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Mascov, Johann Jakob: Geschichte der Teutschen. Bd. 1. Leipzig, 1726.

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Zehndtes Buch. Geschichte der Teutschen,
mitgenommen, daß einige Provintzen fast gantz von Einwohnern entblösset
waren2. Rom selbst hatte bey dem innerlichen Kriege zwischen Anthemio
und Ricimere so viel, und vielleicht mehr, als von den Gothen und Vandalen
gelitten3. Odoacer suchte nun seine Regierung dem Volck so viel möglich
angenehm zu machen. baronivs rühmt ihm nach, daß, ungeachtet er
den Arianern zugethan gewesen, er dennoch denen, die sich zu der Römischen
Kirche gehalten, nichts zu Leide gethan4: und ennodivs schreibt, daß er der
Stadt Pauia, auf Vorbitte ihres Bischoffs Epiphanii, die Steuern auf fünf
Jahr erlassen5. Gensericus hat ihm auch gleich zu Anfang den geruhigen
Besitz von Sicilien, gegen gewisse Bedingungen, zugestanden6.

XXXIX. Was aber die Francken anbetrifft, so haben seit einiger Zeit
Nachholung
der Fräncki-
schen Geschich-
te. Vom Kö-
nige Childe-
rico.
Anfang
der Regierung
Chlodouei.
die Römischen historici, für den Vandalen Gothen und Sveven, fast nicht
Zeit gehabt, ihrer zu gedencken. Der eigentliche Sitz ihrer Macht war zwar
noch immer in Teutschland, am rechten Ufer des Rheins, da sie nunmehr nicht
allein die insulam Batavorum, sondern auch die Länder um die Lippe, Roer,
Sieg, und Lane inne hatten: Wie aber oben angemercket worden,1 daß sie un-
ter Chlodione in Germania secunda, und Belgica secunda festen Fuß gefasset,
auch insonderheit die Stadt Cöln in der Francken Händen geblieben, und Chlo-
dio Cambrai
weggenommen, auch alles bis an die Somme sich unterwürffig ge-
macht; so scheinen sie auch diese conquete behalten, und daher mit den
West-Gothen zu den Tractaten, die oben angezeiget worden2, Anlaß bekom-
men zu haben. sidonivs apollinaris eignet ihnen in einem Gedichte an
den Käiser Maiorianum beyde Ufer der Waal zu3: und klagt in einem Brie-
fe an Arbogastem, Grafen von Trier, einen Nachkommen des berühmten
Generals dieses Nahmens, daß die Römische Sprache und Rechte am Rhein-
Strom gantz eingegangen4. Wir haben die Reyhe der ersten Könige, soviel
davon heraus zu bringen gewesen, bis an Meroveum verführet5: derselbe soll
im Jahr 456. gestorben seyn6. Von seinem Sohne Childerich erzehlet gre-

gorivs
[Beginn Spaltensatz] nico, ad consulatum basilii. Nepos, quem
dudum Orestes imperio abdicauerat, Viatoris &
Ouidae comitum suorum insidiis, haud longe a
Salonis, sua in uilla occisus est
.
2 gelasivs papa aduersus Andromachum
senatorem: apud baronivm ad A. 496.
n. 36. Quid Tuscia, quid Aemilia; caeteraeque
prouinciae, in quibus hominum prope nullus exi-
stit: ut bellica necessitate consumerentur, Luper-
caliorum fecit offensio, quae longe ante uastatae
sunt, quam Lupercalia tollerentur?
3 idem l. c. n. 42. Num quid Lupercalia dee-
vant, cum urbem Alaricus euertit? & nuper
[Spaltenumbruch] cum Anthemii & Ricimeris CIVILI FVRO-
RE SVBVERSA EST,
ubi sunt Lupercalia?
cur istis non profuerunt?
4 baronivs ad A. 476. n. 11.
5 ennodivs p. 389. Nam directa legatio-
ne ad Odoacrem, quinquennii uacationem fiscalium
tributorum impetrauit
.
6 victor vitensis L. I. c. 4. Siciliam
Odoacro Italiae regi, postmodum tributario iure
concessit, ex qua ei Odoacer singulis quibusque
temporibus, ut domino tributa dependit, aliquam
tamen sibi reseruans partem
.

[Ende Spaltensatz]
§. XXXIX.
1
2
3
4
5
6

Zehndtes Buch. Geſchichte der Teutſchen,
mitgenommen, daß einige Provintzen faſt gantz von Einwohnern entbloͤſſet
waren2. Rom ſelbſt hatte bey dem innerlichen Kriege zwiſchen Anthemio
und Ricimere ſo viel, und vielleicht mehr, als von den Gothen und Vandalen
gelitten3. Odoacer ſuchte nun ſeine Regierung dem Volck ſo viel moͤglich
angenehm zu machen. baronivs ruͤhmt ihm nach, daß, ungeachtet er
den Arianern zugethan geweſen, er dennoch denen, die ſich zu der Roͤmiſchen
Kirche gehalten, nichts zu Leide gethan4: und ennodivs ſchreibt, daß er der
Stadt Pauia, auf Vorbitte ihres Biſchoffs Epiphanii, die Steuern auf fuͤnf
Jahr erlaſſen5. Genſericus hat ihm auch gleich zu Anfang den geruhigen
Beſitz von Sicilien, gegen gewiſſe Bedingungen, zugeſtanden6.

XXXIX. Was aber die Francken anbetrifft, ſo haben ſeit einiger Zeit
Nachholung
der Fraͤncki-
ſchen Geſchich-
te. Vom Koͤ-
nige Childe-
rico.
Anfang
der Regierung
Chlodouei.
die Roͤmiſchen hiſtorici, fuͤr den Vandalen Gothen und Sveven, faſt nicht
Zeit gehabt, ihrer zu gedencken. Der eigentliche Sitz ihrer Macht war zwar
noch immer in Teutſchland, am rechten Ufer des Rheins, da ſie nunmehr nicht
allein die inſulam Batavorum, ſondern auch die Laͤnder um die Lippe, Roer,
Sieg, und Lane inne hatten: Wie aber oben angemercket worden,1 daß ſie un-
ter Chlodione in Germania ſecunda, und Belgica ſecunda feſten Fuß gefaſſet,
auch inſonderheit die Stadt Coͤln in der Francken Haͤnden geblieben, und Chlo-
dio Cambrai
weggenommen, auch alles bis an die Somme ſich unterwuͤrffig ge-
macht; ſo ſcheinen ſie auch dieſe conquete behalten, und daher mit den
Weſt-Gothen zu den Tractaten, die oben angezeiget worden2, Anlaß bekom-
men zu haben. sidonivs apollinaris eignet ihnen in einem Gedichte an
den Kaͤiſer Maiorianum beyde Ufer der Waal zu3: und klagt in einem Brie-
fe an Arbogaſtem, Grafen von Trier, einen Nachkommen des beruͤhmten
Generals dieſes Nahmens, daß die Roͤmiſche Sprache und Rechte am Rhein-
Strom gantz eingegangen4. Wir haben die Reyhe der erſten Koͤnige, ſoviel
davon heraus zu bringen geweſen, bis an Meroveum verfuͤhret5: derſelbe ſoll
im Jahr 456. geſtorben ſeyn6. Von ſeinem Sohne Childerich erzehlet gre-

gorivs
[Beginn Spaltensatz] nico, ad conſulatum basilii. Nepos, quem
dudum Oreſtes imperio abdicauerat, Viatoris &
Ouidae comitum ſuorum inſidiis, haud longe a
Salonis, ſua in uilla occiſus eſt
.
2 gelasivs papa aduerſus Andromachum
ſenatorem: apud baronivm ad A. 496.
n. 36. Quid Tuſcia, quid Aemilia; caeteraeque
prouinciae, in quibus hominum prope nullus exi-
ſtit: ut bellica neceſſitate conſumerentur, Luper-
caliorum fecit offenſio, quae longe ante uaſtatae
ſunt, quam Lupercalia tollerentur?
3 idem l. c. n. 42. Num quid Lupercalia dee-
vant, cum urbem Alaricus euertit? & nuper
[Spaltenumbruch] cum Anthemii & Ricimeris CIVILI FVRO-
RE SVBVERSA EST,
ubi ſunt Lupercalia?
cur iſtis non profuerunt?
4 baronivs ad A. 476. n. 11.
5 ennodivs p. 389. Nam directa legatio-
ne ad Odoacrem, quinquennii uacationem fiſcalium
tributorum impetrauit
.
6 victor vitensis L. I. c. 4. Siciliam
Odoacro Italiae regi, poſtmodum tributario iure
conceſſit, ex qua ei Odoacer ſingulis quibusque
temporibus, ut domino tributa dependit, aliquam
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[504/0538] Zehndtes Buch. Geſchichte der Teutſchen, mitgenommen, daß einige Provintzen faſt gantz von Einwohnern entbloͤſſet waren 2. Rom ſelbſt hatte bey dem innerlichen Kriege zwiſchen Anthemio und Ricimere ſo viel, und vielleicht mehr, als von den Gothen und Vandalen gelitten 3. Odoacer ſuchte nun ſeine Regierung dem Volck ſo viel moͤglich angenehm zu machen. baronivs ruͤhmt ihm nach, daß, ungeachtet er den Arianern zugethan geweſen, er dennoch denen, die ſich zu der Roͤmiſchen Kirche gehalten, nichts zu Leide gethan 4: und ennodivs ſchreibt, daß er der Stadt Pauia, auf Vorbitte ihres Biſchoffs Epiphanii, die Steuern auf fuͤnf Jahr erlaſſen 5. Genſericus hat ihm auch gleich zu Anfang den geruhigen Beſitz von Sicilien, gegen gewiſſe Bedingungen, zugeſtanden 6. XXXIX. Was aber die Francken anbetrifft, ſo haben ſeit einiger Zeit die Roͤmiſchen hiſtorici, fuͤr den Vandalen Gothen und Sveven, faſt nicht Zeit gehabt, ihrer zu gedencken. Der eigentliche Sitz ihrer Macht war zwar noch immer in Teutſchland, am rechten Ufer des Rheins, da ſie nunmehr nicht allein die inſulam Batavorum, ſondern auch die Laͤnder um die Lippe, Roer, Sieg, und Lane inne hatten: Wie aber oben angemercket worden, 1 daß ſie un- ter Chlodione in Germania ſecunda, und Belgica ſecunda feſten Fuß gefaſſet, auch inſonderheit die Stadt Coͤln in der Francken Haͤnden geblieben, und Chlo- dio Cambrai weggenommen, auch alles bis an die Somme ſich unterwuͤrffig ge- macht; ſo ſcheinen ſie auch dieſe conquete behalten, und daher mit den Weſt-Gothen zu den Tractaten, die oben angezeiget worden 2, Anlaß bekom- men zu haben. sidonivs apollinaris eignet ihnen in einem Gedichte an den Kaͤiſer Maiorianum beyde Ufer der Waal zu 3: und klagt in einem Brie- fe an Arbogaſtem, Grafen von Trier, einen Nachkommen des beruͤhmten Generals dieſes Nahmens, daß die Roͤmiſche Sprache und Rechte am Rhein- Strom gantz eingegangen 4. Wir haben die Reyhe der erſten Koͤnige, ſoviel davon heraus zu bringen geweſen, bis an Meroveum verfuͤhret 5: derſelbe ſoll im Jahr 456. geſtorben ſeyn 6. Von ſeinem Sohne Childerich erzehlet gre- gorivs 1 Nachholung der Fraͤncki- ſchen Geſchich- te. Vom Koͤ- nige Childe- rico. Anfang der Regierung Chlodouei. 2 gelasivs papa aduerſus Andromachum ſenatorem: apud baronivm ad A. 496. n. 36. Quid Tuſcia, quid Aemilia; caeteraeque prouinciae, in quibus hominum prope nullus exi- ſtit: ut bellica neceſſitate conſumerentur, Luper- caliorum fecit offenſio, quae longe ante uaſtatae ſunt, quam Lupercalia tollerentur? 3 idem l. c. n. 42. Num quid Lupercalia dee- vant, cum urbem Alaricus euertit? & nuper cum Anthemii & Ricimeris CIVILI FVRO- RE SVBVERSA EST, ubi ſunt Lupercalia? cur iſtis non profuerunt? 4 baronivs ad A. 476. n. 11. 5 ennodivs p. 389. Nam directa legatio- ne ad Odoacrem, quinquennii uacationem fiſcalium tributorum impetrauit. 6 victor vitensis L. I. c. 4. Siciliam Odoacro Italiae regi, poſtmodum tributario iure conceſſit, ex qua ei Odoacer ſingulis quibusque temporibus, ut domino tributa dependit, aliquam tamen ſibi reſeruans partem. §. XXXIX. 1 2 3 4 5 6 1 nico, ad conſulatum basilii. Nepos, quem dudum Oreſtes imperio abdicauerat, Viatoris & Ouidae comitum ſuorum inſidiis, haud longe a Salonis, ſua in uilla occiſus eſt.

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Zitationshilfe: Mascov, Johann Jakob: Geschichte der Teutschen. Bd. 1. Leipzig, 1726, S. 504. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mascov_geschichte01_1726/538>, abgerufen am 22.11.2024.