Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892].

Bild:
<< vorherige Seite

und Knoblauch und fand, daß der Geschmack derselben
nicht so schlimm war, wie der Klang der Ingredienzien.
Den Schluß des Mahles bildeten getrocknete Aepfel und
Weintrauben, zu denen ein Schluck Racki getrunken wurde.
Dann kamen die Tabakspfeifen zu ihrem Rechte.

Während wir den starken, rauhen und nur wenig
fermentierten Tabak von Kelekowa in Brand steckten, ließ
sich unten ein lautes Gespräch vernehmen. Der Vorsteher
ging hinaus, um nach der Veranlassung desselben zu sehen,
und da er den Eingang offen ließ, konnten wir jedes
Wort vernehmen.

"Wer ist da?" fragte er.

"Was will er?" hörte ich eine andere Stimme in
englischer Sprache fragen.

"Er fragt, wer da ist," antwortete ein dritter, gleich-
falls englisch.

"Was heißt türkisch: ich?"

"Ben."

"Well! Ben!!!" rief es dann zum Wirte herauf.

"Ben?" fragte dieser. "Wie ist dein Name?"

"Was will er?" fragte dieselbe klappernde Stimme,
die mir so außerordentlich bekannt war, daß ich vor Ver-
wunderung über die Anwesenheit dieses Mannes aufge-
sprungen war.

"Er fragt, wie sie heißen."

"Sir David Lindsay!" rief er herauf.

Im nächsten Augenblicke stand ich unten neben ihm
im Flur. Ja, da lehnte er vor mir, beleuchtet vom Feuer
des Herdes. Das war der hohe, graue Cylinderhut, der
lange, dünne Kopf, der breite Mund, die Sierra-Morena-
Nase, der bloße, dürre Hals, der breite Hemdkragen, der
graukarrierte Schlips, die graukarrierte Weste, der grau-
karrierte Rock, die graukarrierte Hose, die graukarrierten

und Knoblauch und fand, daß der Geſchmack derſelben
nicht ſo ſchlimm war, wie der Klang der Ingredienzien.
Den Schluß des Mahles bildeten getrocknete Aepfel und
Weintrauben, zu denen ein Schluck Racki getrunken wurde.
Dann kamen die Tabakspfeifen zu ihrem Rechte.

Während wir den ſtarken, rauhen und nur wenig
fermentierten Tabak von Kelekowa in Brand ſteckten, ließ
ſich unten ein lautes Geſpräch vernehmen. Der Vorſteher
ging hinaus, um nach der Veranlaſſung desſelben zu ſehen,
und da er den Eingang offen ließ, konnten wir jedes
Wort vernehmen.

„Wer iſt da?“ fragte er.

„Was will er?“ hörte ich eine andere Stimme in
engliſcher Sprache fragen.

„Er fragt, wer da iſt,“ antwortete ein dritter, gleich-
falls engliſch.

„Was heißt türkiſch: ich?“

„Ben.“

Well! Ben!!!“ rief es dann zum Wirte herauf.

„Ben?“ fragte dieſer. „Wie iſt dein Name?“

„Was will er?“ fragte dieſelbe klappernde Stimme,
die mir ſo außerordentlich bekannt war, daß ich vor Ver-
wunderung über die Anweſenheit dieſes Mannes aufge-
ſprungen war.

„Er fragt, wie ſie heißen.“

„Sir David Lindſay!“ rief er herauf.

Im nächſten Augenblicke ſtand ich unten neben ihm
im Flur. Ja, da lehnte er vor mir, beleuchtet vom Feuer
des Herdes. Das war der hohe, graue Cylinderhut, der
lange, dünne Kopf, der breite Mund, die Sierra-Morena-
Naſe, der bloße, dürre Hals, der breite Hemdkragen, der
graukarrierte Schlips, die graukarrierte Weſte, der grau-
karrierte Rock, die graukarrierte Hoſe, die graukarrierten

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0140" n="126"/>
und Knoblauch und fand, daß der Ge&#x017F;chmack der&#x017F;elben<lb/>
nicht &#x017F;o &#x017F;chlimm war, wie der Klang der Ingredienzien.<lb/>
Den Schluß des Mahles bildeten getrocknete Aepfel und<lb/>
Weintrauben, zu denen ein Schluck Racki getrunken wurde.<lb/>
Dann kamen die Tabakspfeifen zu ihrem Rechte.</p><lb/>
        <p>Während wir den &#x017F;tarken, rauhen und nur wenig<lb/>
fermentierten Tabak von Kelekowa in Brand &#x017F;teckten, ließ<lb/>
&#x017F;ich unten ein lautes Ge&#x017F;präch vernehmen. Der Vor&#x017F;teher<lb/>
ging hinaus, um nach der Veranla&#x017F;&#x017F;ung des&#x017F;elben zu &#x017F;ehen,<lb/>
und da er den Eingang offen ließ, konnten wir jedes<lb/>
Wort vernehmen.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Wer i&#x017F;t da?&#x201C; fragte er.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Was will er?&#x201C; hörte ich eine andere Stimme in<lb/>
engli&#x017F;cher Sprache fragen.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Er fragt, wer da i&#x017F;t,&#x201C; antwortete ein dritter, gleich-<lb/>
falls engli&#x017F;ch.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Was heißt türki&#x017F;ch: ich?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ben.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;<hi rendition="#aq">Well!</hi> Ben!!!&#x201C; rief es dann zum Wirte herauf.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ben?&#x201C; fragte die&#x017F;er. &#x201E;Wie i&#x017F;t dein Name?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Was will er?&#x201C; fragte die&#x017F;elbe klappernde Stimme,<lb/>
die mir &#x017F;o außerordentlich bekannt war, daß ich vor Ver-<lb/>
wunderung über die Anwe&#x017F;enheit die&#x017F;es Mannes aufge-<lb/>
&#x017F;prungen war.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Er fragt, wie &#x017F;ie heißen.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Sir David Lind&#x017F;ay!&#x201C; rief er herauf.</p><lb/>
        <p>Im näch&#x017F;ten Augenblicke &#x017F;tand ich unten neben ihm<lb/>
im Flur. Ja, da lehnte er vor mir, beleuchtet vom Feuer<lb/>
des Herdes. Das war der hohe, graue Cylinderhut, der<lb/>
lange, dünne Kopf, der breite Mund, die Sierra-Morena-<lb/>
Na&#x017F;e, der bloße, dürre Hals, der breite Hemdkragen, der<lb/>
graukarrierte Schlips, die graukarrierte We&#x017F;te, der grau-<lb/>
karrierte Rock, die graukarrierte Ho&#x017F;e, die graukarrierten<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[126/0140] und Knoblauch und fand, daß der Geſchmack derſelben nicht ſo ſchlimm war, wie der Klang der Ingredienzien. Den Schluß des Mahles bildeten getrocknete Aepfel und Weintrauben, zu denen ein Schluck Racki getrunken wurde. Dann kamen die Tabakspfeifen zu ihrem Rechte. Während wir den ſtarken, rauhen und nur wenig fermentierten Tabak von Kelekowa in Brand ſteckten, ließ ſich unten ein lautes Geſpräch vernehmen. Der Vorſteher ging hinaus, um nach der Veranlaſſung desſelben zu ſehen, und da er den Eingang offen ließ, konnten wir jedes Wort vernehmen. „Wer iſt da?“ fragte er. „Was will er?“ hörte ich eine andere Stimme in engliſcher Sprache fragen. „Er fragt, wer da iſt,“ antwortete ein dritter, gleich- falls engliſch. „Was heißt türkiſch: ich?“ „Ben.“ „Well! Ben!!!“ rief es dann zum Wirte herauf. „Ben?“ fragte dieſer. „Wie iſt dein Name?“ „Was will er?“ fragte dieſelbe klappernde Stimme, die mir ſo außerordentlich bekannt war, daß ich vor Ver- wunderung über die Anweſenheit dieſes Mannes aufge- ſprungen war. „Er fragt, wie ſie heißen.“ „Sir David Lindſay!“ rief er herauf. Im nächſten Augenblicke ſtand ich unten neben ihm im Flur. Ja, da lehnte er vor mir, beleuchtet vom Feuer des Herdes. Das war der hohe, graue Cylinderhut, der lange, dünne Kopf, der breite Mund, die Sierra-Morena- Naſe, der bloße, dürre Hals, der breite Hemdkragen, der graukarrierte Schlips, die graukarrierte Weſte, der grau- karrierte Rock, die graukarrierte Hoſe, die graukarrierten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/140
Zitationshilfe: May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/140>, abgerufen am 22.11.2024.