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May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892].

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mich, ob ich ihn gerner begleiten oder lieber hier bleiben
wolle.

"Wie werde ich die Feierlichkeit am besten beobachten
können?"

"Wenn du mit mir gehest," antwortete er. "Die
Urne wird heute abend beim Glanze der Fackeln und Later-
nen von Scheik Adi nach dem Thale Idiz übergeführt."

"Ich denke, sie ist bereits hier!"

"Nein. Sie steht am kühlen Wasser im Walde und
wird erst in das Heiligtum gebracht."

"Trotz der Türken?"

"Sie können uns nicht hindern."

"So reite ich mit."

"Du hast bis zum Abend Zeit. Willst du mir eine
Liebe erweisen?"

"Gern, im Falle es mir möglich ist!"

"Du weißt, daß ich dem Häuptling der Badinan-
Kurden Gewehre versprochen habe. Wirst du den Ort fin-
den, wo er seine Hütten hat?"

"Sehr leicht. Jedenfalls braucht man gar nicht bis
dorthin zu reiten, da er den Paß und die Seitenthäler
besetzen wollte. Es wird übrigens an der Zeit sein, ihm
einmal Nachricht zu geben."

"Willst du dies übernehmen?"

"Ja."

"Und ihm seine Gewehre bringen?"

"Wenn du sie mir anvertraust!"

"Er soll hundert haben und auch Munition dazu.
Drei Maultiere können dies tragen. Wie viele Männer
wünschest du als Begleitung?"

"Ist ein Angriff oder sonst eine Feindseligkeit zu er-
warten?"

"Nein."

mich, ob ich ihn gerner begleiten oder lieber hier bleiben
wolle.

„Wie werde ich die Feierlichkeit am beſten beobachten
können?“

„Wenn du mit mir geheſt,“ antwortete er. „Die
Urne wird heute abend beim Glanze der Fackeln und Later-
nen von Scheik Adi nach dem Thale Idiz übergeführt.“

„Ich denke, ſie iſt bereits hier!“

„Nein. Sie ſteht am kühlen Waſſer im Walde und
wird erſt in das Heiligtum gebracht.“

„Trotz der Türken?“

„Sie können uns nicht hindern.“

„So reite ich mit.“

„Du haſt bis zum Abend Zeit. Willſt du mir eine
Liebe erweiſen?“

„Gern, im Falle es mir möglich iſt!“

„Du weißt, daß ich dem Häuptling der Badinan-
Kurden Gewehre verſprochen habe. Wirſt du den Ort fin-
den, wo er ſeine Hütten hat?“

„Sehr leicht. Jedenfalls braucht man gar nicht bis
dorthin zu reiten, da er den Paß und die Seitenthäler
beſetzen wollte. Es wird übrigens an der Zeit ſein, ihm
einmal Nachricht zu geben.“

„Willſt du dies übernehmen?“

„Ja.“

„Und ihm ſeine Gewehre bringen?“

„Wenn du ſie mir anvertrauſt!“

„Er ſoll hundert haben und auch Munition dazu.
Drei Maultiere können dies tragen. Wie viele Männer
wünſcheſt du als Begleitung?“

„Iſt ein Angriff oder ſonſt eine Feindſeligkeit zu er-
warten?“

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[102/0116] mich, ob ich ihn gerner begleiten oder lieber hier bleiben wolle. „Wie werde ich die Feierlichkeit am beſten beobachten können?“ „Wenn du mit mir geheſt,“ antwortete er. „Die Urne wird heute abend beim Glanze der Fackeln und Later- nen von Scheik Adi nach dem Thale Idiz übergeführt.“ „Ich denke, ſie iſt bereits hier!“ „Nein. Sie ſteht am kühlen Waſſer im Walde und wird erſt in das Heiligtum gebracht.“ „Trotz der Türken?“ „Sie können uns nicht hindern.“ „So reite ich mit.“ „Du haſt bis zum Abend Zeit. Willſt du mir eine Liebe erweiſen?“ „Gern, im Falle es mir möglich iſt!“ „Du weißt, daß ich dem Häuptling der Badinan- Kurden Gewehre verſprochen habe. Wirſt du den Ort fin- den, wo er ſeine Hütten hat?“ „Sehr leicht. Jedenfalls braucht man gar nicht bis dorthin zu reiten, da er den Paß und die Seitenthäler beſetzen wollte. Es wird übrigens an der Zeit ſein, ihm einmal Nachricht zu geben.“ „Willſt du dies übernehmen?“ „Ja.“ „Und ihm ſeine Gewehre bringen?“ „Wenn du ſie mir anvertrauſt!“ „Er ſoll hundert haben und auch Munition dazu. Drei Maultiere können dies tragen. Wie viele Männer wünſcheſt du als Begleitung?“ „Iſt ein Angriff oder ſonſt eine Feindſeligkeit zu er- warten?“ „Nein.“

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Zitationshilfe: May, Karl: Durchs Wilde Kurdistan. Freiburg (Breisgau), [1892], S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/may_kurdistan_1892/116>, abgerufen am 06.05.2024.