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May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892].

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das Wort "Dojan" *) in den Hof hinab. Sogleich ertönte
ein freudiges Gebell; eine Thüre wurde geöffnet, und ich
bemerkte, daß die unten Stehenden einem Hunde Platz
machten, damit er über die Treppe herauf zu uns kommen
könne. Nur einen Augenblick später stand derselbe vor
dem Aeltesten und liebkosete ihn. Es war einer jener
kostbaren gelbgrauen und außergewöhnlich großen und
starken Windhunde, die in Indien, Persien und Tur-
kestan bis nach Sibirien hinein Slogi genannt werden.
Bei den Kurden wird diese seltene Rasse Tazi genannt.
Sie ereilen die flüchtigste Gazelle; sie holen oft selbst den
wilden Esel und das windschnelle Tschiggetai ein und
fürchten sich vor keinem Panther und vor keinem Bären.
Ich muß gestehen, daß mich der Anblick dieses Tieres
mit lebhafter Bewunderung erfüllte. Er war als Hund
ebenso kostbar, wie mein Rappe dieses Prädikat als Pferd
verdiente.

"Emir," meinte der Vorsteher, "die Hunde der Mis-
surikurden sind berühmt weit über unsere Berge hinaus.
Ich habe manchen Tazi erzogen, auf den ich stolz sein
konnte; keiner aber hat diesem hier geglichen. Er sei dein!"

"Nezanum, diese Gabe ist so wertvoll, daß ich sie
nicht annehmen kann," antwortete ich ihm.

"Willst Du mich beleidigen?" fragte er sehr ernst.

"Nein, das will ich nicht," lenkte ich ein. Ich wollte
nur sagen, daß deine Güte größer ist als die meinige.
Erlaube, daß ich den Tazi annehme, aber gestatte mir
auch, dir dieses Fläschlein zu geben!"

"Was ist es? Ein Wohlgeruch aus Persien?"

"Nein. Es ist von mir gekauft worden beim Beith
Allah in der heiligen Stadt Mekka und enthält das
Wasser vom Brunnen Zem-Zem."

*) Falke.

das Wort „Dojan“ *) in den Hof hinab. Sogleich ertönte
ein freudiges Gebell; eine Thüre wurde geöffnet, und ich
bemerkte, daß die unten Stehenden einem Hunde Platz
machten, damit er über die Treppe herauf zu uns kommen
könne. Nur einen Augenblick ſpäter ſtand derſelbe vor
dem Aelteſten und liebkoſete ihn. Es war einer jener
koſtbaren gelbgrauen und außergewöhnlich großen und
ſtarken Windhunde, die in Indien, Perſien und Tur-
keſtan bis nach Sibirien hinein Slogi genannt werden.
Bei den Kurden wird dieſe ſeltene Raſſe Tazi genannt.
Sie ereilen die flüchtigſte Gazelle; ſie holen oft ſelbſt den
wilden Eſel und das windſchnelle Tſchiggetai ein und
fürchten ſich vor keinem Panther und vor keinem Bären.
Ich muß geſtehen, daß mich der Anblick dieſes Tieres
mit lebhafter Bewunderung erfüllte. Er war als Hund
ebenſo koſtbar, wie mein Rappe dieſes Prädikat als Pferd
verdiente.

„Emir,“ meinte der Vorſteher, „die Hunde der Miſ-
ſurikurden ſind berühmt weit über unſere Berge hinaus.
Ich habe manchen Tazi erzogen, auf den ich ſtolz ſein
konnte; keiner aber hat dieſem hier geglichen. Er ſei dein!“

„Nezanum, dieſe Gabe iſt ſo wertvoll, daß ich ſie
nicht annehmen kann,“ antwortete ich ihm.

„Willſt Du mich beleidigen?“ fragte er ſehr ernſt.

„Nein, das will ich nicht,“ lenkte ich ein. Ich wollte
nur ſagen, daß deine Güte größer iſt als die meinige.
Erlaube, daß ich den Tazi annehme, aber geſtatte mir
auch, dir dieſes Fläſchlein zu geben!“

„Was iſt es? Ein Wohlgeruch aus Perſien?“

„Nein. Es iſt von mir gekauft worden beim Beith
Allah in der heiligen Stadt Mekka und enthält das
Waſſer vom Brunnen Zem-Zem.“

*) Falke.
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[140/0154] das Wort „Dojan“ *) in den Hof hinab. Sogleich ertönte ein freudiges Gebell; eine Thüre wurde geöffnet, und ich bemerkte, daß die unten Stehenden einem Hunde Platz machten, damit er über die Treppe herauf zu uns kommen könne. Nur einen Augenblick ſpäter ſtand derſelbe vor dem Aelteſten und liebkoſete ihn. Es war einer jener koſtbaren gelbgrauen und außergewöhnlich großen und ſtarken Windhunde, die in Indien, Perſien und Tur- keſtan bis nach Sibirien hinein Slogi genannt werden. Bei den Kurden wird dieſe ſeltene Raſſe Tazi genannt. Sie ereilen die flüchtigſte Gazelle; ſie holen oft ſelbſt den wilden Eſel und das windſchnelle Tſchiggetai ein und fürchten ſich vor keinem Panther und vor keinem Bären. Ich muß geſtehen, daß mich der Anblick dieſes Tieres mit lebhafter Bewunderung erfüllte. Er war als Hund ebenſo koſtbar, wie mein Rappe dieſes Prädikat als Pferd verdiente. „Emir,“ meinte der Vorſteher, „die Hunde der Miſ- ſurikurden ſind berühmt weit über unſere Berge hinaus. Ich habe manchen Tazi erzogen, auf den ich ſtolz ſein konnte; keiner aber hat dieſem hier geglichen. Er ſei dein!“ „Nezanum, dieſe Gabe iſt ſo wertvoll, daß ich ſie nicht annehmen kann,“ antwortete ich ihm. „Willſt Du mich beleidigen?“ fragte er ſehr ernſt. „Nein, das will ich nicht,“ lenkte ich ein. Ich wollte nur ſagen, daß deine Güte größer iſt als die meinige. Erlaube, daß ich den Tazi annehme, aber geſtatte mir auch, dir dieſes Fläſchlein zu geben!“ „Was iſt es? Ein Wohlgeruch aus Perſien?“ „Nein. Es iſt von mir gekauft worden beim Beith Allah in der heiligen Stadt Mekka und enthält das Waſſer vom Brunnen Zem-Zem.“ *) Falke.

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Zitationshilfe: May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/154>, abgerufen am 25.11.2024.