männer, und be- fühlt dieſe Flaſche, damit die Güte des großen Emir auch euch beglücken möge!“
Die Flaſche ging von Hand zu Hand. Ich hatte mit ihr die größte Freude geſtiftet, die es nur geben kann. Als ſich das Entzücken des Vorſtehers einigermaßen ge- legt hatte, wandte er ſich wieder zu mir:
„Herr, dieſer Hund iſt nun dein. Spucke ihm drei- mal in das Maul, und nimm ihn heut unter deinen Mantel, wenn du ſchlafen geheſt, ſo wird er dich nie wieder verlaſſen!“
Der Engländer hatte das alles mit angeſehen, ohne den Vorgang recht zu verſtehen. Er fragte mich:
„Zem-Zem verſchenkt, Maſter?“
„Ja.“
„Well! Immer fort damit! Waſſer iſt Waſſer!“
„Wißt Ihr, was ich dafür bekommen habe?“
„Was?“
„Dieſen Hund.“
„Wie? Was? Nicht möglich!“
„Warum nicht?“
„Zu koſtbar. Kenne die Hunde! Dieſer iſt fünfzig Pfund wert!“
„Noch mehr. Aber dennoch gehört er mir.“
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Ich machte es vom Halſe los und reichte es ihm.
Er war ſo gewaltig erſtaunt, daß er vergaß, zuzugreifen.
Ich legte es in ſeinen Schoß.
„O Emir, was thuſt du!“ rief er endlich entzückt.
„Du bringſt in mein Haus die herrlichſte Gabe, welche
Allah der Erde verliehen hat. Iſt es dein Ernſt, daß
du ſie mir ſchenkeſt?“
„Nimm ſie hin, ich gebe ſie dir ſehr gern!“
„Geſegnet ſei deine Hand, und ſtets weile das Glück
auf deinem Pfade! Kommt her, ihr Männer, und be-
fühlt dieſe Flaſche, damit die Güte des großen Emir
auch euch beglücken möge!“
Die Flaſche ging von Hand zu Hand. Ich hatte
mit ihr die größte Freude geſtiftet, die es nur geben kann.
Als ſich das Entzücken des Vorſtehers einigermaßen ge-
legt hatte, wandte er ſich wieder zu mir:
„Herr, dieſer Hund iſt nun dein. Spucke ihm drei-
mal in das Maul, und nimm ihn heut unter deinen
Mantel, wenn du ſchlafen geheſt, ſo wird er dich nie
wieder verlaſſen!“
Der Engländer hatte das alles mit angeſehen, ohne
den Vorgang recht zu verſtehen. Er fragte mich:
„Zem-Zem verſchenkt, Maſter?“
„Ja.“
„Well! Immer fort damit! Waſſer iſt Waſſer!“
„Wißt Ihr, was ich dafür bekommen habe?“
„Was?“
„Dieſen Hund.“
„Wie? Was? Nicht möglich!“
„Warum nicht?“
„Zu koſtbar. Kenne die Hunde! Dieſer iſt fünfzig
Pfund wert!“
„Noch mehr. Aber dennoch gehört er mir.“
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May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/155>, abgerufen am 26.11.2024.
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